Der Spiegel berichtete am 13. Oktober, der Verein Sterbehilfe wolle AfD-Mitglieder künftig nicht mehr aufnehmen.

Da jeder Verein selbst entscheiden kann, wen er aufnimmt, ist das zunächst einmal kein Aufreger. Die Begründung des Vereins lässt aber aufhorchen.

So sollen demnächst all jene Personen nicht Mitglied im Verein werden können, die einer Partei angehören, «die vom deutschen Verfassungsschutz auf Bundes- oder Landesebene beobachtet wird». Auf Deutsch heisst das: Verfassungsschutzämter, also Behörden, die den Innenministerien unterstellt sind, entscheiden über die Mitgliedschaft in einem Verein.

Damit gibt der Verein seine Freiheit auf und unterstellt sich den Bundes- und Landesregierungen. Die Verfassungsschutzämter und damit letztlich die vorgesetzten Politiker erhalten schliesslich die Vollmacht, das soziale Leben von Bürgern zu sanktionieren – ohne dass einer konkreten Person eine Schuld nachgewiesen wurde.

Indes spielt es keine Rolle, dass es in diesem Fall um die AfD geht, weil das Mittel der Verdächtigung der Verfassungsschützer jeden treffen kann – auch wenn sich der Verdacht später als unbegründet herausstellt. Doch der schlechte Ruf bleibt hängen.

Der deutsche Staat und insbesondere die regierenden Parteien machen sich damit mehr und mehr zum Wegbereiter eines politischen Gesinnungsstaats, der durch die «Beobachtung» von Parteien oder Gruppen massiven Einfluss auf die Freiheit des eigentlichen Souveräns nimmt: des Volkes.

Die freiheitlich-demokratische Grundordnung basiert aber auf der Person und der Rechtsstaatlichkeit. Das Individuum ist der eigentliche Rechtsträger und verfügt über das verfassungsmässige Recht, seine Meinung frei zu äussern und sich parteipolitisch zu engagieren.

Wenn Ämter diesen Grundrechten zuwiderwirken, müssen nicht die Bürger, sondern die entsprechenden Behörden «beobachtet» werden.

Josef Jung ist Theologe und Herausgeber des Online-Magazins Corrigenda.