In Bayern verkündeten die Grünen, die Wahl im Freistaat am Sonntag sei eine Abstimmung über politischen «Anstand». In der Praxis bedeutet das: die Partei und dass ihr zugeneigte Umfeld beansprucht die Deutungshoheit darüber, was als anständig gilt.

Dabei geht es nicht nur um die AfD, den Hauptfeind. Die Kulturkämpfer des grünen Milieus versuchen, den Bannkreis auf alles zu erweitern, was rechts der Mitte steht. Das Motto der Kundgebung aus dem wohlmeinenden Milieu von Künstlern und öffentlichem Dienst in München am 4. Oktober lautete: «Bayern gegen rechts» – was selbst CSU-Politiker einschliesst.

Wer aus dieser Position heraus die AfD mit dem Keulenwort «Faschisten» als Wiedergänger der NSDAP brandmarkt, verschafft Tätern eine Legitimation, die AfD-Chef Tino Chrupalla vor wenigen Tagen eine giftige Substanz injizierten, und die vor Wochen den bayerischen AfD-Politiker Andreas Jurca krankenhausreif prügelten.

Den Begriff «gegen rechts» verwendet auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser öfters, um gezielt den Unterschied zwischen legitimen rechten Positionen und Extremismus zu verwischen (den es natürlich auch in linker Ausprägung gibt).

Nach der Attacke auf Chrupalla behauptete der Grünen-Politiker Dieter Janecek, die Tat hätte nie stattgefunden. Thüringens Linkspartei-Ministerpräsident Bodo Ramelow höhnte über die «Opferrolle» der AfD. Seine Botschaft: Falls die Angriffe gegen die AfD nicht inszeniert sind, dann geschehen sie eben verdient.

Aus Opportunismus tragen bürgerliche Politiker und Medien zu diesem Narrativ bei. Die AfD sollte sich überlegen, was passiert, «wenn man immer nur den Wind der Wut sät», schreibt etwa die FAZ. Faeser, immerhin zuständig für die Sicherheit im Land, schweigt.

Während sich etliche Bürgerliche wegducken, steht das linke Lager in dieser Auseinandersetzung geschlossen.

Die Innenministerin sagte vor einiger Zeit, Demokratie verteidige man nicht mit «Sonntagsreden». Dass ihr jetzt noch nicht einmal ein paar pflichtschuldig Worte zur Gewalt gegen die AfD einfallen, zeigt: Eine Gefahr für die Demokratie sieht sie – wie die Anstandsfraktion insgesamt – nur von einer Seite.