In ihrer «School of Affluence», der Schule für Wohlstand, lehrt Anna Bey Frauen ein eleganteres, ein besseres Leben. Ihre Weisheiten sind in der britischen Presse Kult, auf Social Media folgen ihr Millionen.

In bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, verkörpert die 35-jährige Schwedin nicht nur äusserlich, was sie unterrichtet. Mit einher geht ein Expertendasein in alltäglichen Geschlechterfragen. Reize gehören zu Anna Beys Metier wie Champagner zu ihrer Klientel.

Welche Etikette gilt zwischen Mann und Frau heute? Und welche Waffen sind im Zeitalter von Sexskandalen in Grosskonzernen erlaubt, wenn es um Macht und Karriere geht? Im Videoanruf spricht Anna Bey über das Zusammenspiel von Frauen und Männern und über die Grundfragen des eleganten Lebens.

Weltwoche: Frau Bey, Sie betreiben eine Schule für Wohlstand. Was lehren Sie?

Anna Bey: Ich lehre Frauen moderne Eleganz; es geht um die Art und Weise, wie Frauen in der heutigen Gesellschaft elegant ihr Leben leben können.

Weltwoche: Definieren Sie die «elegante Frau». Was ist das?

Bey: Der Kern von Eleganz ist es, ein liebenswürdiger, freundlicher Mensch zu sein. Es hat viel mit Einstellung zu tun, wie man sich sieht und respektiert.

Weltwoche: Umkehrfrage: Was ist es nicht?

Bey: Viele glauben, Eleganz bedeute, anderen überlegen zu sein. Oder denken an andere Stereotype wie jenes, Eleganz sei steif und langweilig. So war es vielleicht früher, heute sind wir flexibler, aufgeschlossener.

Weltwoche: Wie lautet Ihr wichtigstes Rezept, um eine elegante Frau zu werden?

Bey: Es braucht Freundlichkeit, Mitgefühl, Respekt vor anderen, aber auch vor sich selber.

Weltwoche: Und was kostet es, ein Aschenputtel in eine Prinzessin zu verwandeln?

Bey: Das ist ein Klischee. Viele denken, Eleganz koste, sie kann aber auch gratis sein; es geht um einen inneren Zustand. Ich kenne viele Leute, die arm, aber sehr elegant sind.

Weltwoche: Gibt es eine Frau, die Sie besonders elegant finden? Ein Eleganzideal?

Bey: Es gibt viele. Kate Middleton zum Beispiel, sie ist sehr elegant!

Weltwoche: Und Angela Merkel? Wie elegant ist die Bundeskanzlerin?

Bey: Sehr elegant! Sie ist fast eine Marke! Sie ist immer ihrem Alter und ihrer Position entsprechend gekleidet, sie verkörpert diesen klassischen Stil. Zeitlos.

Weltwoche: Erzählen Sie von Ihren Schülerinnen: Was für Frauen unterrichten Sie?

Bey: Sehr unterschiedlich. Zu mir kommen normale Frauen, die ihre schlechten Angewohnheiten ablegen möchten. Andere wiederum spricht die optische Eleganz an. Und bei vielen hängt die Teilnahme mit dem Wunsch nach einem beruflichen Ziel zusammen, mit einer Beförderung, die sie durch ein elegantes Auftreten erreichen können.

Weltwoche: Ihr Kurs als Karrierehilfe?

Bey: Auf jeden Fall! Natürlich unterrichte ich auch Frauen, die wegen des Geldes kommen. Mein Kurs ist für alle da, eine ganz natürliche Mischung.

Weltwoche: Wenn Sie an Ihre eleganten Frauen denken, wie sollten sie behandelt werden?

Bey: Ich denke nicht, dass solche Frauen anders behandelt werden sollten.

Weltwoche: Was halten Sie davon, wenn Mann der Frau die Tür aufhält?

Bey: Oh, das find’ ich schön.

Weltwoche: Und ist es noch zeitgemäss, wenn der Mann die Rechnung übernimmt?

«Ich bin Feministin, seit ich jung bin. In dieser Bewegung gibt es verschiedene Zweige.»

Bey: Eine sehr nette Geste. Ich will aber nicht sagen, dass das jeder tun muss.

Weltwoche: Er sollte aber?

Bey: Die Tendenz geht heute in Richtung Rechnung teilen oder zumindest abwechseln. Ich persönlich finde es schöner, wenn der Mann die finanzielle Last übernimmt. Ich meine, Frausein ist noch immer viel teurer.

Weltwoche: Inwiefern hat sich das Verhalten der Männer Ihnen gegenüber verändert, seit Sie elegant und erfolgreich sind?

Bey: Schwer zu sagen, ich war schon mit meinem Mann zusammen, bevor ich selbständig wurde. Es hängt stark von den Männern ab, es gibt ja zwei Arten: Wer auf erfolgreiche Frauen steht, trifft mit mir sein Beuteschema. Andere Männer haben Angst vor Frauen mit Erfolg.

Weltwoche: Es gibt Frauen, die sagen, dass ihr Erfolg Männer total abschrecke. Gibt es dieses Ego-Problem wirklich?

Bey: Nicht bei allen, aber bei vielen. Die meisten erfolgreichen Frauen finden jemanden, der auch erfolgreich ist. Dann funktioniert’s.

Weltwoche: Wie können sich Mann und Frau heute finden? Wie sollte er sie ansprechen?

Bey: Das kommt auf das Umfeld an. Grundsätzlich gilt: nett sein, freundlich, respektvoll und ja nicht kitschig. Billige Lügen funktionieren nicht. Und Frauen finden es auch nicht lustig, wenn einer auf ihre Kosten Witze reisst. Es geht um den gesunden Menschenverstand.

Weltwoche: Stimmt es, dass gutaussehende Frauen weniger angesprochen werden, weil Männer sich nicht trauen?

Bey: Definitiv! Manche Männer sind total eingeschüchtert. Solche, die per se nicht gerade selbstbewusst sind, noch eher. Trotzdem würde ich sagen, dass sich elegante Frauen im Grossen und Ganzen abheben – weshalb sie dann doch wieder mehr Aufmerksamkeit auf sich lenken. So erfahre ich das zumindest, ebenso meine Kursteilnehmerinnen: Viele sagen, sie bekämen, seit sie meine Tipps umsetzen, mehr Komplimente von Fremden.

Weltwoche: Welche Schmeicheleien gehen zu weit?

Bey: Wer respektlos ist, sexistisch oder aufdringlich, überschreitet die Grenze.

Weltwoche: In der Schweiz heisst es, neun von zehn Frauen hätten in der Öffentlichkeit bereits Belästigung erfahren. Gibt es einen Ratschlag, den Sie geben können, wie man als Frau unbeschadet durchkommt?

Bey: Nein, dann würde es ja so klingen, als ob der Fehler bei der Frau liegt.

Weltwoche: Wie lautet Ihre Lösung?

Bey: Es liegt doch daran, dass gewisse Männer Frauen einfach nicht respektieren. Diese müssen wir erziehen – und nicht den Frauen sagen, sie müssten dieses oder jenes tun.

Weltwoche: Sehen Sie ein Verhalten, das Belästigungen eher provoziert?

Bey: Nicht wirklich. Ich denke, es spielt keine Rolle, was die Frau macht; Männer belästigen sie sowieso.

Weltwoche: Unter welchen Umständen würden Sie einen Mann ansprechen?

Bey: In einer romantischen Situation nie, im unromantischen Alltag hingegen schon. Sagen wir mal: im Geschäft. Aber wenn ich interessiert bin, würde ich den Mann nicht direkt ansprechen, sondern ihm signalisieren, dass ich angesprochen werden möchte.

Weltwoche: Was sind das für Signale?

Bey: Ein Lächeln, ein Blick.

Weltwoche: Und das heisst dann: «Go»?

Bey: Ja, das sind doch die universellen Zeichen. Oder nicht?

Weltwoche: Wenn Sie meinen. Ein ganz anderes Thema: Feminismus. Wie stehen Sie als elegante Frau dazu? Geht das überhaupt zusammen?

«Wir sollten unsere Unterschiede feiern. Es ist doch schön, dass wir alle verschieden sind!»

Bey: Klar! Ich bin Feministin, seit ich jung bin. In dieser Bewegung gibt es verschiedene Zweige: Den Mainstream-Feminismus zum Beispiel, der, wie wir wissen, laut und schrill ist, der passt mir nicht. Elegante Frauen wie ich haben eine andere Auffassung davon, eine traditionelle: Wir schätzen noch die Geschlechterrollen, die Weiblichkeit und so weiter, wollen aber wie moderne Feministinnen gleichberechtigt sein.

Weltwoche: Was ist der grösste Unterschied des traditionellen zum modernen Feminismus?

Bey: Die Vorstellung, dass Männer und Frauen nicht hundertprozentig identisch sind. Heute ist es ja fast unfair, weil alles gleich sein muss.

Weltwoche: Wo sehen Sie das Positivste am Anderssein von Mann und Frau?

Bey: Das Gegenteil wirkt anziehend. Ich mag die Männlichkeit meines Mannes, und ich bin sicher, mein Mann mag meine Weiblichkeit.

Weltwoche: Beschreiben Sie Weiblichkeit.

Bey: Dazu gehören Mitgefühl, Sanftheit und Freundlichkeit. Schönheit und Fürsorge.

Weltwoche: Und Männlichkeit?

Bey: Stark sein, Sicherheit und Geborgenheit bieten. Diese Eigenschaften finde ich attraktiv.

Weltwoche: Verkommt der Mann heutzutage zum weichgespülten Softie?

Bey: Ich glaube schon, ja. Immerhin denke ich, dass das nur eine Phase ist.

Weltwoche: Wie würden Sie dann diese aussterbende Spezies retten?

Bey: Wir sollten unsere Unterschiede nicht nur akzeptieren, sondern sie auch feiern. Es ist doch schön, dass wir alle verschieden sind!

Weltwoche: Gibt es eine Universaldefinition von Schönheit?

Bey: Nein, Ideale variieren je nach Land und Kultur.

Weltwoche: Umreissen Sie Ihren Schönheitsbegriff.

Bey: Wer gesund aussieht, den finde ich schön. Alles, was ein Zeichen dafür ist, ist mir wichtig: etwa langes, dichtes Haar, eine gute Haut.

Weltwoche: Was, denken Sie, ist wichtiger für ein erfolgreiches Leben als Frau: Schönheit oder Intelligenz?

Bey: Ein hübsches Gesicht ist vergänglich. Nur weil eine Frau schön ist, heisst das nicht, dass sie es auch bleibt. In diesem Fall denke ich: Intelligenz ist wichtiger.

Weltwoche: Ist es legitim, Schönheit für die Karriere zu nutzen?

Bey: Schönheit ist ja nur eine erweiterte Form der Kommunikation – wie ein äusserlicher Brand. Warum sollte man den nicht nutzen dürfen?

Weltwoche: Als «Waffe der Frau», wie es doch so schön heisst?

Bey: (Lacht) Ja! Das Problem beginnt, wenn jemand nur schön ist und weiter nichts. Dann, denke ich, genügt es heutzutage nicht mehr.

Weltwoche: Was reicht für ein glückliches Leben?

Bey: Zeit, Gesundheit, Familie.

Weltwoche: Und was ist die Essenz der Liebe?

Bey: Wenn sich ein Mensch anfühlt, als wäre er das Zuhause.

Weltwoche: Was braucht es, damit die Beziehung mit dieser Person funktioniert?

Bey: Man muss füreinander da sein, sich umeinander kümmern. Ich bin glücklich, einen Mann gefunden zu haben, der mich liebt und alles für mich macht. Dasselbe tue ich für ihn.

Weltwoche: Würden Sie alles, was Sie haben, für einen Mann aufgeben?

Bey: Ich würde zwar alles tun, aber nicht alles aufgeben. Frauen dürfen doch nicht nur einem Mann hinterherlaufen.