Am Freitag wurden in Zürich die Schweizer Filmpreise verliehen. In derselben Halle, in der einige Wochen zuvor Steve Bannon über die «populistische Revolution» referiert hatte. Filme waren dabei aber nur Nebensache. Im Zentrum standen die Frauen. Besser gesagt: diskriminierte Frauen.

Man wollte es in Zürich Oerlikon gleich machen wie die Vorbilder in Hollywood. Die letzten Golden-Globe- und Oscar-Verleihungen standen im Zeichen von #MeToo und der «Time’s Up»-Bewegung. In der Schweiz ist zwar kein Fall Weinstein bekannt, auch kein Fall Wedel, aber man will trotzdem «ein Zeichen setzen» und «Solidarität bekunden». Deshalb erschienen viele weibliche Gäste an dem Abend schwarzgekleidet, wie das die internationalen Stars vorgemacht hatten, und man bekräftigte gegenseitig, wie schlimm der Sexismus in unserer Gesellschaft sei, dass man die patriarchalen Strukturen endlich durchbrechen müsse.

Dabei erhielten die Filmfrauen tatkräftige Unterstützung aus der Politik. Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch, die Chefin des Bundesamts für Kultur (BAK), Isabelle Chassot, und Bundesrätin Simonetta Sommaruga erschienen ebenfalls in Trauerkleidung. Sommaruga nutzte zudem das Podium für eine Kampfesrede: «Warum können wir nicht wieder so wie früher?», fragte sie in den Saal. «Weil wir es nicht mehr wollen, so wie früher!» Um dann zur Pointe zu gelangen: «Wann endlich wird ein Filmpreis bei uns nach einer Frau benannt?» Blöderweise tragen vor allem ausländische Preise Männernamen («Oscar», «César»), bei uns sind sie nach Tieren («Goldener Leopard», Locarno), Sinnesorganen («Goldenes Auge», Zurich Film Festival) oder nach einem Gestein («Quartz», Schweizer Filmpreis) benannt. Aber ja, eine «Goldene Simonetta» fehlt noch.

Entweder zu sexy oder zu runzlig

Hauptsache, Frauen sind diskriminiert. BAK-Chefin Isabelle Chassot hatte schon am letzten Filmfestival in Locarno den Tarif durchgegeben, wie sie gegensteuern möchte: In Zukunft soll die Frauenfrage bei der Vergabe der Fördergelder im Zentrum stehen. Zur Legitimation hat sie eine grosse Studie in Auftrag gegeben, die die Benachteiligung in allen möglichen Bereichen nachweisen soll. Dabei geht es nicht nur um die Förderung von Regisseurinnen – mit Petra Volpe, Ursula Meier, Sabine Boss, Güzin Kar et cetera sind sie bereits sehr erfolgreich –, sondern auch darum, wie Frauen im Film dargestellt werden. Als problematisch erachtet wird zum Beispiel, dass Frauen bloss dann im Zentrum einer Geschichte stünden, wenn sie jung und sexy oder dann alt und runzlig («Die Herbstzeitlosen») seien. Dazwischen kämen sie zu wenig vor. Da muss der Staat natürlich eingreifen, so Chassots Überzeugung.

Was dabei herauskommt, wenn die Geschlechterfrage wichtiger ist als der Inhalt des Films, hat man beim gänzlich missglückten SRF-Zweiteiler «Private Banking» zu spüren bekommen: Eine ehemalige Drogenabhängige ohne Bankerfahrung wird Bankdirektorin. Die Männer sind allesamt skrupellos und geldgierig; die einzige Person, die sich standhaft gegen deren Machenschaften wehrt, ist eine alleinerziehende Mutter.

Aber zurück zur Preisverleihung. Grosser Gewinner des Abends mit insgesamt drei Quartz-Preisen war «Blue My Mind», ein Film einer Frau (Lisa Brühlmann) mit einer Frau in der Hauptrolle (Luna Wedler). Im Kino wollte den Film allerdings fast niemand sehen. Nur gut 3000 Eintritte konnte er verbuchen, was in etwa der Anzahl Freunde und Verwandten der Mitwirkenden entsprechen dürfte. Kein Wunder, wurde hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, «Blue My Mind» habe vom Frauenbonus profitiert. Womöglich tut man Lisa Brühlmann damit Unrecht, dies ist aber die Folge der obsessiven Zelebrierung der Frau als Opfer.

Vielleicht wäre es in der Filmszene an der Zeit, den Fokus wieder auf das Wesentliche zu setzen: einfach gute Filme zu machen, unabhängig von Geschlecht und Herkunft.