Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.» Diese alte Weisheit, die bedeutet, dass man in wirtschaftlich guten Zeiten finanzielle Reserven zur Seite legt, damit man in schlechten Zeiten davon profitieren kann, nimmt inzwischen kaum jemand noch ernst. Dies dürfte Folgen haben.

In den USA zum Beispiel hat die demokratische Regierung unter Präsident Biden das Haushaltsdefizit auf ein für wirtschaftlich gute Zeiten viel zu hohes Niveau angehoben, insbesondere durch enorme Ausgaben ihrer links-grünen Agenda für alternative Energie und Infrastruktur. Wegen massiv höherer Zinsen wird in nächster Zeit der Anteil des Zinsendienstes zur Bedienung der gestiegenen US-Staatsverschuldung einen immer grösseren Anteil des Budgets ausmachen.

Eine Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums nächstes Jahr wäre keine Überraschung.Schon 2024 werden rund 30 Prozent der US-Staatsschulden fällig, und auch die US-Unternehmen müssen in den nächsten beiden Jahren rund 30 Prozent ihrer Schulden zu nun höheren Zinsen refinanzieren. Höhere Finanzierungskosten für Unternehmen und den US-Staat bedeuten mehr Belastungen für das Wachstum der amerikanischen und globalen Wirtschaft und Gegenwind für Unternehmensgewinnsteigerung.

Eine Reduktion des US-Budgetdefizites durch Einsparungen bei Sozialausgaben oder Steuererhöhungen wäre möglich, aber kaum realisierbar, da ja immer sehr unpopulär.

 

Fokus auf Qualität

Auch in China, der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt, wird die Schuldenlast problematisch. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung, also dem Bruttosozialprodukt, ist die Verschuldung der chinesischen Unternehmen in den letzten zehn Jahren von 123 auf 223 Prozent, also um volle 100 Prozent, angestiegen, insbesondere im Immobiliensektor. Weil der Zinsvorteil von chinesischen gegenüber anderen globalen Anleihen inzwischen geschwunden ist, hat die internationale Nachfrage nach chinesischen Obligationen und auch Aktien deutlich abgenommen, was die Finanzierung Chinas behindert und eine mehr als bisher unternommene staatliche Unterstützung erfordert.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das sogenannte «Quantitative Tightening», die quantitativ restriktive Geldpolitik. In der Corona-Krise vergrösserten die wichtigsten globalen Zentralbanken, besonders der USA und der Euro-Zone, ihre Bilanzsummen über enorme Käufe von Regierungsobligationen und auch Firmenanleihen auf Rekordhochs, in den USA auf 30 Prozent und in der Euro-Zone auf 50 Prozent des Bruttoinlandproduktes.

Doch inzwischen haben die wichtigen Zentralbanken begonnen, diese viel zu hohen Bilanzsummen wieder zu verkleinern. Das heisst, das Angebot vor allem von Staatsanleihen steigt im Verhältnis zur Nachfrage. Zudem führen die gewaltigen Ausgaben der links-grünen Agenda nicht nur in den USA, sondern auch in der EU, vor allem in Deutschland, zu mehr Finanzierungsbedarf der Staaten und daher mehr Angebot an Anleihen. Die Konsequenz sehen wir seit Monaten, steigende Marktzinsen und damit stark schwankende Finanzmärkte auch bei Aktien und Rohstoffen. Konklusionen:

1 _ Die steigende Zinsenlast belastet Länder mit hoher Verschuldung wie die USA, China und wohl auch bald wieder Italien, während die Schweiz im internationalen Vergleich relativ gesund finanziert ist.

2 _ Die schon in wirtschaftlich noch guten Zeiten viel zu hohen staatlichen Budgetdefizite werden in weniger guten Zeiten in der Regel nicht kleiner.

3 _ Auch Unternehmen und Konsumenten werden mit historisch hohen Zinsen längere Zeit leben müssen und ihre Ausgaben wohl anpassen.

4 _ Daher wäre eine Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums nächstes Jahr keine Überraschung.

5 _ Beim Anlegen sollte man nun noch mehr als bisher auf Qualität fokussieren, das heisst auf Aktien und Anleihen von Firmen, die dank Marktführerschaft früher auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten eine ansprechende Profitabilität gezeigt haben und vor allem eine unterdurchschnittliche Verschuldung aufweisen – weshalb sie von historisch hohen Zinsen weniger betroffen werden sollten.

 

Gérard Piasko ist Chief Investment Officer bei der Privatbank Maerki Baumann in Zürich. Er wurde bekannt durch frühzeitige Warnungen vor den Finanzmarktkorrekturen 2000, 2008, 2011 und 2022 und gehört mit über dreissig Jahren Praxis zu den erfahrensten Anlageexperten der Schweiz.

Die 3 Top-Kommentare zu "Jetzt kommt der Zinshammer"
  • Edmo

    Grundsätzlich kann ich Gérard Piasko zustimmen. Doch für Anleger ist die Sache leider noch ein Stück komplizierter. Die immensen staatlichen Eingriffe in sämtliche Wirtschaftsbereiche machen es schier unmöglich, gesunde, nicht von hirnverbrannter Überregulierung gebeutelte Unternehmen zu finden. Kein normaler Mensch will Aktien von Subventionsgewinnlern, weil man nie weiss, wann der Wind dreht. Planwirtschaft, Überregulierung, Subventionitis, ESG, alles ist nur noch krank.

  • Charlie Brown

    HSG-Harvard und zack, Young Global Leader (YGL) des WEF. Hr. Aeschi muss sich öffentlich und nachdrücklich von Klaus Schwab und seiner Globalistenbande distanzieren, sonst haben vielleicht bald einen WEF Fuzzi in der Landesregierung, wie von Schwab geplant. Zitat Schwab 2017: „we enter ze cabinets“. Markwalter von der FDP, ebenfalls YGL, hat glücklicherweise aufgehört in Bern zu politisieren. NO WEF in DAVOS in 2024 !

  • reto ursch

    Schuldenberge, wohin das Auge reicht! Wer soll denn das alles begleichen? Was wird aus dem Finanzsystem? Sind die Sichteinlagen der Sparer noch was wert? Behörde und Banken suchen verzweifelt Mittel gegen Bank-Runs. Man will verhindern, dass der Sparer frei über sein, ein Leben lang hart erarbeitetes Vermögen, verfügen kann. Denn das Geld gehört der Bank und der Sparer hat lediglich eine Forderung gegen diesen Banditen. https://www.youtube.com/watch?v=vc_obN4YsFI