Diese Woche gab es etwas Rundes zu feiern: Die Ringier-Journalistenschule wurde fünfzig Jahre alt. Zur Party des Jubiläums lud Michael Ringier, der Patron des Hauses.

Vor fünfzig Jahren, er war damals 25-jährig, absolvierte Michael Ringier den ersten Zweijahreskurs, den die dann neugegründete Ringier-Journalistenschule ausschrieb. Er arbeitete nachher als Journalist in Deutschland beim Stern und beim Magazin Impulse, bevor er ins Management des familieneigenen Verlags wechselte.

Ringiers Journalistenschule, von allen «Jouschu» genannt, ist seitdem ein Rückgrat der Medienbranche. Es ist unfassbar, wie viele grosse Namen des Journalismus hier von der Schulbank kamen.

Machen wir etwas name dropping: Neben Michael Ringier sassen im ersten Jahrgang der Schule etwa Thomas Trüb, der spätere Gründer der Wirtschaftszeitung Cash, und Urs Brotschi, der spätere Chefredaktor der Ringier-Zeitschrift Das gelbe Heft. Trüb und Brotschi bauten dann Ringiers neues Geschäftsfeld in Osteuropa auf. Mit in ihrer Klasse waren auch Benita Cantieni, danach Chefredaktorin von Annabelle und Vogue, sowie René E. Gygax, langjähriger Chefredaktor des Thuner Tagblatts.

Man kann seit 1974 die Jahrgänge der «Jouschu»-Schüler durchsehen, und man liest eine endlose Liste von Medienprominenz. Man stösst, unter anderen, auf frühere wie aktive Chefs, etwa von Blick (Christian Dorer, Jürg Lehmann), Tages-Anzeiger (Philipp Löpfe), Schweizer Illustrierte (Silvia Binggeli, Marc Walder), Migros-Magazin (Hans Schneeberger), Watson (Franz Ermel), «10 vor 10» (Arthur Honegger), Bieler Tagblatt (Catherine Duttweiler), K-Tipp (Fredy Hämmerli, Ernst Meierhofer), Schaffhauser Nachrichten (Norbert Neininger), Glückspost (Leo Lüthy), Handelszeitung (Stefan Barmettler) und «Kassensturz» (Christian Dütschler).

Ich habe immer lieber die Schüler von Ringier angestellt als die Schüler vom Verband der Presse.

Ich könnte noch Dutzende von bekannten Köpfen aus Redaktionen aufzählen, welche die Villa Römerhalde von innen kennen. Die Villa Römerhalde in Zofingen, einst Familiensitz der Ringiers, wurde vor fünfzig Jahren mitsamt ihrem Park zum Schulhaus der hauseigenen Journalistenschüler umfunktioniert.

Erst zehn Jahre nach Ringiers Pionierleistung reagierten die anderen Medienhäuser. Der Verband der Schweizer Presse, gemeinsam mit Radio und Fernsehen, gründete 1984 eine eigene Journalistenschule unter dem Titel «Medienausbildungszentrum».

Ich habe während meiner Zeit an der Spitze von Redaktionen immer lieber die Schüler von Ringier angestellt als die Schüler vom Verband der Presse. Die Zöglinge von Ringier waren Praktiker, die vielleicht die Komplexitäten der Medienethik nicht in allen Finessen kannten, dafür aber eine Story knackig auf den Punkt bringen konnten. Die Absolventen des Medienausbildungszentrums hingegen konnten zwar stundenlang über die demokratierelevanten Implikationen des Qualitätsjournalismus debattieren, aber eine richtig fetzige Schlagzeile bekamen sie eher selten hin.

Nehmen wir als Beispiel die aktuelle Diskussion um die Umweltaktivistin Greta Thunberg, die wegen ihrer antisemitischen Position unter Beschuss geriet. Die Braven vom Medienausbildungszentrum hätten dazu getitelt: «Greta Thunberg sieht sich wachsender Kritik gegenüber». Die Frechen von Ringier hätten getitelt: «Persona non Greta».

Der Unterschied liegt auch darin begründet, was die Ausbildung kostet. Im quasi-offiziellen Medienausbildungszentrum zahlen die Journalistenschüler für die zweijährige Ausbildung bis zum Diplom 30.000 Franken. Beim Privatunternehmen Ringier hingegen wird den Journalistenschülern für die zweijährige Ausbildung 60.000 Franken ausbezahlt. Sie bekommen das Geld, weil sie während ihrer Schulzeit Artikel recherchieren, die, wenn griffig geschrieben, in den Ringier-Publikationen abgedruckt werden.

Die einen müssen zahlen, die andern werden honoriert. Das prägt natürlich das Berufsverständnis. Es schärft schon früh das Verständnis dafür, dass man dann Geld verdient, wenn man im Publikumsmarkt erfolgreich ist.

Ich bin ja sonst nicht gerade bekannt dafür, dass ich die Medienunternehmen mit Konfetti bewerfe. Aber bei Ringiers Journalistenschule, da muss ich sagen: Was hier in fünfzig Jahren geschaffen wurde, ist für unsere Branche grossartig und beispielhaft.