Es ist aber auch (für mich) ein ganz beson-deres Rad: Die Basis bildet ein S-Works Tarmac SL8 des amerikanischen Herstellers Specialized. Es ist in einem edlen, matt schimmernden Grau-Blau lackiert, geschaltet wird elektronisch mit einer Shimano Dura-Ace DI2. Fast jede Komponente – dazu gehören Laufräder von Princeton Carbon Works, ein «Pulley Wheel» von Ceramic Speed am hinteren Schaltwerk oder Bremsscheiben von Swiss Stop – ist individuell ausgesucht und montiert worden. Es gibt nur ein solches Bike, und ich kann es fahren. Dabei habe ich eigentlich nur sehr moderate Ambitionen, was meine Performance angeht. Das Tarmac ist einfach gut für meine Work-Bike-Balance, und an der faszinierenden Schönheit der Mechanik, die solche High-End-Fahrräder ausstrahlen, kann ich mich jedes Mal von neuem erfreuen, als wäre es mein erster Geburtstag.
Zurzeit ist das Tarmac SL8 allerdings trau-rigerweise stillgelegt, stattdessen humple ich an Krücken umher, seit ich vor einigen Wochen wegen eines recht dummen Fahrfehlers gestürzt bin. Noch im Spital, nachdem mein gebrochener Oberschenkel mit einem dreissig Zentimeter langen Nagel sowie «Drahtschlingen», wie es der Chirurg nannte, stabilisiert worden war, wuchs der Wunsch, wieder aufs Velo zu steigen. Die Vorstellung, im kühlenden Fahrtwind erneut dem Furttal entlangzurollen, mit dem satten Surren der Chris-King-Naben im Ohr, sorgt eher für Hoffnung als für Frustration.
Zurzeit schaue ich stattdessen die Tour de France, wo Teams wie Red Bull Bora-Hansgrohe ebenfalls mit einem Tarmac SL8 unterwegs sind. Meine Frau hält meine TV-Vorlieben für reinen Masochismus. Bei der Diskussion, ob ich überhaupt wieder auf ein Fahrrad steigen sollte, konnte ich ihr bisher noch elegant ausweichen. Ich setze auf die Segnungen der Zeit, die Wunden heilt und hilft, zu vergessen.
Für mich ist der Fall klar: Wenn es wieder möglich ist, und auch wenn es noch bis zur nächsten Radsaison im kommenden Frühjahr dauern wird, steige ich wieder aufs Rennvelo. Leider habe ich ihn vielleicht ein bisschen zu spät entdeckt, aber es ist wirklich ein besonders schöner Sport, der auf geniale Weise menschliche Kraft und Ausdauer mit dem ebenso menschlichen Forscherdrang und den wachsenden Möglichkeiten des Fortschritts verbindet.