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Dem Urgestein der legendären Muotathaler Wetterschmöcker machte niemand etwas vor. Peter Suter horchte auf den Klang der Flüsse und das Rauschen der Winde. Vor allem beobachtete er die Vegetation auf der Alp ganz genau. Er pflegte zu sagen: «Wenn die Frühlingsblumen im Herbst nochmals blühen, wird’s im April nass und trüb.» Sein Übername («Sandstrahler») hatte mit dem Wetter aber nichts zu tun. Bis zu seiner Pensionierung befreite Suter in seiner Werkstatt Metalle mit dem Sandstrahler von Rost und Ablagerungen. Es ist ein Gewerbe, das in Muotathal heute noch betrieben wird.

Suter gehörte dem Verein der Innerschwyzer Meteorologen seit den Anfängen 1947 an: «Die ‹Wirtschaft zum Adler› in Ried, wo der Verein gegründet wurde, liegt nur dreihundert Meter von meinem Zuhause», erzählte er. Trotz der Nähe war eine sofortige Aufnahme als Prophet undenkbar. Mit zwanzig Jahren war Suter viel zu jung für diese verantwortungsvolle Aufgabe. «Dafür braucht es grosse Lebenserfahrung», sagte er später. Im Verlauf der Jahre entwickelte er einen unbestechlichen Blick für die Bäume: «Wenn sie im Herbst das Laub in der Krone zuerst verlieren, gibt es einen Sudel-April», beschrieb er eine seiner Beobachtungen. Auch das Verhalten des Viehs auf der Alp war für ihn ein klareres Zeichen als jedes Satellitenbild: «Wenn die Kühe das Gras zertrampeln, fällt das Wetter um.»

Zum offiziellen Propheten wurde er «irgendwann» Ende der 1950er Jahre ernannt. Danach amtete er auch als Präsident des Vereins – ein Doppelmandat, das heute statuarisch nicht mehr möglich ist. Überhaupt veränderte sich im Verlauf der Zeit einiges: «Früher gab es noch keine Jury, die die Resultate der einzelnen Propheten auswertete und die Rangliste erstellte. Das hat oft zu ellenlangen Diskussionen und Scherereien geführt.» Allerdings sei die Beurteilung damals auch einfacher gewesen: «Früher war das Wetter schön, wenn die Bauern heuen konnten – sonst war es veränderlich oder schlecht. Heute wird viel mehr differenziert.»

Die Medienaffinität gewisser Kollegen sah Suter sehr kritisch. Seinem jüngeren Kollegen Martin Horat hielt er vor, dass dieser die Kunst der Prophezeiung veralbern und sich dem Kommerz verschreiben würde. Dabei gebe es nichts Ernsteres als das Wetter. Bevor Wetterdienste die Entwicklung täglich und verlässlich prognostizierten, hatten sich Landwirte auf die Zeichen der Natur verlassen. Martin Horat selbst bewunderte Suter: «Peter nahm seine Arbeit als Prophet so ernst wie kaum ein anderer. Er war ein echtes Vorbild – mit einem immensen Wissen. Dass er uns nicht alles verriet, gehörte zum Geschäft.»

Vergangene Woche hat sich Peter Suter in die himmlischen Gefilde verabschiedet. Das Muotatal trauert um eine seiner bekanntesten und authentischsten Persönlichkeiten – und um einen Mann, der die Zeichen der Natur ganz genau erkannte.