Kürzlich nahm ich am Grimselpass an einem kleinen Wettstreit teil, bei dem es darum ging, das Assistenzsystem Inno-Drive von Porsche (PID) in einem elektrischen Taycan kennenzulernen und schliesslich zu schlagen. Das PID passt mit Hilfe von Sensor- und Navigationsdaten sowie einem komplexen Algorithmus laufend die Geschwindigkeit an, bremst vor Kurven und beschleunigt wieder, damit man jederzeit möglichst zügig und gleichzeitig aber effizient unterwegs ist. Mit einer vorausschauenden und vorsichtigen Fahrweise gelang es mir, das System zu schlagen und die Challenge zu gewinnen.

Die besondere Ironie dabei liegt nun darin, dass ich am Tag davor die Schlüssel zum neuen Porsche 911 GT3 RS zurückgegeben hatte. Diese bisher höchste Ausbaustufe des 911ers mit 6-Zylinder-Saugmotor ist gewissermassen das extreme Kontrastprogramm zum Inno-Drive im Elektro-Taycan, aber die aussergewöhnliche Magie des Lebens liegt schliesslich in der Vielfalt, finde ich.

Mit dem GT3 RS fuhr ich nicht so sparsam, sondern naturgemäss so schnell wie möglich. Es ist sehr schwer, mit diesem faszinierenden Wunderwerk der Geschwindigkeitskunst etwas anderes zu tun. Der Renn-Elfer ist ausgestattet mit allem, was man für schnelle Rundenzeiten auf der Rennstrecke braucht, dazu gehört die Ausstattung mit Leichtbaumaterialien (1450 Kilogramm Leergewicht) oder technische Feinheiten wie ein Drag-Reduction-System oder einstellbare Dämpfer. Ich hatte im Europapark in Rust zu tun und konnte daher schon die Anfahrt zu einer Art Achterbahnfahrt der anderen Art umgestalten.

Der GT3 RS mit seinem fast schon absurd grossen Heckflügel als Teil eines weitverzweigten Aerodynamik-Massnahmenpakets vermittelt einem das äusserst beruhigende Gefühl, nie im Stich gelassen zu werden. Egal, wie scharf die Kurve ist, wie kurz der Bremsweg auch erscheinen mag, dieser Sportwagen garantiert mit bewundernswerter Souveränität wahlweise den schnellstmöglichen Weg durch die vorgesehene Stelle – und sei es auch nur eine Autobahneinfahrt – oder die grösstmögliche Verzögerung, wenn ein Wohnwagen aus den 1970er Jahren gemütlich auf die Überholspur wechselt.

Anders als beim Inno-Drive allerdings hilft einem die ausgefeilte Elektronik hier auf eine ganz andere Art. Lenken, beschleunigen, bremsen muss im 911 GT3 RS immer noch der Mensch, und darum geht es natürlich auch. Die Sache ist eher die, dass dieses Auto zu so viel mehr in der Lage ist, als die meisten Fahrer, die sich ans Steuer setzen, nachvollziehen können. Ich schliesse mich da ausdrücklich ein. Anders gesagt: Wer mit einem Porsche 911 GT3 RS losfährt, wird den eigenen Grenzbereich sehr viel früher erreichen als den dieses Übersportwagens und wird stattdessen eine wertvolle Lektion in Demut erhalten.

 

Porsche 911 GT3 RS

Motor/Antrieb: Sechszylinder-Boxer-Saugmotor, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK), Heckantrieb; Hubraum: 3996 ccm; Systemleistung: 525 PS / 386 kW; max. Drehmoment: 465 Nm / 6300 U/min; Verbrauch (WLTP): 13,4 l / 100 km; Beschleunigung (0–100 km/h): 3,2 sec; Höchstgeschwindigkeit: 296 km/h; Preis: Fr. 300 200.–; Testfahrzeug: Fr. 311 630.–