Woher es kommt, weiss niemand so genau, manche vermuten, es sei eine Abwandlung der italienischen panierten cotoletta. Sicher ist aber, dass seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts das Wiener Schnitzel als solches bezeichnet wird, und es ist – zusammen mit Backhendl oder Kaiserschmarrn – fester Bestandteil der Wiener Küche und aus dem Repertoire des sogenannten Comfort Foods in Europa und insbesondere aus dem deutschen Sprachraum nicht mehr wegzudenken.

Über die korrekte und beste Zubereitung des dünngeklopften, panierten und goldbraun gebackenen Kalbsschnitzels können heftige Debatten geführt werden, es gibt Hitparaden der besten Schnitzelrestaurants, Wettbewerbe und andere Messgrössen zur Ermittlung der besten, wohlschmeckendsten oder grössten Variante dieses österreichischen Klassikers.

Gerade in Restaurants, die von Lastwagenfahrern und anderen Transporteuren gerne besucht werden, sind Schnitzel, Cordon bleu und Co. kaum von der Karte wegzudenken, das Wiener Schnitzel ist ein sicherer Wert, eine nahrhafte Wohlfühlgarantie beim Essen.

Mageres Fleisch ohne Sehnen

«Das perfekte Wiener Schnitzel muss gleichmässig gebräunt, gut gewürzt und schön souffliert sein.»

«Das perfekte Wiener Schnitzel muss für mich gleichmässig gebräunt, gut gewürzt und schön souffliert sein», sagt Küchenchefin Jeslyn Teoh, die für eine gleichzeitig bodenständige und elegante Küche in den drei Restaurants «Wilder Kaiser» in Egg, Zumikon und demnächst am Predigerplatz in Zürich zuständig ist.

Um diese Vorstellung von Perfektion zu erreichen, verwendet Jeslyn Teoh Kalbfleisch aus der Keule (Nuss) mit einem Teil der Oberschale des Tiers. «Wichtig ist es, Fleisch zu verwenden, dass mager und sehnenfrei ist. Überflüssiges Fett verflüssigt sich beim Erhitzen und kann so den Backprozess ungünstig beeinflussen», erklärt die Köchin, welche die Finessen der kaiserlichen Küche beim österreichischen (Fernseh-)Koch Johann Lafer in allen Details kennengelernt hat.

Für die Zubereitung wird das Fleisch zunächst flachgeklopft, dafür legt man eine Folie über das Schnitzel, um es dann mit einem glatten Plattiereisen gleichmässig dünn vorzubereiten. Im «Kaiser» wird das Schnitzel nicht direkt gewürzt: «Wir haben verschiedene Varianten ausprobiert, und am besten funktioniert es für uns, wenn wir das Salz direkt ins Ei gben», sagt Jeslyn Teoh.

Zuerst kommt aber ein Trick zur Anwendung, der hilft, die Panade beim Backprozess anzuheben, um ein schön souffliertes Schnitzel zu erhalten: Dafür wird das Fleisch mit etwas kaltem Wasser besprüht oder bepinselt. Dann wird es in normalem Weissmehl gewendet, etwas abgeklopft und schliesslich in eine leicht aufgeschlagene – und eben gesalzene – Eiermasse ohne weitere Zusätze getaucht. «Wer will, kann auch doppelgriffiges Spätzlimehl verwenden, wir haben aber mit normalem Haushaltsmehl die besten Erfahrungen gemacht», sagt die Schnitzelexpertin. Mehlreste können problemlos wiederverwendet werden, wenn man sie dafür durch ein feines Sieb gibt.

Eine fast religiöse Bedeutung auf dem Jakobsweg zum perfekten Schnitzel kommt dem Paniermehl oder vielmehr: den Semmelbröseln zu. «Wir verwenden nur Brösel aus getrockneten Kaisersemmeln, die wir direkt aus Österreich erhalten», erläutert Jeslyn Teoh diese wichtige Zutat. Für den Hausgebrauch rät sie vom Kauf von Paniermehl aus dem Supermarkt ab. Stattdessen solle man beim Bäcker des Vertrauens vorsprechen oder beispielsweise aus getrockneten Weggli seine eigene Brösel reiben. Auf Anfrage verkaufen die netten Österreicher vom «Wilden Kaiser» auch gerne ihre Kaisersemmelbrösel.

Die Panade darf nicht auf das Fleisch gedrückt werden, damit sie sich beim Backen löst. Dafür braucht es reichlich Fett, zum Beispiel Butterschmalz, Pflanzenöl oder eine Mischung davon, die auf etwa 180 Grad erhitzt wrden sollte. «Auch Schweineschmalz ist beliebt, das ist letztlich Geschmackssache. Es gibt sogar Wiener Restaurants, die dem Gast verschiedene Fette zur Auswahl geben», weiss Jeslyn Teoh.

Beim Backen darf das Schnitzel den Pfannenboden nicht berühren, es soll im Fett schwimmen und dabei immer in Bewegung bleiben, damit die gewünschte gleichmässig goldbraune Farbe entsteht. «Ich empfehle eine gusseiserne Pfanne mit der einen Hand im Gegenuhrzeigersinn zu schwenken und gleichzeitig mit einem Löffel in der anderen Hand stetig Fett über das Schnitzel zu giessen», erklärt die Küchenchefin den letzten entscheidenden Schritt zur Schnitzelperfektion.

Jeslyn Teoh ist Küchenchefin im «Wilden Kaiser» und zuständig für die österreichische Küche der Restaurants in Zumikon, Egg und Zürich. Zuvor war sie anderem Köchin bei 19-Punkte-Chef Heiko Nieder im «The Dolder Grand» und bei Johann Lafer in Stromberg (D).