Die Welt des Spitzensports ist nicht frei von Selbstdarstellern und Grossmäulern. Walter Bolli bildete einen wohltuenden Kontrast. Der Zürcher war während eines halben Jahrhunderts quasi die graue Eminenz im lokalen Sport: mit Charme, Witz und fast immer einem sanften Lächeln auf den Lippen.

Angefangen hatte seine Laufbahn 1945 als Junior beim FC Zürich. Doch auf dem Rasen genügte sein Ballgefühl nicht ganz für höhere Weihen. Zu einer Schlüsselfigur wurde Bolli hinter den Kulissen: als aufmerksamer und sparsamer Finanzchef, der dem legendären Präsidenten Edi Nägeli administrativ den Rücken freihielt und schaute, dass das Geld nicht mit beiden Händen ausgegeben wurde. Dies erfuhr sogar der berühmteste FCZ-Spieler der Geschichte, Köbi Kuhn, am eigenen Leib. Als Kuhn in der Saison 1969/70 – dank Prämien und Zuwendungen – plötzlich die (für damalige Verhältnisse) horrende Summe von 110 000 Franken verdiente, zog Bolli die Notbremse: «Du hast dein Zweijahresmaximum von 160 000 Franken erreicht, bis im Sommer gibt’s nichts mehr.»

Ob es auch diese Sparsamkeit war, die den FCZ damals zum Mass aller Dinge machte, ist nicht verbrieft. Tatsache aber bleibt: Unter Nägeli und Bolli dominierte der FCZ den Schweizer Fussball fast nach Belieben und schaffte auch international Herausragendes. Zweimal stiess er im Europacup der Meister bis in den Halbfinal vor.

Bolli prägte auch die optische Aussenwahrnehmung des Klubs nachhaltig. 1969 gestaltete er das runde FCZ-Logo mit den blau-weissen Streifen, das dem Klub bis heute als Erscheinungsbild dient und für die wiedergewonnene Popularität des Vereins steht. FCZ-Präsident Ancillo Canepa würdigt Bolli in einem persönlichen Nachruf als «umsichtige, aber auch durchsetzungsfähige Führungsperson, die grossen Anteil am damaligen Erfolg des FCZ hatte». Noch lange nach seinem Rücktritt blieb Bolli dem FC Zürich treu verbunden und griff gelegentlich auch in die eigene Geldschatulle, «ohne Gegenleistung zu verlangen», wie Canepa erzählt.

Nicht nur im Fussball war Bolli eine prägende Grösse. Als der Zürcher Schlittschuhclub (ZSC) 1976 zwischen Stuhl und Bank zu fallen drohte, übernahm er mit Nägeli im Hallenstadion das Kommando und leistete wichtige Aufräum- und Aufbauarbeit. Während seine Söhne Roger und André für die erste Mannschaft stürmten, schuf Bolli die finanziellen Strukturen, die dem Klub Stabilität verleihen und letztlich die Rückkehr an die nationale Spitze ermöglichen sollten.

Walter Bolli trug den Zürcher Sport im Herzen. Er war, so lange es seine Gesundheit zuliess, regelmässiger Gast in den Stadien. Selbst im reifen Alter schnürte er noch die Fussballschuhe. Im Gusti-Cup, bei dem die Sport- und Politprominenz auf Einladung von Fifa und Uefa auf den Rasen tritt, reihte er sich noch mit 79 Jahren unter die Torschützen ein.

Die Tiefen rechtzeitig verlassen: Ciccone.

Er hat die Zusammenfassung seines Lebens in einem Satz vorweggenommen: «Ich wurde geboren als Sohn meiner Mutter, aber sterben werde ich als Bruder meiner Schwester.» Dabei handelt es sich um Madonna Louise Ciccone.

Sie und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder seien zusammen aufgestiegen, hätten sich dann aber verloren – doch die Tiefen rechtzeitig verlassen und sich wieder gefunden, schrieb Madonna vor wenigen Tagen auf ihren Social-Media-Kanälen.

In den erwähnten Beziehungstiefen fanden sich der Weltstar beziehungsweise der Weltstar-Bruder wieder, nachdem Letzterer sich zuerst übergangen sowie missbraucht fühlte. Und danach diese Erfahrungen in einem Memoirenbuch verarbeitete beziehungsweise veröffentlichte.

«Life with My Sister Madonna», erschienen 2008, war Chris’ Abrechnung mit seiner Schwester, die er als machiavellistisch darstellte. Er habe es genossen, mitzuerleben, wie sie versuchte, sein Buch zu verhindern – und scheiterte, sagte er. Kritiken, sofern das Werk zur Kenntnis genommen wurde, fielen hart aus, der Autor habe wenig Selbstwertgefühl und noch weniger Einsicht, stand im Guardian.

Chris studierte Tanz und Anthropologie im Nebenfach. Am Anfang der Laufbahn von Madonna war er einer ihrer Tänzer im Bühnenhintergrund sowie der Musikvideo-Choreograf. Später stieg er auf zum Verantwortlichen für die Shows der schwesterlichen Konzerte – bis er es nicht mehr war. 2001 setzte Madonna einen neuen künstlerischen Direktor ein für ihre «Drowned World»-Tour. Es folgte, was die New York Times Krach zwischen den Geschwistern nannte.

Vergangene Woche starb Christopher Gerard Ciccone, der mit Ray Thacker, einem Schauspieler, verheiratet war, an Krebs.