Warum zittern so viele Unternehmer, wenn sie dem Wort «Wettbewerbskommission» begegnen? Was in der Bundesverfassung in Art. 96 zur Wettbewerbspolitik steht, tönt doch einleuchtend: «Der Bund erlässt Vorschriften gegen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen», und weiter: «Er trifft Massnahmen: a) zur Verhinderung von Missbräuchen in der Preisbildung durch marktmächtige Unternehmen und Organisationen des privaten und des öffentlichen Rechts; b) gegen den unlauteren Wettbewerb.»
Anders gesagt: Der Staat soll dann ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen, wenn unerlaubte Behinderungen des Wettbewerbs tatsächlich schaden. Nur dann darf die Wettbewerbskommission (Weko) die Firmen massregeln für Kungeleien, für Kartellabsprachen.
Und wie ist es, wenn die Firmen miteinander reden, aber kein Schaden da ist? Soll dann der Staat gleichwohl eingreifen?
Salopp gefragt: Wenn ein Mordvorwurf im Raum steht, aber gar keine Leiche da ist?
Das ist eine der zentralen Fragen in der laufenden Revision des Kartellrechts.
Anders gefragt: Reichen allein qualitative Indizien aus, dass die Weko als Polizei zuschlagen kann, oder sind dafür auch quantitative Auswirkungen nötig? Noch einmal anders: Ist eine bestimmte Abmachung unter Firmen, die einfach mal auf dem Papier steht, bereits an sich ein Vergehen – egal, wie gross oder klein ihre Auswirkungen sind? Kann die Weko da unbesehen dreinfahren?
Oder darf sie das nur tun, wenn die Wirkung quantitativ erheblich ist, also tatsächlich Schaden beziehungsweise Missbrauch vorliegen? So, wie es in der Bundesverfassung steht?
Bis vor einigen Jahren galt in der Schweiz der Grundsatz, dass die Wettbewerbsbehörden abklären müssen, wie erheblich die negativen Wirkungen der Absprache sind, Sanktionen waren darauf abzustimmen. Bestrafung also dann, wenn das Kartellvergehen quantitativ schlimm genug ist.
Lizenz für den Sheriff
Das Bundesgericht brachte jedoch 2016 in einem Entscheid zum Import der Zahnpasta Elmex der Firma Gaba einen Stimmungswechsel: Bestimmte Abreden seien grundsätzlich als erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs einzustufen. Fürs Sanktionieren genüge es, dass diese den Wettbewerb potenziell beeinträchtigen könnten.
Die Weko kann sich so darum drücken, herauszufinden, wie schädlich die Wirkung einer Absprache ist. Bildlich: Der Sheriff erhält die Lizenz, beim Aufkommen von Verdacht sogleich den Colt zu ziehen und zu schiessen.
Pech für die Getroffenen. Etwa das KMU Autoweibel aus dem Bernbiet. 2013 hat die Weko zugeschlagen, als der VW-Grosshändler und Importeur Amag am 3. April eine Selbstanzeige wegen Preisabsprachen bei Neuwagen einreichte und damit auch andere inländische Autohändler wie Autoweibel mit ins Verfahren zog. Die Weko leitete eine Untersuchung ein, entschied auf schweren Verstoss gegen das Kartellgesetz und sprach Bussen aus gegen vier Autohändler, darunter Autoweibel. Amag kam als Kronzeuge, quasi als Verpetzer, ungeschoren davon.
Autoweibel focht die Verfügung der Weko über 10.000 Franken Busse beim Bundesverwaltungsgericht an. Das kostete Zeit und Geld. Das Bundesverwaltungsgericht stützte die Weko, und nach einem Weiterzug durch Autoweibel entschied das Bundesgericht gleich. Von den Wettbewerbshütern gepackt zu werden, bedeutete für das KMU also, etwa zehn Jahre lang in juristischen Prozessen mit gut 65.000 Franken Verfahrenskosten sowie Anwaltskosten und Gerichtsvorschüssen von 140.000 Franken gefangen zu sein.
Der Clou: Die bestrafte Abrede wurde lediglich im Zeitraum zwischen dem 28. März und dem 3. April 2013 überhaupt umgesetzt, dann kam bereits die Selbstanzeige der Amag. Da der 29. März (Karfreitag) und der l. April 2013 (Ostermontag) Feiertage waren, blieben für die Abrede maximal drei Tage Wirkungszeit. In dieser Blitzperiode wird wohl keine quantitativ erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs eingetreten sein. Also: Kartellbussen für offensichtlich null Wirkung sind Praxis.
Nächste Woche berät die Wirtschaftskommission des Nationalrats die Kartellgesetzrevision. Heiss umstritten ist der Satz: «Bei der Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung sind sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien zu berücksichtigen.»
Der Ständerat hat diesen kürzlich rausgestrichen. Wenn der Nationalrat gleich entscheidet, wird es der Weko leicht gemacht, Firmen mit Kartellstrafen zu überziehen.
Je aufgeblähter und weltfremder eine staatliche Kommission, desto wilder und willkürlicher deren (Un-)Taten und Verhalten. Leider die Folge gummig schludriger Gesetzgebung; ein in vielen Rechtsbereichen feststellbares, gesunden Staatsmaximen zuwider laufendes Übel!
Wenn ein VW sehr unterschiedlich kostet, dann kauft man halt nicht dort wo er teurer ist. Spitäler aber können sehr unterschiedliche Preise für die gleiche Leistung verlangen. Die Krankenversicherer müssen die alle bezahlen. Da liegt doch eine grosse Beeinträchtigung des Wettbewerbes vor mit einem tatsächlichen Schaden für das Volk. Warum greift da die Wettbewerbspolizei nicht ein ?
Mir geht diese 'potenzielle' Beeinträchtigung/Gefahr auf den Senkel. Es reicht schon, wenn etwas passieren könnte, um harte Strafen zu verhängen. Das öffnet der Amts und Staatswillkür Tür und Tor! - unsere Lobbyisten in Bern schaufeln sich wieder macht zu!
Willkommen im Polizeistaat! Und, wie einmal mehr das Beispiel zeigt, kann er sich nicht nur auf die immer ausuferndere elektronische Totalüberwachung stützen, sondern ergänzend dazu auch auf windige Verräter, Verpetzer zählen - genau wie zu Corona-Zeiten.
Hauptsache, der Staat bekommt immer mehr Macht! Die Macht zu bestrafen muss befriedigend sein.
Die Weko bestraft also alle ausser ausgerechnet der Amag...Wow und da gibts Leute die halten Italien für einen Mafia-Staat 😀
Das passt doch bestens zum Zeitgeist. Unternehmen sind kapitalistische Auswüchse und gehören aus Prinzip bestraft. Die Gesetze müssen genau das hergeben. Nur der Staat ist gut und über jeden Zweifel erhaben. Wir haben es weit gebracht.
Die Weko mag in gewissen Fällen nützlich sein. aber vom Geschäft hat sie keine Ahnung: GLEICHER PREIS HEISYT LÄNGST NICHT IMMER GLEICHE LEISTUNG.Als Buchstabentheoretiker wissen die das halt nicht.
Der Staat wird immer übergriffiger. Man bedient sich der Macht in agressiver, gegen den Bürger gerichtete Weise. Oft sind es übermotivierte Frauen, die das gesunde Mass vergessen haben. Sie sind heute generell eine Gefahr, wenn sie an der Macht sind.Ameti ist dafür ein böses Beispiel. Oder die Meyer, die Funiciello und wie sie alle heissen.
Willkommen im Polizeistaat! Und, wie einmal mehr das Beispiel zeigt, kann er sich nicht nur auf die immer ausuferndere elektronische Totalüberwachung stützen, sondern ergänzend dazu auch auf windige Verräter, Verpetzer zählen - genau wie zu Corona-Zeiten.
Es geht auch darum, die Wirtschaft kaputt zu machen. Damit am Ende alles Blackrock gehört. Dann ist die Steuerung und Manipulation des Volkes einfacher. Agenda 2030.
Hauptsache, der Staat bekommt immer mehr Macht! Die Macht zu bestrafen muss befriedigend sein.
Wenn ein VW sehr unterschiedlich kostet, dann kauft man halt nicht dort wo er teurer ist. Spitäler aber können sehr unterschiedliche Preise für die gleiche Leistung verlangen. Die Krankenversicherer müssen die alle bezahlen. Da liegt doch eine grosse Beeinträchtigung des Wettbewerbes vor mit einem tatsächlichen Schaden für das Volk. Warum greift da die Wettbewerbspolizei nicht ein ?
Man kann Schadenfreude gegen gewisse Unternehmen haben. Aber am Schluss zahlt das Volk dafür und verliert dabei Wohlstand.
Die CH ist doch schon längstens ziemlich kartellverseucht, darum ist auch vieles so dermassen teuer in der CH. Leidtragend ist die Bevölkerung, aber bekanntlich sträuben sich meist deren Volksvertreter von FDP/SVP gegen eine schärferes Vorgehen gegen Kartellverstösse, da jene PolitikerInnen oft lobbyistisch verbandelt sind und denen das Volk von dem sie gewählt sind letztendlich am A... vorbeigeht. Bürgerliche Amigopolitik kostet halt!
Mir geht diese 'potenzielle' Beeinträchtigung/Gefahr auf den Senkel. Es reicht schon, wenn etwas passieren könnte, um harte Strafen zu verhängen. Das öffnet der Amts und Staatswillkür Tür und Tor! - unsere Lobbyisten in Bern schaufeln sich wieder macht zu!
Lieber Herr Gygi, Ihre Vergleiche hinken: Versuchte Verbrechen sind natürlich sehr wohl strafbar, auch wenn keine Leiche da ist. In der Sache gebe ich ihnen allerdings recht: Das Gaba-Urteil, wo man sich leider dem EuGH und der EU Komission angenähert hat, war und ist ein Fehler.
Kapitalismus funktioniert nur mit Wettbewerb. Firmen welche ihre Preise absprechen machen das Zulasten der Kunden. Dafür genügt der gesunde Menschenverstand. Wer es zulässt dass der Wettbewerb mittels Preisabsprachen behindert wird ist ein Totengräber des Kapitalismus. Das ganze soll so einfach wie möglich gehalten werden. Daher Preisabsprachen sind kriminelles Verhalten und gehören bestraft. Lang lebe der freie Wettbewerb, lang lebe der Kapitalismus!
.."lang lebe der Kapitalismus!". VIEL zu KURZ gedacht ! Esst doch Kuchen wenn es kein Brot mehr hat! Die Corona-Spritze und der Stellvertreterkrieg in Ukraine zeigen doch die "Qualitäten" des Kapitalismus. Zur Machtakkumulation wurde der Monotheismus erfunden mit 3 Abteilungen. Folgen sind bekannt und tagesaktuell. "Arbeit muss sich wieder lohnen", (sic. Sarah Wagenknecht) nicht nur Zins-Zinsezins der "Auserwählten" Geldsäcke von Black-Rock, etc. Mittelstand & Lohnsteuern entlasten!
Der freie Wettbewerb führt zu tieferen Preisen und mehr Wohlstand für Alle. Wenn Preisabsprachen tolleriert werden profitieren nur Wenige zulasten der Allgemeinheit. Preisabsprachen und Quasimonopole führen zur Delegitimation des Kapitalismus und damit zu seinem Untergang. Daher müssen Peisabsprachen zulasten der Allgemeinheit verboten werden. Es Lebe der freie Wettbewerb und Wohlstand für Alle!
Wer sitzt schon in dieser gut bezahlten Wettbewerbskommission, ein zahnloser Tiger im Parteiensalat. Was ist denn mit den Sanktionen gegen Russland, die die Energiepreise explodieren liessen mit weltweit tragischen Auswirkungen? Medikamentenpreise? Corona Spritzenpreise usw. Wenn eine Gesellschaft kartellmässig vereinbarte Preise ohne Beeinträchtigung der Volkswirtschaft, gut bezahlen kann wirkt ein Kartell besser als die parteipolitische Kungelei.
Kartelle: ESTI mit den "Elektromaurern" als Günstlinge in geschützter Werkstatt, ganz übel. Dito Medikamentenpreise und Vertrieb. > Baustellen zu Hauf.
Je aufgeblähter und weltfremder eine staatliche Kommission, desto wilder und willkürlicher deren (Un-)Taten und Verhalten. Leider die Folge gummig schludriger Gesetzgebung; ein in vielen Rechtsbereichen feststellbares, gesunden Staatsmaximen zuwider laufendes Übel!
Was passiert, wenn er die Busse und die Gerichtskosten einfach nicht bezahlt? Doch, im Gegensatz zu dem andern Kommentator, finde ich diese Geschichte äusserst unfair. Er sollte die "Andern" klagen lassen bis sie auf den Gerichtskosten sitzen bleiben.
Ich habe da gar kein Mitleid mit so Firmen wie Autoweibel. Privatpersonen werden wegen Kleinigkeiten hart belangt und bei Firmen passiert viel zu wenig. Es sollte jedem klar sein, dass Preisabsprachen kriminell sind. Ich finde die Busse von 10'000 CHF zu niedrig, wenn man bedenkt, um was für Summen es im Autogeschäft geht. Nur weil die Firma ihre geplanten kriminellen Machenschaften nicht umsetzen konnte, ist sie nicht unschuldig. Leider gibt es im Autoverkauf viele Kriminelle.
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Die Weko bestraft also alle ausser ausgerechnet der Amag...Wow und da gibts Leute die halten Italien für einen Mafia-Staat :D
Das passt doch bestens zum Zeitgeist. Unternehmen sind kapitalistische Auswüchse und gehören aus Prinzip bestraft. Die Gesetze müssen genau das hergeben. Nur der Staat ist gut und über jeden Zweifel erhaben. Wir haben es weit gebracht.
Die Weko mag in gewissen Fällen nützlich sein. aber vom Geschäft hat sie keine Ahnung: GLEICHER PREIS HEISYT LÄNGST NICHT IMMER GLEICHE LEISTUNG.Als Buchstabentheoretiker wissen die das halt nicht.