Der Landesvorsitzende der AfD Thüringen, Björn Höcke, muss sich vor dem Landgericht Halle verantworten. Die Anklage lautet, er habe in einer Rede die Parole «Alles für Deutschland» verwendet. Allen Ernstes. Dies sei nämlich strafbar, weil es sich um die Losung der nationalsozialistischen Sturmabteilung gehandelt habe.

Höcke selber bestreitet, diesen Zusammenhang gekannt zu haben. Und dies dürfte für gefühlte 99 Prozent der Deutschen ebenfalls zutreffen. Denn die Formel kommt als Appell zum Einsatz für die Nation doch eher harmlos daher und wurzelt in den Befreiungskriegen des beginnenden 19. Jahrhunderts gegen die Fremdherrschaft Napoleons. Ausserdem müsste das Gericht Höcke den Vorsatz nachweisen können.

Sollte Björn Höcke wirklich verurteilt werden, wäre der Fokus des Strafrechts zwingend auch auf andere Politiker zu lenken. Beispielsweise auf den SPD-Politiker Dieter Reiter. Doch dieser Sozialdemokrat steht als Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt München in hohen Ehren und Würden.

Und hier beginnt auch schon der Skandal. Reiters Sprache unterscheidet sich teilweise in nichts von der seines früheren Amtsvorgängers Karl Fiehler. Jener ausgekochte Nazi der ersten Stunde trat bereits 1920 der NSDAP bei. Ausserdem war Fiehler hoher SS-Führer, gehörte zur engsten Entourage Hitlers und amtete 1933 bis 1945 als Oberbürgermeister von München – welches bekanntlich den wenig ehrenvollen Ehrentitel der «Hauptstadt der Bewegung» trug.

Doch wo um Himmels Willen liegt die Parallele vom schrecklichen Nazi Karl Fiehler zum ehrenwerten SPD-Politiker Dieter Reiter? Beide gebrauchten sie die gleiche Parole. Und das systematisch und regelmässig, Jahr für Jahr. Diese Parole lautete: «Ozapft is!»