Wir greifen zunächst einige Highlights aus der veröffentlichten Liste der Teilnehmer an der «schön, haben wir drüber geredet und sind einer Meinung»-Veranstaltung auf dem Birkenstock, Pardon, Bürgenstock heraus.

Folgende bedeutende Staaten in alphabetischer Reihenfolge beehren sich: Benin in Form des Ministers Olushegung Ajadi Bakari (nein, den Namen muss man sich nicht merken, der Präsident hat übrigens Wichtigeres zu tun). Cabo Verde schickt immerhin den Präsidenten, die Union der Komoren (Quizfrage: wo ist das?) auch nur einen Minister.

Die Elfenbeinküste, die sicherlich eine wichtige Rolle bei den Friedensverhandlungen spielen wird, ist mit ihrem Präsidenten vertreten, für den man hoffen darf, dass er während der Konferenz nicht weggeputscht wird. Diese Gefahr besteht bei den Fiji-Inseln eher weniger. Bei Libyen, auch ein bedeutender Player auf der Weltbühne, besteht diese Möglichkeit schon eher; zudem ist die Frage, wovon Mohamed Menfí genau der Präsident ist, also von welchem Teil dieses failed State.

Auf ein ganz anderes Level hebt hingegen Daniel Risch, der Regierungschef von Liechtenstein, diese Begegnung. Etwas strapaziös auf der Weltkarte wird dann die Suche nach Palau; wo Ruanda liegt, ist zumindest nach dem Massaker dort noch einigen geläufig. Viele wissen hingegen nicht, dass San Marino auch ein unabhängiger Staat ist und sogar in Europa liegt. Andorra ist übrigens mit dem Regierungschef, Monaco hingegen nur mit einem Minister vertreten, wobei diese drei Staaten locker die Schirmherrschaft über einen Waffenstillstand übernehmen könnten.

Während wieder viele daran scheitern, spontan anzugeben, wo denn Ost-Timor genau im Wasser liegt. Und schliesslich ist eine solche Konferenz ohne Uruguay undenkbar, auch wenn das Land bloss einen Minister schickt.

Schliesslich drängen sich noch Ursula von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rats Charles Michel auf, denn wo der eine ist, muss eifersüchtig der andere auch sein.

Das wären also Auszüge aus den 92 Staaten und 8 Organisationen. Man rechnet damit, dass alle mit einem Tross von ca. 10 Wasserträgern anreisen werden, wodurch es auf dem Bürgenstock etwas eng werden könnte.

Und Schwergewichte? Wenn wir die europäischen Selbstdarsteller weglassen, wer kommt da? China kommt nicht. Russland wurde erst gar nicht eingeladen. Brasilien schickt einen Gesandten. Indien einen Minister. Indonesien ebenfalls einen Gesandten. Südkorea verzichtet ganz. Südafrika – Gesandter. Mexiko: Minister. Ach, und die USA die Wie-heisst-sie-doch-gleich-Vizepräsidentin. Aber dafür sind die Philippinen vertreten, allerdings auch nur mit einem Gesandten.
Das bedeutet also: ein Desaster. Von den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, China, Indien, Südafrika) ist lediglich eine zweite oder dritte Garnitur aus Indien und Brasilien anwesend. Dafür ein Gerümpelturnier von völlig unwichtigen, unbedeutenden, vernachlässigbaren Staaten, deren Anwesenheit nicht bereichernd, sondern peinlich ist.

Was soll Benin, Cabo Verde, die Elfenbeinküste oder Palau zu einem Friedensprozess beitragen? Den Einsatz von Friedenstruppen anbieten? Damit drohen, dass die Winzstaaten ernsthaft böse werden, wenn nicht endlich Frieden herrscht? Bei einigen der teilnehmenden Staaten ist es durchaus fraglich, ob der anreisende Regierungsvertreter dieses Amt bei der Abreise noch hat.

Weil alle Grossen ausserhalb Europas fehlen (ausser vielleicht Japan), wurden die Lücken mit vielen Kleinen notdürftig gestopft. Aber mal im Ernst, was passiert eigentlich, wenn Surangel Samuel Whipps Jr., der Präsident der Republik Palau (17'600 Einwohner, verteilt auf 356 Inselchen), das Wort ergreift? Sagt man ihm dann, dass er als jemand, dessen pazifische Inselgruppe unter Verwaltung der USA steht, sowieso keine eigene Meinung haben kann? Oder lacht man ihn schlichtweg aus? Oder kriegt er gar kein Mikrofon?

Man stelle sich doch mal lebhaft Begegnungen in der grossen Lobby des Hotels vor. Zwei Wichtigkeiten beäugen sich und fragen sich: muss ich den kennen oder der mich? Dann schütteln sie sich doch die Hände, der eine sagt: gestatten, ich bin der Präsident der Union der Komoren. Der andere erwidert: und ich von Cabo Verde. Dann gehen beide ihres Wegs und denken: where the fuck is this shithole?

Das ist nun wirklich ein Glanzlicht Schweizer Diplomatie. Die Wellen des Gelächters werden locker bis zu den 1'128 Metern des Bürgenstocks hinaufbranden. Es fehlte nur noch, dass sich ein Witzbold einen dicken Mercedes mit livriertem Chauffeur mietet, einen Wimpel mit einer Fantasielandesflagge dranpappt, damit vorfährt und sich bitterlich beschwert, wieso die Präsidentensuite für ihn nicht bereitstehe. Schliesslich sei er der Khan in Chief von Balotschistan, einem Staat oberhalb von Kasachstan, und Bundesrat Cassis habe ihn persönlich eingeladen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Ausser Spesen nix gewesen: Es ist eine wahrhaft illustre Gesellschaft von Möchtegerns, die ab heute auf dem Bürgenstock wichtig tut. Ausser von Japan und den USA ist kein wichtiger Staatschef ausserhalb Europas anwesend"
  • per aspera ad astra

    Ich vermute das ein Großteil der Angereisten eh nur die Gelegenheit genutzt haben um auf Staatskosten private Aktivitäten zu erledigen - Nobel-Excortservice, Verschieben von Bereicherungs- und Bestechungsgeldern, Kauf von Nobeluhren, Schmuck - und einen Koffer voll Schoki. Ist doch menschlich...

  • Bernhard

    Wir haben jetzt Mitte Juni. Also noch ein schwaches halbes Jahr und wir sind diese Amherd los.

  • hallerhans

    Man wird sich dereinst an Herrn Ignatio Cassis und Frau Viola Amherd erinnern, wie an Pilet-Golaz. Und ein jeder wird da wohl sehr böse Worte zu den beiden Bundesräten finden können, zu recht will ich mal meinen. Beide gehen jetzt in die Geschichte der Schweiz ein, aber eben mit einem sehr negativ behafteten Beigeschmack.