Es sind bewegende Szenen: Angela Carini hält ihr Smartphone in die Kamera. Darauf zu sehen: ihr Vater, der kurz nach ihrem olympischen Debüt in Tokio 2021 verstarb.

Das Interview mit Carini, aus dem diese Szenen stammen, entsteht kurz nach ihrem erfolgreichen Qualifikationskampf für Olympia in Paris. Weinend erklärt die Boxerin, was ihr Vater ihr mit auf den Weg gegeben habe. Champion zu sein, sei ein bisschen wie Fahrrad fahren. «Wenn Champions den letzten Kilometer sehen, weisst du, was sie dann tun? Sie treten umso mehr in die Pedale! Du erreichst also den letzten Kilometer und trittst in die Pedale, gehst den ganzen Weg, weil ich immer bei dir sein werde», zitiert die Italienerin ihren Vater und ergänzt: «Und das tat ich. Bis zum Ende. Ich kämpfte mit Blut in meinen Augen, weil ich diesen Sieg um jeden Preis wollte. Nur für meinen Vater.»

Auch am Donnerstag wird die Boxerin alles geben müssen. Denn dann trifft sie bei den Olympischen Spielen in Paris auf Imane Khelif, einen aus Algerien stammenden Boxer, der sich als Frau identifiziert. Bei den Weltmeisterschaften im Boxen war er noch disqualifiziert worden, da ein DNA-Test eindeutig XY-Chromosomen festgestellt hatte.

Das Internationale Olympische Komitee sieht das jedoch anders als der Internationale Boxverband IBA und lässt gleich zwei Männer im Frauenboxen antreten. Neben Khelif tritt auch Lin Yu-ting aus Taiwan bei den Frauen an. Hier hatte ein DNA-Test ebenfalls das männliche Chromosomenpaar XY ergeben.

Viele Kommentatoren im Netz sind deshalb der Meinung, Carini und andere Boxerinnen sollten den Wettkampf boykottieren. Das frühere Interview mit der Italienerin zeigt jedoch, wie schwer ein solcher Schritt für eine Spitzensportlerin, die es bis zu Olympia geschafft hat, sein muss. Es geht um die Verwirklichung der eigenen Lebensziele. Um das, was Carini für ihren Vater erreichen will, aber auch um Sponsorenverträge und den zu erwartenden Hass, der Frauen entgegenschlägt, die sich dieser Farce verweigern.

Nein, nicht Athletinnen wie Carini stehen in der Verantwortung, sondern Sportfunktionäre und -verbände. Hier geht es nicht nur um die Gefahr einer ernsthaften Verletzung. Hier geht es um Lebensträume von Frauen, die mutwillig zerstört werden, um einzelne Männer in ihrer gestörten Selbstwahrnehmung zu bestätigen.

Von aussen kann man dieses Theater vielleicht belächeln, aber für die Athletinnen geht es um alles.

Die 3 Top-Kommentare zu "Bewegende Worte: Italienische Boxerin, die am Donnerstag bei Olympia gegen einen Mann in den Ring steigen muss, kämpft für ihren toten Vater"
  • the real bro

    Das IOC verhält sich unverantwortlich, gefährdet den Sport und setzt die Gesundheit dieser richtigen, biologischen Frauen aufs Spiel. Ich finde, dass sich hier auch die internationale Dopingagentur einschalten sollte, denn die körperlichen, männlichen Voraussetzungen dieser beiden, sich als Frau fühlenden Boxer, haben im Frauensport nichts zu suchen und stellen ein Ungleichgewicht dar.

  • Melanie

    Ja, für die Athletinnen geht es wirklich um alles - die echte Boxerin könnte durch den Mann-Frau-Wexel-Boxer nämlich echt totgeboxt werden.

  • per aspera ad astra

    Boycott. Denn wenn erstmal die Kugel aus dem Lauf ist kann man sie nicht mehr einfangen. Mit Vertretern des IOC in einem Raum zu sein die solche Positionen nicht nur gutheißen sondern auch fördern wäre selbst für mich als "nur" Amateursportler unerträglich - als Athlet in Paris würde ich eine Pressekonferenz auf meinem Koffer abhalten und dann abreisen. Aber was soll man erwarten von einem IOC erwarten dem es egal ist ob "Doper vor dem Herrn" ertappt und auf Listen stehen und trotzdem starten.