Um den Schweizern den bevorstehenden Vertrag zur Anbindung an die Europäische Union zu verkaufen, propagiert Tobias Gafafer in der NZZ die «Öffnung des internationalen Personenverkehrs mit der EU». Unter ähnlichen Titeln hat man seinerzeit dem Volk die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) schmackhaft gemacht.

Die reinen Baukosten (ohne Folgekosten) der Neat belaufen sich auf 23 Milliarden Franken, die einzig die Schweizer Steuerzahler tragen müssen. Ziemlich viel Geld für ein Projekt, das die Schweiz ausdrücklich für die EU gebaut hat. Die versprochenen Zubringergleise aus Deutschland und Italien sind leider noch immer nicht fertiggestellt.

Schon heute warnen berufene Stimmen wie jene des Vorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, Claus Weselsky, die Schweiz vor dem Eisenbahnverkehr in der EU. Ob ein Zug in Deutschland pünktlich eintreffe, sei inzwischen reine Glückssache, meinte Weselsky gegenüber der Weltwoche.

Bei ihrem Jubelgesang auf den öffentlichen Verkehr in der EU stützt sich die NZZ auf ein Papier von Greenpeace (!). Diese wiederum propagiert die Zugverbindungen zwischen den Städten und hält die Flugverbindungen selbstverständlich für schädlich. Die SBB würden die europäische Entwicklung verschlafen, behauptet die NZZ. Dass aber die Pünktlichkeit leiden würde, ja dass der öffentliche Verkehr bei einer EU-Anbindung und der Freigabe des Bahnnetzes zusammenbrechen könnte, wird als Argument beiseitegewischt.

Triumphierend weist die NZZ darauf hin, dass die Schweiz sich mit den bilateralen Verträgen I 1999 verpflichtet habe, das Land dem internationalen Bahnverkehr zu öffnen. Das habe man aber bislang nur im Schienenverkehr getan. Bedenken der SBB-Spitze wegen unseres Takt- und Tarifsystems nimmt die NZZ ebenfalls nicht ernst. Es gehe nämlich nicht an, vom Binnenmarkt zu profitieren, aber europäische Bahnunternehmen zu diskriminieren.

Die Liberalisierung falle wegen der Klimabilanz besonders ins Gewicht, urteilt die NZZ. Wie wenn man die europäisch betriebene Klimapolitik und den Liberalismus irgendwie in Übereinstimmung bringen könnte. «Einige zusätzliche Züge muss das stark befahrene Schweizer Bahnnetz verkraften können», so der schon beinahe zynische Befund.

Was die Öffnung des Schweizer Schienenverkehrs bringt, hat das Unglück der schwedischen Transwaggon AB im Gotthard-Basistunnel vor einem Jahr gezeigt. Ein Normalbetrieb ist erst im September wieder möglich, die Kosten werden auf bis zu 130 Millionen Franken veranschlagt.

Die 3 Top-Kommentare zu "Die NZZ singt das Loblied auf die «Liberalisierung» des Bahnverkehrs mit der EU: Doch diese bedeutet für die SBB das Chaos"
  • bacchus

    Was hat denn die NZZ FÜR Redaktoren? Alles Halbschlaue, Ignoranten und Unwissende? Lesen die keine Zeitung und diskutieren nur in ihrer Blase? Ich finde die NZZ langsam nicht mehr zum Lesen! Oder wollen die sich öpe nur luschtig mache über die tumbe Leserschaft?

  • EXTR8

    Internationale Züge sind sowieso stark defizitär - wozu darüber reden? Sicher ist, das die Schweiz ihren zuverlässigen Schienenverkehr nur ohne fremde Einmischung erfolgreich führen kann!

  • paul06

    Ich fahre öfter zwischen D. und CH mit dem Zug zwischen München und Zürich. Es sind Welten dazwischen. Innerhalb der Schweiz kann man fast die Uhr nach den An-und Abfahrtszeiten stellen. Ab Lindau ändert das sich schlagartig. Ab da wird nach ca. Zeiten gefahren. Die unterschiedlichsten Verspätungen. Ich würde der Schweiz empfehlen, mit der Anbindung ans EU-Netz noch 10-15 Jahre zu warten.