Liebe Schweizer,

zurzeit kriegt ihr es mal wieder dicke um die Ohren von uns, euren nördlichen Nachbarn: «Im radikalen, reichen Idyll zeigt die Schweiz ihr hässliches Gesicht», meldet etwa der Tagesspiegel.

Warum? Ihr habt ein neues Parlament gewählt – und wieder einmal alles falsch gemacht.

Grüne abstrafen, Rechte – pardon: «Rechtsextreme» – stärken … Wie könnt ihr nur? Aber wir haben es nicht anders von euch erwartet – ihr gierigen Geldgnome und fiesen Fussball-Faschisten mit eurer scheinheiligen Heidi-Herrlichkeit.

Wie? Das sind Klischees?

Aber sicher. Beim deutschen Schweiz-Bild steht die Stärke der Vorurteile in umgekehrtem Verhältnis zur Menge des Wissens.

Wir haben keine Ahnung von eurem Land und wollen daran auch nichts ändern. Hauptsache, eure Uhren gehen zuverlässig, und die Schokolade schmeckt.

Warum sollten wir uns auch mit euch beschäftigen? Ihr seid eben schräg. Mehr muss man nicht wissen.

Persönlicher Augenschein? Vergesst es. Ihr seid zu teuer. Wollen wir Berge, fahren wir nach Österreich. Merci aber für eure Autobahnen und Tunnels. Da zischen wir nach Italien durch, ohne anhalten und Geld ausgeben zu müssen.

Zum Glück ist das aber nicht die ganze Wahrheit. Mehr und mehr von uns richten den Blick sehnsüchtig nach Süden in dieses Wunderland, in dem die Welt zwar nicht mehr ganz in Ordnung ist, aber mehr als bei uns.

Bleibt bitte so, wie ihr seid. Euer Vorbild hilft vielen von uns, den Verstand nicht zu verlieren.