Kamala Harris, die amerikanische Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, sehe «besser aus» als der republikanische Gegner Donald Trump, meint Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in einem ARD-Format. Er finde sie «wesentlich netter», so der konservative CSU-Chef. «Wenn Trump gewählt wird, werden wir mit ihm zusammenarbeiten müssen.» Aber, fügte er «unter uns» an, Harris finde er eindeutig sympathischer.
Wie kommt das in konservativen Kreisen an, wenn sich einer der Wortführer derart an die woke Mainstream-Blase anbiedert? Wir haben bei Dr. Peter Gauweiler nachgefragt, Anwalt und selbst langjähriger CSU-Politiker, davon langjähriger Minister des Freistaats Bayerns sowie Abgeordneter des Bundestags.
Weltwoche: Herr Gauweiler, «Söder favorisiert Harris» – was dachten Sie, als Sie diese Schlagzeile gelesen haben?
Gauweiler: Achtung! Er sagte, dass Kamala Harris die Hübschere und Nettere sei. Da das weibliche Geschlecht nun mal das schönere und bessere ist, finde ich Söders Antwort sehr ritterlich. Inhaltlich ist die Demokratische Partei der USA natürlich meilenweit von der CSU entfernt.
Weltwoche: Was halten Sie davon, dass sich der bayerische CSU-Chef eher zu den Demokraten hingezogen fühlt?
Gauweiler: Das tut er ja nicht. Es gibt wenige Politiker in Deutschland, die so deutlich vor der Wokeness warnen, nicht nur bei den Grünen, wie Markus Söder. Dennoch mögen wir beide zum Beispiel Claudia Roth – die diesbezüglich wie Kamala ganz anders gestrickt ist – das heisst aber nicht, dass wir jetzt den Kurs der Grünen Partei einschlagen würden.
Weltwoche: Söder sagt, er würde auch mit Donald Trump zusammenarbeiten, aber Harris wäre ihm lieber.
Gauweiler: Klar. Donald Trump versteht Politik als Interessenvertretung. Nettigkeit und Sympathie und wechselseitiges Liebhaben sind dabei eher hinderlich.
Weltwoche: Kamala Harris als Präsidentin Amerikas: Was würde ihr Wahlsieg für Bayern bedeuten?
Gauweiler: Wer sich einen starken Westen wünscht, sollte für Trump stimmen. Wer ein unverstellt selbstbewusstes Amerika will, in dem moralische Kriege nicht mehr als Mittel der Politik geführt werden, sollte ebenfalls Trump bevorzugen.
Weltwoche: Was würde es für Deutschland bedeuten, wenn Kamala Harris gewählt wird, die Söder als netter und besser bezeichnet?
Gauweiler: Noch mal: «Nettigkeit» ist okay, aber um mit Max Weber zu sprechen: Politik ist Richtungsbestimmung und Interessenvertretung. In dieser Hinsicht halte ich Trump, bei aller Unangepasstheit, in der aktuellen Zeit für besser, da er die aktuellen Konflikte und Kriege möglicherweise unkomplizierter und unbefangener beenden könnte als die amtierende politische Klasse. Die einfachere Lösung muss nicht immer die schlechtere sein.
Weltwoche: Warum sagt Söder das nicht? Warum konzentriert er sich mehr auf das Optische, auf Sympathie?
Gauweiler: Er betont doch ausdrücklich, dass er ein positives Verhältnis zu einem wiedergewählten Präsidenten Trump anstrebt. Als aktiver Politiker, der auch noch Ambitionen hat, steht Söder jedoch unter anderen medialen Zwängen. Angesichts der aktuellen publizistischen Landschaft in Deutschland wäre ein klares Bekenntnis zu Trump wie politischer Selbstmord.
Weltwoche: Ist dieses Zitat von Söder also reiner Opportunismus? Oder sehen Sie darin ein ernstzunehmendes politisches Motiv, mit den Demokraten zusammenarbeiten zu wollen?
Gauweiler: Politik als Kunst des Möglichen ist kein Opportunismus. Natürlich brauchen wir weiter auch ein vernünftiges Verhältnis zur Demokratischen Partei, das hatten wir bisher ja auch immer. Man muss immer mit den Andersdenkenden jenseits des grossen Teichs im Gespräch bleiben. Die Ampelkoalition hat ja auch begonnen, den Kontakt zu rechten Republikanern zu beleben. Beachtenswert war zum Beispiel, dass Annalena Baerbock den republikanischen Gouverneur Greg Abbott besuchte, einen klaren Verfechter der Trump-Linie. Das hat mir imponiert. Es ist selbstverständlich, dass es unterschiedliche inhaltliche Präferenzen gibt – einige neigen eher zu den woken Demokraten, andere zur Gegenseite. Traditionell war die CSU immer ein Verbündeter der Republikaner, ähnlich wie mit den britischen Tories, deren Vertreter auf unseren Parteitagen gesprochen haben.
Weltwoche: Würden Sie Söders Äusserung als Charmoffensive interpretieren?
Gauweiler: «Charmoffensive» ist ein guter Ausdruck. Kamala Harris hat Bayern anlässlich einer grossen Gipfelkonferenz schon einmal besucht und menschlich einen positiven Eindruck hinterlassen. Wir brauchen hierzulande nicht die unguten Erscheinungsformen der amerikanischen Auseinandersetzung nachahmen, wo man sich nur gegenseitig heruntermacht. So verstehe ich auch Söders Äusserungen.
Weltwoche: Wie beurteilen Sie generell die aktuelle US-Aussenpolitik?
Gauweiler: Als Ausländer sollte man zurückhaltend mit seinen Urteilen sein, aber ich sehe sie seit längerem eher kritisch. Ganz ohne parteipolitische Linien. Schon die Aussenpolitik von George W. Bush jun. fand ich katastrophal, besonders seine Intervention im Irak und dann in Afghanistan. Ich stand damals auf der anderen Seite, wie Papst Johannes Paul II. empfohlen hatte. Heute steht Papst Franziskus auf «meiner» anderen Seite und plädiert zu Recht dafür, den ukrainisch-russischen Konflikt nicht mit immer mehr Waffen lösen zu wollen. Mein Freund Oskar Lafontaine hat in seinen Kommentaren in der Weltwoche dazu einige sehr wichtige Punkte angesprochen.
Weltwoche: Würden Sie Lafontaines Kommentare als anti-amerikanisch bezeichnen, oder sehen Sie darin legitime Kritik?
Gauweiler: Letzteres. Diese Kritik wird ja auch innerhalb Amerikas geäussert und spiegelt die Diskussion im gesamten Westen wider. Es gibt daneben auch so viele positive Aspekte, die Amerika der Welt geboten hat und immer noch bietet, was wir niemals vergessen dürfen. Kritik an einer moralisch verkleideten, in Wahrheit aber interventionistischen Politik ist nicht «anti-amerikanisch». Genauso wenig bin und war ich anti-deutsch, wenn ich die deutsche Militärintervention am Hindukusch, in Zentralafrika oder zuvor in Jugoslawien als töricht bis zur Unerträglichkeit bezeichnet habe und als Auslöser einer beispiellosen Flüchtlingswelle.
Weltwoche: Was wäre aus Ihrer Sicht eine vernünftige US-Aussenpolitik?
Gauweiler: Amerika first, was sonst? Es war eine interessengeleitete Politik, die dazu beigetragen hat, dass der Westen den Kalten Krieg gewonnen hat. Wichtig ist, die eigenen Interessen klar zu definieren und auf dieser Basis nach Ausgleich zu suchen. Es ist ein zivilisatorischer Fortschritt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewesen, dass ein Nebeneinander organisiert werden konnte, statt zu eskalieren und nach militärischen Lösungen zu suchen, wie jetzt im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.
Was Gauweiler wert ist hat er mit diesem Interview einmal mehr bewisen. Bestenfalls taugt er zum Politiker (also der Berufsgruppe, welche das geringste Vertrauen in der Öffentlichkeit geniesst - noch weniger als die Journalisten). Von Söder ist es längst allgemein bekannt.
Von Steuersenkungen will Harris jetzt doch nichts mehr wissen. Im Gegenteil: Mittel- und Oberschicht sollen massiv mehr Steuern abliefern! Auch die Konzerngewinne sollen stark erhöht werden. Das Geld braucht Harris für ihren Sozialwahnsinn!
Typisch CSU, verlogen und falsch.