Sein Leistungsausweis ist überschaubar. Auf dem Weg der Credit Suisse in den Abgrund spielte er eine Schlüsselrolle. Gelegentlich erinnerte sein Wirken auch an einen Dreigroschenroman – als er sich mit seinem Nachbarn (und Untergebenen) in Herrliberg einen aufsehenerregenden «Villenstreit» um Baulärm, Baumwuchs und Seeblick lieferte; oder als er enge Mitarbeiter beschatten liess. Tidjane Thiam gehört(e) zu den auffälligsten Figuren auf dem Bankenplatz Schweiz. Und er ist nach wie vor von seiner Unfehlbarkeit überzeugt.

In einem Gastbeitrag in der Financial Times erklärte er unlängst, dass die Credit Suisse zum Zeitpunkt seines Rücktritts als CEO (2020) «nach einer tiefgreifenden Restrukturierung gerade den höchsten Gewinn seit zehn Jahren erzielt» habe. In den folgenden Jahren sei dann aber «einiges schiefgelaufen».

Mittlerweile hat sich Thiam von der harten Realität des Schweizer Finanzbusiness emanzipiert. Ende 2023 kündigte er an, dass er Präsident der Elfenbeinküste werden wolle. Im Dezember wurde der französisch-ivorische Doppelbürger zum Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Elfenbeinküste gewählt. Damit befindet er sich im Rennen um die Präsidentschaft im kommenden Jahr auf der Pole-Position.

Doch in der Schweiz sieht sich Thiam im Würgegriff (angeblicher) Erpresser. Anfang August muss sich eine ehemalige Hausangestellte von ihm vor dem Bezirksgericht Meilen verantworten. Die Anklagepunkte lauten auf versuchte Nötigung und versuchte Erpressung (von Thiam). Gemäss der Anklageschrift fordert die Staatsanwaltschaft eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten und eine Busse von 1200 Franken.

Nun meldet sich Thiam in einer weiteren Causa zu Wort. In einem Beitrag auf Instagram erklärt er, im April 2023 habe er einen Erpressungsversuch angezeigt. Nun seien die Urheber «diese Woche leider wieder auf den Plan getreten». Sie würden damit drohen, «von ihnen erstellte Fälschungen» mit seinen politischen Gegnern zu teilen. Cybersicherheitsexperten, die mit seinen Anwälten zusammenarbeiteten, hätten jedoch beweisen können, dass es sich um Fälschungen handle. Wer das im Beitrag nicht näher beschriebene Material verwende, werde strafrechtlich verfolgt.

Der Beobachter aus der Halbdistanz reibt sich verwundert die Augen und fragt sich: Geht es um Erpressung oder nicht doch um Verfolgungswahn? Tarnen sich Cyberkriminelle an der Goldküste als Haushaltshilfen? Und hat Tidjane Thiam wirklich das Format, einen Staat mit 28 Millionen Einwohnern zu führen?

Die 3 Top-Kommentare zu "Erpressung, Beschattung, Politik: Wie Tidjane Thiam die Schweizer Boulevard-Presse in Trab hält"
  • Oekonom

    Politiker in der Elfenbeinküste passt besser zu ihm als Banker in der Schweiz.

  • nur so nebenbei

    Er hat vermutlich den Segen des Französischen Geldadels, die ihn nicht nur über ihre Anteile in die CS brachten, sondern auch Frankreich wieder in die Elfenbeinküste. Und das Handwerk hat er wie im Beitrag zu seiner Person beschrieben wie das 1x1 im Griff. Sorry: Was sonst kommt in Afrika an die Macht? Bei den Bodenschätzen sind die Helfer aller Kontinente sofort zur Stelle und portieren Dich. Korruption? Nein, Naturgesetz des Stärkeren. Und unsere Ordnung ist exakt auf gleichem Wege.

  • Charlie Brown 1968

    Der talentierte Monsieur Thiam? 🤔