Wir lassen über alles mit uns reden, bloss nicht über ungelegte Eier. Genau darum aber geht es in einer mehr als 800 Seiten starken «Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz», die heute von der EU auf den Weg gebracht wird, «KI-Gesetz» heisst sie oder «AI Act». Ihr Problem: Sie blendet die Wirklichkeit aus.

Tritt die Regelung tatsächlich in Kraft, so sei sie «das erste umfassende Gesetz über KI von einer grossen Regulierungsbehörde irgendwo», lobt Ursula von der Leyens EU-Beamtenapparat sich selbst, als ob allein die Tatsache, dass es ein Gesetz gibt, schon einmal ein Knüller ist. Das Gegenteil ist richtig.

Dieses Gesetz wäre vielleicht dann angebracht, wenn Europa bei Entwicklung und Verkauf von KI an der Weltspitze stünde. Tatsache ist aber, dass Europa in Sachen digitaler Technologien höchstens noch Trostpreise gewinnt. Das KI-Gesetz begrenzt das Risiko bei einem Thema, wo erst einmal Aufbruchstimmung nötig ist, um es überhaupt zum Thema zu machen. Es ist geprägt vom Misstrauen gegenüber der Zukunft und nicht von Hoffnung auf die Zukunft. Es ist damit Ausdruck dessen, was das alte Europa gegenüber den USA und dem aufstrebenden China zurückfallen lässt.

Die EU verfasst 800 Seiten über ein ungelegtes Ei, bevor sie überhaupt die Hennen gezüchtet hat, die es legen könnten. Dazu brauchen wir sie wirklich nicht.