Der Superheld unserer Tage, Elon Musk, braucht ein Alter Ego. Clark Kent war Superman, Elon Musk ist … Gigaman, der Erfinder der zahlreichen Tesla-Gigafabriken, die überall auf der Welt auftauchen wie die Ausserirdischen in H. G. Wells’ «Krieg der Welten».

Unser Superheld strebt nach der Herrschaft des Menschen über das Universum. Mit Hilfe seines Unternehmens SpaceX will Musk, Pardon: Gigaman, seine gigantische Starship-Rakete zum Mars schicken. Das Ziel ist die Errichtung der ersten ausserirdischen, autarken Kolonie, so dass die Menschheit selbst dann weiterleben kann, wenn die Erdbewohner es schaffen, sich selbst zu vernichten. Kurzfristig aber will Gigaman in aller Bescheidenheit nur den Planeten Erde retten. Teslas dritter Masterplan entwirft einen «Weg zu einem nachhaltigen globalen Energiesystem durch Endverbraucherelektrifizierung und nachhaltige Stromerzeugung und -speicherung».

Mit dem Tesla Model Y produziert Gigaman bereits das weltweit meistverkaufte Auto, und er schickt sich an, der grösste Autobauer der Welt zu werden. Tesla, das einzige Start-up-Konglomerat der Welt, hat sich darüber hinaus zum Ziel gesetzt, den LKW-Markt, die stationäre Stromerzeugung und Energiespeicherung, das Angebot von Schnellladestationen und das vollautonome Fahren zu dominieren.

Hasst Soros die Menschheit?

Dieser Rüstungswettlauf hat Elon Musk in Konflikt gebracht mit fünf der acht grössten Unternehmen der Welt und ihren Gründern oder Chefs – Tim Cook (Apple), Bill Gates (Microsoft), Larry Page (Alphabet-Google), Jeff Bezos (Amazon) und Mark Zuckerberg (Meta-Facebook). Gigaman braucht, wie alle Superhelden, Superbösewichte, um seine Superkräfte besonders eindrucksvoll zur Geltung zu bringen.

In der vergangenen Woche hat Musk alias Gigaman einen neuen, heimtückischen Superbösewicht ausgemacht, nämlich die Hedge-Funds-Legende George Soros («Der Mann, der die Bank von England knackte»). Der Superlinke Soros verfolge einen Masterplan zur Schwächung der Demokratie in den USA. In den vergangenen sieben Jahren sollen von ihm geförderte Super-PACs (Organisationen zur unlimitierten Wahlkampfspendensammlung) in mindestens siebzig Fällen ultralinke Bewerber für das Amt eines Bezirksstaatsanwalts finanziell unterstützt haben.

Unlängst twitterte Musk: «Soros erinnert mich an Magneto.» (Für all jene, die mit Comicfiguren nicht so vertraut sind: Magneto ist ein fiktiver Mutant, ein Holocaust-Überlebender mit übermenschlichen Fähigkeiten.) Musk argumentierte, dass Soros «die Menschheit hasst» und versuche, den Kern der Zivilisation zu zerstören, indem er illegale Einwanderung und die damit einhergehende Kriminalität unterstütze.

Obwohl Elon Musk sich selbst als Mann der Mitte bezeichnet, ist er bei der Linken verhasst.

Mit seiner Charakterisierung von Soros liegt Musk vielleicht nicht ganz falsch. George Soros, 1930 in Budapest geboren, überlebte die deutsche Besatzung Ungarns, gewiss eine schlimme Erfahrung. Sein älterer Bruder Paul, ein Ingenieur und Selfmade-Milliardär, nannte mir bei einem Dinner in Aspen, Colorado, noch einen weiteren Grund für den speziellen Charakter seines Bruders. «Der arme George war immer das schwarze Schaf in der Familie», sagte er. «Erst mit vierzig hat er etwas auf die Beine gestellt» (gemeint war der erste Hedge-Fund, den Soros mit vierzig Jahren gründete).

Musks vernichtendes Urteil löste einen Shitstorm aus. Aggressive linke Journalisten wie Brian Krassenstein erklärten, Musk sei ein Antisemit, weil die Comicfigur Magneto der Mutant eines Holocaust-Überlebenden sei. Musk, der sich als «Prosemit» bezeichnet, räumte selbst ein, dass sein Vergleich womöglich nicht sehr glücklich gewesen sei. Vielleicht wäre Lex Luthor, Supermans Widersacher, eine bessere Wahl gewesen.

Der berühmte amerikanische Strafverteidiger Alan Dershowitz (der es schaffte, dass mein Freund Claus von Bülow, wegen versuchten Mordes angeklagt, in allen Punkten freigesprochen wurde) eilte Musk jedoch zu Hilfe. Im Wall Street Journal schrieb er, dass Soros natürlich kritisiert werden dürfe, auch wenn er Jude sei. Mit seiner Unterstützung für Human Rights Watch und J Street habe er mehr als jeder andere «das Ansehen Israels in der Welt beschädigt». Musk dagegen sei «nicht antiisraelisch oder antijüdisch eingestellt». Dershowitz fügte hinzu, dass Soros wegen seiner finanziellen Unterstützung für linke US-Staatsanwälte ein «schädlicher Einfluss» sei.

Gigaman ist, genau wie Batman in Gotham City, eine polarisierende Figur. Obwohl Elon Musk, der sich selbst als Mann der Mitte bezeichnet, bei der letzten Präsidentenwahl für Sleepy Joe gestimmt hat, ist er bei der Linken verhasst. Mit seiner Übernahme von Twitter hat er die Dominanz ultralinker Kräfte in den sozialen Netzwerken zurückgedrängt. Für die Eigentümer etablierter Plattformen ist er genau das, was Fox einst für die etablierten Fernseh- und Kabelsender war.

Tatsächlich hat Musk, indem er drei Viertel der woken Mitarbeiter von Twitter entlassen hat, die Plattform wieder zum offenen Ort für Debatten in der westlichen Welt gemacht. Und die Veröffentlichung der Twitter-Files bewies, dass Donald Trump mit seiner Beschwerde, das FBI und der deep state hätten sich zu seiner Amtsenthebung verschworen, nicht ganz unrecht hatte. Trump und andere Ausgestossene wie Jordan Peterson bekamen die Möglichkeit, ihren Twitter-Account wieder zu betreiben. Und Musk durchkreuzte den Versuch, Amerikas bekanntesten TV-Moderator, Tucker Carlson, mundtot zu machen. Carlson wird nunmehr auf Twitter seine eigene Nachrichtensendung präsentieren. In den letzten Wochen hat Musk weitere wichtige Nachrichten auf Twitter bekanntgegeben, etwa die, dass Ron DeSantis 2024 als Präsidentschaftskandidat antreten wird.

Ayn Rands Heroen

Soros mag seine Stiftung Open Society Foundations fördern, aber der wahre Verteidiger der offenen Gesellschaft ist Musk alias Gigaman. Wie die linke Anwältin Ellen Beth Gill bemerkte, «scheint Musk die Fantasiewelten von [Ayn] Rand verinnerlicht zu haben», die in ihren libertären Meisterwerken «Der Ursprung» und «Der freie Mensch» vorgestellt werden. Gigaman verkörpert beispielhaft Ayn Rands Heroen, die für den Individualismus stehen und gegen verknöchertes Unternehmertum kämpfen. Wie John Galt, der geheimnisvolle Held von «Der freie Mensch», so ist Gigaman der Superheld, der uns mit seiner Übernahme von Twitter vor der woken Kultur bewahren könnte, die inzwischen alles dominiert – den Staat, den deep state, führende Unternehmen, den Bildungssektor und die Medien.

Unser Superheld ist ein unerschrockener Verteidiger der Meinungsfreiheit. Letzte Woche erklärte er in einem CNBC-Interview: «Ich werde immer sagen, was ich sagen möchte, und wenn das zur Konsequenz hat, dass ich Geld verliere – meinetwegen.»

Gigaman gegen Magneto mag nur ein amüsantes Scharmützel zwischen Milliardären sein, aber die Geschichte hat einen ernsten Aspekt. Mit Tesla dürfte Elon Musk eine technologische Transformation der Welt angestossen haben. Aber bedeutsamer ist sein Gigantenkampf auf Twitter gegen die Superschurken, die bestrebt sind, dem Westen eine linke woke Monokultur aufzuzwingen.

Aus dem Englischen von Matthias Fienbork