Politisch, propagandistisch und medial verlaufen Gaza-Konflikt und Ukraine-Krieg nach demselben Muster: Vernunft und Verstand sind ausgeknipst, es regieren Emotionen: Hass, Trauer, Verzweiflung, Wut, Rache, Treueschwüre.

Ursachen, Wurzeln, Hintergründe werden ebenso negiert wie geografische, historische und demografische Realitäten: Israel wird weiter eine jüdische Insel in einem arabischen Meer, Russland immer noch Nachbar der Ukraine und Europas sein.

Experten werden, wenn sie Glück haben, ignoriert. Eher trifft sie der Bannstrahl der politisch Unbeleckten, aber dafür Korrekten.

Doch nun haben sich die Fachleute zu Wort gemeldet: Sowohl in Brüssel als auch in Washington machen Spitzenbeamte und Diplomaten Front gegen die Politik.

842 Mitarbeiter der EU-Kommission und anderer Institutionen haben einen Brandbrief unterschrieben, in dem sie Ursula von der Leyen vorwerfen, dass sie mit ihrer bedingungslosen und mit niemandem abgesprochenen Unterstützung Israels «der Beschleunigung und Legitimierung eines Kriegsverbrechens im Gazastreifen freie Hand gibt».

Die Irish Times, die den Brief veröffentlichte, spricht von «Zorn» der Diplomaten und Experten auf die Kommission, die angesichts der «Gleichgültigkeit» gegenüber dem «Massaker an Zivilisten» in Gaza kaum mehr die Werte der EU erkennen könnten.

«Uns betrüben die Doppelstandards, nach denen die Blockade (von Wasser und Treibstoff) durch Russland für Ukrainer als Terrorakt bewertet wird, während die identische Handlung Israels gegen die Bevölkerung von Gaza komplett ignoriert wird», heisst es weiter.

Ähnlich sehen Diplomaten und Aussenpolitiker in den USA die Haltung der Regierung Biden. Von Regierungsbeamten erfuhr die Huffington Post, dass sich im Amt von Aussenminister Antony Blinken «auf allen Ebenen eine Meuterei zusammenbraut». Man habe den Eindruck, dass der Minister und sein engstes Team den Rat der Fachleute bewusst ignoriere, schreibt die Huff Post.

Nach diesen Angaben bereiten die Diplomaten ein sogenanntes Dissenskabel vor. Eingeführt im Vietnamkrieg, wird mit solchen Aktennotizen Widerspruch gegen die offizielle Aussenpolitik dokumentiert, wenn sie eine gefährliche und selbstzerstörerische Wendung nimmt. Letzte Woche legte ein ranghoher Beamter des Aussenministeriums, Josh Paul, sein Amt aus Protest gegen die Nahostpolitik Blinkens und Bidens nieder.

Werden sich die Diplomaten, Experten und Spitzenbeamten durchsetzen?

Diese Frage kann wohl jeder selbst beantworten.