Olaf Scholz wollte «Abschiebungen im grossen Stil», nachdem im Herbst des vergangenen Jahres Antisemiten die Strassen unsicher machten. Nach dem Anschlag von Solingen, bei dem drei Menschen starben, verlangte er, dass «die erst kürzlich beschlossenen strengeren Regelungen zur Abschiebung künftig auch konsequent umgesetzt werden. Notfalls sollten Rückführungen mit rechtlichen Regelungen weiter beschleunigt werden».

Wahrscheinlich weiss der Kanzler nicht, was derweilen seine Minister und Beauftragten so treiben. Von 2016 bis 2022 jedenfalls hat die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration die Plattform «Handbook Germany» mit dem Projekt «Informationsplattform für Flüchtlinge» gefördert. Seit 2023 gibt es das Folgeprojekt «Handbook Germany: Together – zentrale digitale Anlaufstelle».

Es bekommt zusätzlich Geld vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (Amif) der EU sowie vom Bundesinnenministerium, das von der SPD-Politikerin Nancy Faeser geleitet wird. Gemäss unbestätigten Berichten sind 1,7 Millionen Euro in das Projekt geflossen. Auch Faeser ist seit kurzem eine Abschiebe-Befürworterin: Sie kündigte eine «Verschärfung des Aufenthaltsrechts» an.

Da passt die Förderung des «Handbook Germany» nicht wirklich ins Bild. Dort hat der Verein «Neue deutsche Medienmacher*innen» auf neun Sprachen von Russisch bis Persisch unter anderem Tipps zusammengestellt, wie Betroffene ihre Abschiebung verhindern können. So gelangt man etwa mit vier Klicks auf ein «Widerspruchsformular», mit der rechtskräftig abgeschobene Migranten noch Stunden vor der Abschiebung Widerspruch einlegen können, was das Verfahren in der Regel um Monate verzögert. «Die Kosten zahlt der Beklagte», steht auf dem Formular – also der Staat und seine Steuerzahler. Auch der Hinweis, dass eine Familie nicht abgeschoben werden kann, bei der zum Zeitpunkt der Massnahme mindestens ein minderjähriges Kind gerade nicht auffindbar ist, dürften abgelehnte Asylbewerber dankend aufnehmen. Es fehlt auch nicht der Hinweis, dass ein Wiedereinreiseverbot stets befristet sein muss, ansonsten sei es rechtswidrig und die ganze Sache damit unwirksam.

Angesprochen auf die Inhalte lässt die Beauftragte für Migration, Reem Alabali-Radovan, mitteilen, dass dafür «Handbook Germany» verantwortlich sei. Von dort heisst es: «Mit unserem Projekt möchten wir echte Teilhabe und Chancengleichheit für Zugewanderte von Anfang an ermöglichen.» Klar wird: Von «Abschiebungen im grossen Stil», wie es Scholz’ Ansage ist, hält da niemand etwas.