«Liebe Musliminnen und Muslime, der Islam als Religion und Sie als Menschen gehören zur Schweiz», twitterte Bundesrat Beat Jans vergangene Woche im Rahmen des Fastenbrechens.

Kurz darauf sah sich der Tages-Anzeiger berufen, Jans’ These zu untermauern. Und zwar mit geradezu artistischen Verrenkungen. «Ja, der Islam gehört tatsächlich zur Schweiz», schreibt Fabian Renz. Denn islamische Gelehrte hätten durch Übersetzungen antiker Texte im Mittelalter «den Aufbau der europäischen Forschungstradition» ermöglicht. Die Islam-Eloge des Tages-Anzeigers gipfelt in der reisserischen bis kopflosen Gleichung «Ohne Islam keine Wissenschaft».

Tatsächlich haben muslimische Forscher im Mittelalter Beiträge zur Bewahrung und Entwicklung naturwissenschaftlicher und philosophischer Grundlagen geleistet. Doch der überwiegende Teil des griechisch-römischen Fundus lag bereits lange vor der Entstehung des Islam in den Händen christlicher Mönche, die ihn in den Klosterbibliotheken Europas bewahrten, kopierten und erweiterten.

Schulen, Universitäten und moderne Forschungseinrichtungen sind das Erbe christlicher Kloster- und Kathedralschulen. Buchdruck, Dampfmaschine, Impfungen, Verbrennungsmotor, Elektrizität, Penicillin, Kernspaltung und Menschenrechte wurden in christlichen Ländern von Christen entwickelt.

Seit Jahrhunderten lassen christliche Länder die muslimische Welt punkto Wissenschaft und Innovation weit hinter sich. Der Islam kann also bei aller Begeisterung für fremde Kulturen nicht als Fundament für Wissenschaft bezeichnet werden.

Auch auf die Schweiz hatte der Islam historisch-kulturell höchstens einen marginalen Einfluss. Die Schweiz zeichnet sich durch persönliche Freiheit, Individualismus, religiöse Toleranz und Säkularismus aus – Werte, die nicht in Mekka ihren Ursprung haben, sondern in Jerusalem.

Aber es dürfte wohl eher ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen, als dass der Tages-Anzeiger das christliche Erbe der Schweiz anerkennt.