Auf den Strassen stehen Hunderttausende von Demonstranten, und wenn man den deutschen Medien glaubt, dann ist die Machtübernahme der Nazis nur noch eine Frage von Stunden. In diesem erregten Umfeld setzte Caren Miosga mit ihrer neuen ARD-Talkshow am Sonntagabend einen angenehmen Kontrapunkt. Ihr Gespräch mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz war eher im Stil eines Kaminfeuer-Dialogs gehalten, der Gast durfte ausreden, der Gast wurde nicht niedergemacht, man lachte immer mal wieder, und das Gespräch hatte dennoch oder gerade deshalb Substanz.

Caren Miosga, die Nachfolgerin von Anne Will, machte das sehr gut. Sie agierte, wie man sich eine abgeklärte Journalistin vorstellt. Sie stellte Fragen, auch kritische Fragen, aber sie tat dies stets in freundlichem Ton und unterschied sich dadurch deutlich von der inquisitorischen Verbissenheit, die bei anderen Talkshows von Markus Lanz bis Louis Klamroth in Deutschland inzwischen üblich ist.

Und Miosga blieb stets distanziert, auch beim Thema AfD, bei dem der normale ARD-Journalist zu sofortiger Schaumbildung vor dem Munde neigt. Dies unterschied sie auch von ihrer Vorgängerin Anne Will, bei der man mitunter nicht so genau wusste, ob nun eine Journalistin oder eine Regierungssprecherin der Ampel die Diskussion führte.

«Die Nazikeule bringt uns nicht weiter», sagte Friedrich Merz in der Sendung. Er bezog sich auf die Politik, aber der Satz trifft auf den Journalismus genauso zu. Insofern lieferte Caren Miosga eine einwandfreie Premiere ab. Sie fand einen gelassenen wie verbindlichen Stil, der im öffentlichen Rundfunk selten geworden ist. Man wünscht sich mehr davon.