Friedrich Merz plant den grössten Trick in der Finanzgeschichte der Bundesrepublik Deutschland: Er will einen gigantischen Schuldenberg aufbauen, den er allerdings mit den Mehrheitsverhältnissen, wie sie aufgrund der Bundestagswahl demnächst im Parlament herrschen werden, niemals genehmigt bekommen wird.

Deswegen will er die letzte Sitzung des abtretenden Parlaments nutzen, um seinen Schuldentsunami durchzuboxen – was sogar klappen könnte. Eine krassere Missachtung dessen allerdings, was Wählerinnnen und Wähler mit ihrer jüngsten Entscheidung zum Ausdruck gebracht haben, lässt sich kaum ausdenken.

Was Merz vorhat und wozu ihm die SPD als künftiger Koalitionspartner den Steigbügel hält, sieht so aus: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die der Wahlkämpfer Merz bisher stets im Grundsatz verteidigt hatte, soll ausgehebelt werden, indem Verteidigungsausgaben aus dem Plan herausgenommen werden. Geld dafür steht dann unbegrenzt zur Verfügung.

Die Summen dafür will sich der Staat letztlich bei der Wirtschaft leihen, die dafür neben Zinsen auch ein Infrastrukturpaket in Aussicht gestellt bekommt. Dafür sollen Kredite in Höhe von 500 Milliarden Euro aufgenommen werden. Sie fliessen in ein sogenanntes Sondervermögen und sind damit auch von jeder Schuldenregel ausgenommen.

Zum Vergleich: Das allein ist mehr als das Volumen eines Bundeshaushalts und mehr als ein Zehntel des deutschen Bruttoinlandsprodukts.

Weil das ganze natürlich nicht verfassungsgemäss ist, muss Merz das Grundgesetz ändern, wofür er eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament benötigt. Die haben die Koalitionäre in spe, Union und SPD, aber bei weitem nicht.

Im alten Bundestag allerdings verfügen SPD, Grüne und CDU, CSU noch über so eine Mehrheit. Sie fand sich bisher bloss nie zusammen, weil im alten Bundestag die Union ja noch ihre Oppositionsrolle spielte. Dass es wirklich nur ein Spiel war, zeigt sich jetzt.

Im neuen Bundestag wären Union und SPD für eine Zwei-Drittel-Mehrheit auf AfD oder Linke angewiesen – diese haben eine sogenannte Sperrminorität und können Grundgesetzänderungen blockieren. Beide Parteien lehnen eine Grundgesetzänderung für neue Schulden ab. Deshalb muss der alte Bundestag jetzt nochmal ran.

Verfassungsrechtlich ist eine Grundgesetzänderung durch Beschluss des alten Parlaments auch nach der Wahl zum neuen möglich, weil laut Gesetz die Wahlperiode des alten Bundestages erst mit Zusammentritt des neuen endet. Bis zu diesem Zeitpunkt stehen dem alten Bundestag die vollen Rechte der Volksvertretung zu.

Er kann daher mit entsprechender Mehrheit auch Verfassungsänderungen beschliessen. Eine Verfassungsänderung muss dann noch vom Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden. Da aber auch in dem Gremium ausschliesslich SPD und Unions- und grünregierte Länder vertreten sind, ist das reine Formsache.

Keine Formsache ist es jedoch, dermassen am Wähler vorbei zu regieren. Wer Merz einen Taschenspieler nennt, liegt damit nicht falsch.