Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Online-Blog Voicefromrussia.ch.

Einleitung

Moldawien hängt vom Westen ab und lässt dies gerne zu. Die moldauische Präsidentin Maia Sandu schaltete die Opposition im eigenen Land aus, welche zu grossen Teilen russlandfreundlich ist. Transnistrien, in welchem seit den neunziger Jahren 2000 russische Truppen stationiert sind, ist russisch, separatistisch und rief vor ein paar Tagen Präsident Putin um Hilfe. Der Kreml reagierte bis jetzt nicht. Die Franzosen beabsichtigen, Truppen nach Moldau und in die Ukraine zu entsenden und die amerikanischen Truppen in Rumänien sind nicht weit.

Die Zusammenhänge erläutert kaum jemand, aber da braut sich etwas zusammen, das die militärischen Pläne Russlands empfindlich stören und zu einer kritischen Eskalation zwischen der Nato und Russland führen könnte.

In diesem Artikel werden wir kurz die Hintergründe in Moldau beschreiben und die zurzeit absehbare Strategie der russischen Armee in der Ukraine erörtern. Danach analysieren wir die möglichen Schritte, welche der Westen in Moldau einleiten könnte. Schliesslich weisen wir darauf hin, wie gefährlich die Situation ist und warum es möglich ist, dass amerikanische und französische Truppen in einen direkten Konflikt mit Russland geraten könnten, ohne Artikel 5 der Nato-Charta auszulösen.

Hintergrund

Das ethnisch sehr heterogene Gebiet des historischen Moldawiens ist seit Jahrhunderten ein Zankapfel verschiedenster Mächte. Auch die Auflösung der Sowjetunion 1991 brachte keine Ruhe. Nach militärischen Konflikten, welche 1992 eingefroren wurden, sind zirka 2000 russische Truppen in Transnistrien stationiert. Transnistrien ist russisch – sprachlich, ethnisch und kulturell. 2006 führte Transnistrien ein Referendum durch, bei welchem 92 Prozent für den Beitritt zur russischen Föderation stimmten – passiert ist bisher nichts.

Die 2020 an die Macht gekommene Präsidentin Maia Sandu ist seit Jahren der Liebling des Westens. Sie will Moldawien in die Nato bringen, was bis jetzt unter anderem aufgrund des ungelösten Konflikts mit Transnistrien nicht gelungen ist.

Mit dem Machtantritt von Maia Sandu erfolgte eine weitere Annäherung zum Westen. In Folge dessen versuchte Maia Sandu, die gesamte Opposition auszuschalten. Die Opposition sowie weite Teile der Bevölkerung (80 Prozent der Moldawier sprechen Russisch) sind an freundschaftlichen, normalen Beziehungen mit Russland interessiert – die rumänische Staatsbürgerin Maia Sandu nicht.

Der Kurs Maia Sandus ist ausgerichtet auf eine «Rumänisierung» sowie einen Anschluss des Landes an Rumänien, das seit 2004 der Nato angehört. Im Juni 2023 verbot sie die grösste Oppositionspartei SOR mit durchsichtigen Begründungen. Diese wurde inzwischen aufgelöst.

Noch im Mai 2020 gewann die SOR demokratisch die Mehrheit im weitgehend autonomen Gagausien, das ebenfalls russischsprachig ist und 2014 in einem Referendum beschloss, Teil der russischen Zollunion zu werden. Auch dies wurde durch die moldauische Regierung blockiert.

Im November 2023 verlor die regierende Partei von Maia Sandu ein Drittel der Stimmen bei den Kommunalwahlen in Moldawien im Vergleich zu den letzten Wahlen. Im Januar 2024 sprach Sandu von einem drohenden Staatsstreich und forderte zusätzliche Vollmachten für die Geheimdienste. Danach wurden Dutzende von Regierungsgegnern verhaftet und Radio- und Fernsehstationen geschlossen.

Seit Januar 2024 werden zusätzliche Gebühren und Zölle für Einfuhren nach Transnistrien erhoben, was zu einer katastrophalen wirtschaftlichen Situation in Transnistrien führte.

Am 28. Februar 2024 wandte sich Transnistrien offiziell an Russland und bat um Hilfe, um sich des nicht mehr tragbaren Drucks aus Moldau zu erwehren. Bis jetzt hat Russland nicht reagiert.

Anfang März 2024 kündigte Präsidentin Sandu den KSE-Vertrag über die Begrenzung konventioneller Rüstungen, welcher 1990 geschlossen worden war. Die Kündigung ermöglicht insbesondere auch dritten Staaten die unbegrenzte Stationierung von konventionellen Waffen auf dem Territorium Moldaus.

Daraufhin hat die Nato Moldau umgehend militärische Hilfe zugesichert für den Fall, dass die russischen Truppen in Transnistrien Moldau angreifen sollten.

Wir erwarten, dass Nato-Länder in Kürze Truppenkontingente nach Moldau entsenden werden. Frankreich hat vor wenigen Tagen mit Moldau einen Vertrag über Trainings- und Ausbildungsleistungen geschlossen.

Russland in der Zwickmühle

Die russische Militäroperation in der Ukraine hat seit dem Fall von Awdijiwka Fahrt aufgenommen. Das Vorstossen der russischen Truppen nach Westen erfährt immer schwächeren Widerstand, da die stark befestigten Stellungen der Ukrainer im Donbass überwunden sind.

Aufgrund von Truppenbewegungen im Norden der Ukraine ist davon auszugehen, dass das nächste grosse Ziel der Russen die Einnahme von Charkow ist. In Charkow brechen die Immobilienpreise ein, und Tausende von Familien verlassen die Stadt. Präsident Selenskyj ruft dazu auf, nicht nach Charkow zurückzukehren, und Dutzende von Städten und Dörfern nördlich von Charkow werden von Zivilisten zwangsgeräumt.

All dies deutet darauf hin, dass Russland seine Kräfte im Norden des Landes bündelt und somit gleichzeitig keine grösseren militärischen Offensiven gegen Odessa geplant sind.

Da Transnistrien als Binnenland komplett umschlossen wird von Moldau und der Ukraine, verfügt Russland über keinerlei direkten territorialen Zugang, um das Truppenkontigent von lediglich 2000 Soldaten aufzustocken oder um zivile Güter nach Transnistrien zu verschieben.

Die südliche Grenze Transnistriens liegt zirka 45 Kilometer von Odessa entfernt. Somit hat Russland zwei Alternativen: 1) Russland könnte Transnistrien aus der Luft versorgen, was äussert ineffizient und gefährlich wäre, da man davon ausgehen muss, dass die Nato bereits Luftabwehrmittel in dieser Gegend massiert hat. 2) Russland könnte, anstatt Charkow anzugreifen, die Hauptstossrichtung nach Odessa verschieben. Um Odessa einzunehmen, müssten die Russen über Cherson-Mykolajiw vorstossen; beide Städte sind jedoch immer noch in der Hand der Ukrainer, und somit würde diese Offensive Monate dauern.

Dazu kommt, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Freitag, 8. März, der Ukraine zugesichert hat, französische Truppen zu entsenden, falls Russland Richtung Kiew und Odessa vorgehen sollte.

Direkter Nato-Russland-Konflikt zum Greifen nah

Russland macht zwar sehr grosse militärische Fortschritte in der Ukraine, und der Fall von Charkow ist wahrscheinlich zeitnah. Charkow ist die zweitgrösste Stadt der Ukraine, verfügt jedoch über praktisch keine Befestigungen, wie Bachmut und Awdijiwka diese hatten. Die Vorgänge vor Ort – der Aufruf Selenkyjs, der Auszug vieler Familien aus Charkow und die zwangsweise Räumung von Ortschaften nördlich von Charkow – sind klare Indizien dafür.

Mit der baldigen Entsendung von Truppen aus Frankreich und den USA nach Moldau, verbunden mit der Ankündigung Macrons, Truppen im Falle eines militärischen Vorgehens Russlands gegen Odessa oder Kiew zu entsenden, ist es dem Westen gelungen, eine mögliche Eskalationsspirale anzuschieben.

Besonders gefährlich ist die Situation, weil der Westen auf diese Weise einen direkten militärischen Konflikt mit Russland auslösen könnte, ohne dass Artikel 5 der Nato-Charta greift, da Moldau kein Nato-Mitglied ist.

Fazit

Der Westen versucht, die militärischen Erfolge Russlands in der Ukraine mit allen Mitteln zu verhindern. Aus westlicher Sicht scheint die Provokation eines direkten militärischen Konflikts mit Russland um Transnistrien ein probates Mittel, denn dieser Konflikt würde nach Ansicht des Westens die militärischen Kräfte Russlands überdehnen und einen militärischen direkten «Probekonflikt» der Nato gegen Russland realisieren, ohne einen Weltkrieg heraufzubeschwören.

Fakt ist jedoch, dass dieses Vorgehen eine Eskalation bedeuten würde, deren Kontrolle der Nato entgleiten könnte. 1914 lässt grüssen.