Manchmal bringt das Düstere auch Rettendes hervor.

Doch der Reihe nach: Derweil die Säuberer wieder unterwegs sind, geradezu kindisch Karl Mays Wild-West-Fiktionen verbannen und politisch glattbügeln wollen, haben sich auch in der akademischen Juristen-Szene die selbsternannten Schädlingsbekämpfer ermutigt gefühlt, missliebige Autoren zu tilgen – wie weiland Stalin abweichende Kampfgenossen von den Zeugnissen des grossen sozialistischen Kampfes.

Rechtsprofessor Stefan Huster (58) von der Uni Bochum, alt genug, um die Lehren des mörderischen 20. Jahrhunderts gelernt zu haben, forderte in einem Gastbeitrag in der FAZ, den langjährigen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maassen (59) als Kommentator des Grundgesetzes aus der Autorenliste eines rechtswissenschaftlichen Standardwerks streichen zu lassen.

Der Grund: Tweets von Maassen etwa über die Energiekrise und andere politische Äusserungen.

All das könnte man als müffelnde Moorblase des Zeitgeists abtun, wenn dahinter nicht die so übel erfahrene Tradition von Kammern und intellektuellen Karrieristen aufschiene, Kollegen anzuschwärzen, aus dem Weg zu räumen, deren Namen zu tilgen, sie unsichtbar zu machen und mit ideologischem Kehraus zu erreichen, was im wissenschaftlichen Diskurs nicht gelingt: allein etwas mehr zu strahlen.

Die Herausgeber des Grundgesetzkommentars haben jetzt ein erfrischendes Zeichen klaren Kopfes und Kompasses gesetzt: «Maassens Kommentierungen von Art. 16 und 16a GG im Beck-OK GG sind lege artis und in keiner Weise rechtswissenschaftlich zu beanstanden. Es gibt daher auch keine rechtliche Handhabe, Herrn Maassen aus dem Autorenkreis auszuschliessen.»

Und auch der Beck-Verlag bleibt klar: «Als juristischer Fachverlag stehen wir für eine pluralistische und freie wissenschaftliche Diskussionskultur, solange sich diese im verfassungsrechtlichen Rahmen bewegt.»

Ein schönes Zeichen!

Man könnte erleichtert aufatmen, wenn man für einen Augenblick vergässe, dass es in einer freiheitlichen Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts nottut, dass solches überhaupt gesagt und betont werden muss.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.