Diese Rede heilt Russlands PrĂ€sident Wladimir Putin am 14. Juni 2024. Die Onlineplattform Anti-Spiegel von Journalist Thomas Röper ĂŒbersetzte seinen neuen Friedensplan ins Deutsche. Wir dokumentieren den Beitrag im Wortlaut.

Sehr geehrte Kollegen, guten Tag!

Ich freue mich, Sie alle begrĂŒssen zu dĂŒrfen, und möchte Ihnen zu Beginn unseres Treffens und GesprĂ€chs fĂŒr Ihre harte Arbeit im Interesse Russlands und unseres Volkes danken.

Wir haben uns Ende 2021, im November, in so grosser Runde getroffen. Seitdem haben sich im Land und in der Welt ohne Übertreibung viele entscheidende und folgenschwere Ereignisse ereignet. Daher halte ich es fĂŒr wichtig, die aktuelle Situation in globalen und regionalen Angelegenheiten zu bewerten und die entsprechenden Aufgaben fĂŒr das Aussenministerium festzulegen. Alle diese Aufgaben sind dem Hauptziel untergeordnet: die Bedingungen fĂŒr eine nachhaltige Entwicklung des Landes zu schaffen, seine Sicherheit zu gewĂ€hrleisten und das Wohlergehen der russischen Familien zu verbessern.

Die Arbeit in diesem Bereich erfordert in der heutigen komplexen und sich schnell verĂ€ndernden RealitĂ€t von uns allen eine noch stĂ€rkere Konzentration der Anstrengungen, Initiative, Ausdauer und die FĂ€higkeit, nicht nur auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren, sondern auch unsere eigene – und langfristige – Agenda zu gestalten, gemeinsam mit unseren Partnern VorschlĂ€ge zu unterbreiten und in einer offenen und konstruktiven Diskussion Lösungsmöglichkeiten fĂŒr die grundlegenden Fragen zu erörtern, die nicht nur uns, sondern die gesamte Weltgemeinschaft betreffen.

Ich wiederhole: Die Welt verĂ€ndert sich schnell. Sie wird in der globalen Politik, in der Wirtschaft und im technologischen Wettbewerb nicht mehr wie frĂŒher sein. Immer mehr Staaten sind bestrebt, ihre SouverĂ€nitĂ€t, ihre Autarkie, ihre nationale und kulturelle IdentitĂ€t zu stĂ€rken. Die LĂ€nder des globalen SĂŒdens und Ostens rĂŒcken in den Vordergrund und die Rolle Afrikas und Lateinamerikas wĂ€chst. Seit den Zeiten der Sowjetunion haben wir immer von der Bedeutung dieser Regionen der Welt gesprochen, aber heute ist die Dynamik eine ganz andere, und das merkt man. Auch in Eurasien, wo eine Reihe von gross angelegten Integrationsprojekten aktiv umgesetzt wird, hat sich das Tempo der Transformation deutlich beschleunigt.

Auf der Grundlage eben dieser neuen politischen und wirtschaftlichen RealitĂ€t bilden sich heute die Konturen einer multipolaren und multilateralen Weltordnung heraus, und das ist ein objektiver Prozess. Er spiegelt die kulturelle und zivilisatorische Vielfalt wider, die dem Menschen trotz aller Versuche einer kĂŒnstlichen Vereinheitlichung organisch innewohnt.

Diese tiefgreifenden systemischen VerÀnderungen geben zweifellos Anlass zu Optimismus und Hoffnung, denn die Durchsetzung der GrundsÀtze der MultipolaritÀt und des Multilateralismus in den internationalen Angelegenheiten, einschliesslich der Achtung des Völkerrechts und einer breiten ReprÀsentativitÀt, ermöglicht es, die komplexesten Probleme zum gemeinsamen Nutzen zu lösen und im Interesse des Wohlergehens und der Sicherheit der Völker Beziehungen und eine Zusammenarbeit zwischen souverÀnen Staaten zum gegenseitigen Nutzen aufzubauen.

Diese Vorstellung von der Zukunft entspricht den Bestrebungen der grossen Mehrheit der LÀnder der Welt. Wir sehen das unter anderem am wachsenden Interesse an der Arbeit einer so universellen Vereinigung wie den Brics, die auf einer besonderen Kultur des vertrauensvollen Dialogs, der souverÀnen Gleichheit der Teilnehmer und des gegenseitigen Respekts beruht. Im Rahmen des russischen Vorsitzes in diesem Jahr werden wir die reibungslose Aufnahme der neuen Brics-Mitglieder in die Arbeitsstrukturen des Verbandes erleichtern.

Ich fordere die Regierung und das Aussenministerium auf, die inhaltliche Arbeit und den Dialog mit unseren Partnern fortzusetzen, damit wir auf dem Brics-Gipfel im Oktober in Kasan eine Reihe von BeschlĂŒssen fassen können, die die Richtung fĂŒr unsere Zusammenarbeit in den Bereichen Politik und Sicherheit, Wirtschaft und Finanzen, Wissenschaft, Kultur, Sport und humanitĂ€re Beziehungen vorgeben werden.

Generell glaube ich, dass die Brics aufgrund ihres Potenzials in der Lage sein werden, zu einer der zentralen Regulierungsinstitutionen der multipolaren Weltordnung zu werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die internationale Diskussion ĂŒber die Parameter der Zusammenarbeit zwischen den Staaten in einer multipolaren Welt und ĂŒber die Demokratisierung des gesamten Systems der internationalen Beziehungen natĂŒrlich bereits lĂ€uft. So haben wir mit unseren Kollegen in der Gemeinschaft UnabhĂ€ngiger Staaten ein gemeinsames Dokument ĂŒber internationale Beziehungen in einer multipolaren Welt vereinbart und verabschiedet. Wir haben unsere Partner eingeladen, ĂŒber dieses Thema auf anderen internationalen Plattformen zu sprechen, vor allem im Rahmen der Shanghaier Organisation fĂŒr Zusammenarbeit und der Brics.

Wir sind daran interessiert, dass dieser Dialog innerhalb der Vereinten Nationen ernsthaft gefĂŒhrt wird, auch ĂŒber ein so grundlegendes Thema, das fĂŒr alle von entscheidender Bedeutung ist, wie die Schaffung eines Systems der unteilbaren Sicherheit. Mit anderen Worten, die Verankerung des Grundsatzes im internationalen Umgang, dass die Sicherheit der einen nicht auf Kosten der Sicherheit der anderen gewĂ€hrleistet werden darf.

Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die Weltgemeinschaft am Ende des 20. Jahrhunderts, nach dem Ende der akuten militĂ€risch-ideologischen Konfrontation, die einmalige Chance hatte, eine verlĂ€ssliche und gerechte Ordnung im Bereich der Sicherheit zu schaffen. Dazu bedurfte es nicht viel – lediglich der FĂ€higkeit, die Meinungen aller interessierten Parteien anzuhören, und der gegenseitigen Bereitschaft, sie zu berĂŒcksichtigen. Unser Land war entschlossen, genau diese Art von konstruktiver Arbeit zu leisten.

Es herrschte jedoch ein anderer Ansatz vor. Die westlichen MĂ€chte, allen voran die USA, meinten, den Kalten Krieg gewonnen und das Recht zu haben, selbst zu bestimmen, wie die Welt organisiert werden sollte. Praktischer Ausdruck dieser Sichtweise war das Projekt der unbegrenzten rĂ€umlichen und zeitlichen Ausdehnung des nordatlantischen Blocks, obwohl es natĂŒrlich auch andere Ideen gab, wie die Sicherheit in Europa gewĂ€hrleistet werden könnte.

Unsere berechtigten Fragen wurden mit Ausreden in dem Geiste beantwortet, dass niemand Russland angreifen werde und dass die Nato-Erweiterung nicht gegen Russland gerichtet sei. Die Versprechungen, die Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre gegenĂŒber der Sowjetunion und dann gegenĂŒber Russland gemacht wurden, keine neuen Mitglieder in den Block aufzunehmen, wurden einfach vergessen. Und selbst wenn sie sich daran erinnerten, verwiesen sie höhnisch darauf, dass diese Zusicherungen mĂŒndlich gegeben wurden und daher nicht bindend waren.

Sowohl in den 1990er Jahren als auch spĂ€ter haben wir stets auf den von den westlichen Eliten gewĂ€hlten Irrweg hingewiesen; wir haben nicht nur kritisiert und gewarnt, sondern Optionen und konstruktive Lösungen angeboten und betont, wie wichtig es ist, einen Mechanismus fĂŒr die Sicherheit in Europa und in der Welt zu entwickeln, der allen – ich möchte das betonen, allen – gerecht wird. Eine einfache AufzĂ€hlung der Initiativen, die Russland im Laufe der Jahre vorgebracht hat, wĂŒrde mehr als einen Absatz erfordern.

Erinnern wir uns zumindest an die Idee des Vertrages ĂŒber die europĂ€ische Sicherheit, die wir bereits 2008 vorgeschlagen haben. Die gleichen Themen wurden in dem Memorandum des russischen Aussenministeriums angesprochen, das den USA und der Nato im Dezember 2021 ĂŒbergeben wurde.

Aber alle unsere Versuche – und wir haben zahlreiche Versuche unternommen, die ich hier nicht alle aufzĂ€hlen kann -, unsere GesprĂ€chspartner zur Vernunft zu bringen, ErklĂ€rungen, Ermahnungen, Warnungen und Bitten unsererseits sind auf keinerlei Resonanz gestossen. Die westlichen LĂ€nder, die nicht nur davon ĂŒberzeugt sind, im Recht zu sein, sondern auch von ihrer Macht, von ihrer FĂ€higkeit, dem Rest der Welt alles aufzuzwingen, haben andere Meinungen einfach ignoriert. Bestenfalls haben sie vorgeschlagen, ĂŒber NebensĂ€chlichkeiten zu diskutieren, die eigentlich nichts gelöst hĂ€tten, oder ĂŒber Themen, die nur fĂŒr den Westen vorteilhaft waren.

In der Zwischenzeit wurde schnell klar, dass das westliche Schema, das als das einzig richtige zur GewĂ€hrleistung von Sicherheit und Wohlstand in Europa und der Welt verkĂŒndet wurde, nicht wirklich funktionierte. Erinnern wir uns an die Tragödie auf dem Balkan. Die inneren Probleme, die sich im ehemaligen Jugoslawien angehĂ€uft hatten, wurden durch die grobe Einmischung von aussen noch deutlich verschĂ€rft. Schon damals zeigte sich das Hauptprinzip der Nato-Diplomatie, das bei der Lösung komplexer innerer Konflikte zutiefst fehlerhaft und erfolglos ist, in seiner ganzen Pracht, nĂ€mlich eine der Parteien, die man aus irgendeinem Grund nicht besonders mag, aller SĂŒnden zu beschuldigen und alle politische, mediale und militĂ€rische Macht, Wirtschaftssanktionen und BeschrĂ€nkungen auf sie loszulassen.

Wie wir sehr gut wissen, wurden gleichen Methoden danach in verschiedenen Teilen der Welt angewandt: Irak, Syrien, Libyen, Afghanistan und so weiter, und sie brachten nichts anderes als eine VerschÀrfung der bestehenden Probleme, gebrochene Schicksale von Millionen von Menschen, die Zerstörung ganzer Staaten, die Ausweitung humanitÀrer und sozialer Katastrophen und terroristische Enklaven. Im Grunde ist kein Land der Welt davor gefeit, in diese traurige Liste aufgenommen zu werden.

So versucht der Westen nun, sich dreist in die Angelegenheiten des Nahen Ostens einzumischen. Einst hatten sie ein Monopol in dieser Gegend, und das Ergebnis ist heute allen klar und offensichtlich.

Der SĂŒdkaukasus und Zentralasien: Vor zwei Jahren wurde auf dem Nato-Gipfel in Madrid angekĂŒndigt, dass sich das BĂŒndnis nun nicht nur mit Sicherheitsfragen im euro-atlantischen, sondern auch im asiatisch-pazifischen Raum befassen wird. Nach dem Motto, auch dort könne man nicht ohne sie auskommen. Dahinter verbirgt sich offensichtlich der Versuch, den Druck auf die LĂ€nder in der Region zu erhöhen, deren Entwicklung sie eindĂ€mmen wollen. Wie wir wissen, steht unser Land, Russland, auf den oberen PlĂ€tzen dieser Liste.

Ich erinnere auch daran, dass es Washington war, das die strategische StabilitĂ€t untergraben hat, indem es sich einseitig aus den VertrĂ€gen ĂŒber die Raketenabwehr, ĂŒber die Abschaffung von Kurz- und Mittelstreckenraketen und ĂŒber den offenen Himmel zurĂŒckgezogen und zusammen mit seinen Nato-Satelliten das jahrzehntelange System der vertrauensbildenden Massnahmen und der RĂŒstungskontrolle in Europa zerstört hat.

Letztlich haben der Egoismus und die Arroganz der westlichen Staaten zu der heutigen, Ă€usserst gefĂ€hrlichen Situation gefĂŒhrt. Wir sind dem Punkt, an dem es kein ZurĂŒck mehr gibt, unannehmbar nahe gekommen. Der Ruf nach einer strategischen Niederlage Russlands, das ĂŒber die grössten Atomwaffenarsenale verfĂŒgt, zeigt das extreme Abenteurertum der westlichen Politiker. Entweder begreifen sie nicht das Ausmass der Bedrohung, die sie selbst darstellen, oder sie sind einfach besessen von dem Glauben an ihre eigene Straffreiheit und ihre eigene ExklusivitĂ€t. Beides kann sich als tragisch erweisen.

Offensichtlich erleben wir gerade den Zusammenbruch des euro-atlantischen Sicherheitssystems. Heute existiert es einfach nicht mehr. Es muss praktisch neu geschaffen werden. All dies erfordert, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern, mit allen interessierten LĂ€ndern – und das sind viele – unsere Optionen fĂŒr die GewĂ€hrleistung der Sicherheit in Eurasien erarbeiten und sie dann einer breiten internationalen Diskussion vorschlagen.

Dieser Auftrag wurde der in der Rede vor der Bundesversammlung gegeben. Es geht darum, in absehbarer Zeit einen Rahmen fĂŒr gleiche und unteilbare Sicherheit, fĂŒr eine fĂŒr alle Seiten vorteilhafte und gerechte Zusammenarbeit und Entwicklung auf dem eurasischen Kontinent zu formulieren.

Was muss dazu auf welchen Grundlagen getan werden?

Erstens: Es muss ein Dialog mit allen potenziellen Teilnehmern an diesem kĂŒnftigen Sicherheitssystem aufgenommen werden. Und ich bitte Sie, die notwendigen Fragen zunĂ€chst mit den Staaten auszuarbeiten, die fĂŒr eine konstruktive Zusammenarbeit mit Russland offen sind.

WĂ€hrend unseres jĂŒngsten Besuchs in China haben wir diese Fragen mit PrĂ€sident Xi Jinping erörtert. Wir stellten fest, dass der russische Vorschlag nicht im Widerspruch zu den Grundprinzipien der globalen Sicherheitsinitiative Chinas steht, sondern diese im Gegenteil ergĂ€nzt und mit ihnen voll und ganz in Einklang steht.

Zweitens ist es wichtig, von der PrĂ€misse auszugehen, dass die kĂŒnftige Sicherheitsarchitektur allen eurasischen LĂ€ndern offensteht, die sich an ihrem Aufbau beteiligen wollen. Mit «fĂŒr alle» sind natĂŒrlich auch die europĂ€ischen und die Nato-LĂ€nder gemeint. Wir leben auf einem Kontinent, egal was passiert, wir können die Geographie nicht Ă€ndern, wir werden auf die eine oder andere Weise koexistieren und zusammenarbeiten mĂŒssen.

Ja, die Beziehungen Russlands zur EU und zu einer Reihe von europĂ€ischen LĂ€ndern haben sich verschlechtert, und ich habe das schon oft betont, nicht durch unsere Schuld. Eine antirussische Propagandakampagne, an der sehr hochrangige europĂ€ische Persönlichkeiten beteiligt sind, wird von Spekulationen begleitet, dass Russland angeblich Europa angreifen wird. Ich habe mich dazu schon oft geĂ€ussert, und es ist nicht nötig, das in diesem Saal noch einmal zu wiederholen: Wir alle wissen, dass das absoluter Unsinn ist und nur eine Rechtfertigung fĂŒr ein WettrĂŒsten darstellt.

In diesem Zusammenhang erlaube ich mir eine kleine Abschweifung. Die Gefahr fĂŒr Europa geht nicht von Russland aus. Die Hauptbedrohung fĂŒr die EuropĂ€er ist die kritische und stĂ€ndig wachsende, fast totale AbhĂ€ngigkeit von den USA: im militĂ€rischen, politischen, technologischen, ideologischen und medialen Bereich. Europa wird zunehmend an den Rand der globalen wirtschaftlichen Entwicklung gedrĂ€ngt, in das Chaos der Migration und anderer akuter Probleme gestĂŒrzt und seiner internationalen SubjektivitĂ€t und kulturellen IdentitĂ€t beraubt.

Manchmal hat man den Eindruck, dass die herrschenden europĂ€ischen Politiker und Vertreter der europĂ€ischen BĂŒrokratie mehr Angst haben, in die Ungnade Washingtons zu fallen, als das Vertrauen der eigenen Bevölkerung, der eigenen BĂŒrger, zu verlieren. Das zeigen auch die jĂŒngsten Wahlen zum EuropĂ€ischen Parlament. Die europĂ€ischen Politiker schlucken DemĂŒtigungen, Grobheiten und Skandale mit der Überwachung der europĂ€ischen Staats- und Regierungschefs, wĂ€hrend die USA sie einfach fĂŒr ihre eigenen Interessen benutzen und sie zwingen, ihr teures Gas zu kaufen – ĂŒbrigens ist Gas in Europa drei- oder viermal teurer als in den USA – oder sie fordern, wie jetzt zum Beispiel, von den europĂ€ischen LĂ€ndern, die Waffenlieferungen an die Ukraine zu erhöhen. Übrigens werden diese Forderungen immer wieder gestellt. Und es werden Sanktionen gegen sie verhĂ€ngt, gegen Wirtschaftsakteure in Europa. Sie verhĂ€ngen sie, ohne sich dessen zu schĂ€men.

Jetzt zwingen sie sie dazu, die Waffenlieferungen an die Ukraine zu erhöhen und ihre KapazitĂ€ten zur Herstellung von Artilleriegranaten zu erweitern. Wer wird diese Granaten brauchen, wenn der Konflikt in der Ukraine vorbei ist? Wie kann das die militĂ€rische Sicherheit Europas gewĂ€hrleisten? Das ist unklar. Die USA selbst investieren in MilitĂ€rtechnologien, und zwar in die Technologien von morgen: in den Weltraum, in moderne Drohnen, in Angriffssysteme, die auf neuen physikalischen Prinzipien beruhen, also in die Bereiche, die in Zukunft die Art des bewaffneten Kampfes und damit das militĂ€rische und politische Potenzial der MĂ€chte, ihre Stellung in der Welt bestimmen werden. Und denen wird nun folgende Rolle zugewiesen: Geld dort zu investieren, wo die USA es brauchen. Aber das erhöht nicht das europĂ€ische Potential. Sollen sie es tun, Gott mit ihnen. FĂŒr uns ist das vielleicht sogar gut, im Grunde ist es so.

Wenn Europa eines der unabhÀngigen Zentren der Entwicklung der Welt und kultureller und zivilisatorischer Pol des Planeten bleiben will, braucht es auf jeden Fall gute und freundliche Beziehungen zu Russland, und das Wichtigste ist, dass dazu bereit sind.

Diese wirklich einfache und offensichtliche Sache haben Politiker von wirklich paneuropĂ€ischem und weltweitem Massstab gut verstanden, Patrioten ihrer LĂ€nder und Völker, die in historischen Kategorien dachten, nicht Statisten, die dem Willen und den EinflĂŒsterungen anderer folgen. Charles de Gaulle hat in den Nachkriegsjahren viel darĂŒber gesprochen. Ich erinnere mich auch gut daran, wie der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl 1991 in einem GesprĂ€ch, an dem ich persönlich teilnehmen durfte, die Bedeutung der Partnerschaft zwischen Europa und Russland hervorhob. Ich vertraue darauf, dass sich neue Generationen europĂ€ischer Politiker frĂŒher oder spĂ€ter auf dieses Erbe besinnen wird.

Was die USA selbst betrifft, so erschöpfen die andauernden Versuche der heute dort herrschenden liberal-globalistischen Eliten, ihre Ideologie mit allen Mitteln in der ganzen Welt zu verbreiten, ihren imperialen Status und ihre Vorherrschaft zu bewahren, das Land immer mehr, fĂŒhren es in den Niedergang und stehen in klarem Widerspruch zu den wahren Interessen des amerikanischen Volkes. Ohne diese Sackgasse, den aggressiven Messianismus, gemischt mit dem Glauben an die eigene AuserwĂ€hltheit und ExklusivitĂ€t, hĂ€tten sich die internationalen Beziehungen lĂ€ngst stabilisiert.

Drittens: Um die Idee eines eurasischen Sicherheitssystems zu fördern, muss der Dialog zwischen den bereits in Eurasien tĂ€tigen multilateralen Organisationen erheblich intensiviert werden. Ich beziehe mich dabei in erster Linie auf den Unionsstaat, die Organisation des Vertrags ĂŒber kollektive Sicherheit, die Eurasische Wirtschaftsunion, die Gemeinschaft UnabhĂ€ngiger Staaten und die Schanghaier Organisation fĂŒr Zusammenarbeit.

Wir sehen die Möglichkeit, dass sich diesen Prozessen in Zukunft weitere einflussreiche eurasische Vereinigungen von SĂŒdostasien bis zum Nahen Osten anschliessen werden.

Viertens: Wir glauben, dass es an der Zeit ist, eine breite Diskussion ĂŒber ein neues System bilateraler und multilateraler Garantien fĂŒr die kollektive Sicherheit in Eurasien zu beginnen. Gleichzeitig muss man langfristig die militĂ€rische PrĂ€senz externer MĂ€chte in der eurasischen Region schrittweise reduzieren.

Wir verstehen natĂŒrlich, dass diese These in der gegenwĂ€rtigen Situation unrealistisch erscheinen mag, aber das ist jetzt. Wenn wir jedoch in Zukunft ein zuverlĂ€ssiges Sicherheitssystem aufbauen, wird die PrĂ€senz nichtregionaler MilitĂ€rkontingente einfach nicht mehr nötig sein. Um ehrlich zu sein, besteht dazu heute keine Notwendigkeit – es geht nur um Okkupation, mehr nicht.

Letztlich sind wir der Meinung, dass es den Staaten und regionalen Strukturen Eurasiens obliegt, im Bereich der gemeinsamen Sicherheit konkrete Bereiche der Zusammenarbeit zu bestimmen. Auf dieser Grundlage sollten sie auch selbst ein System von funktionierenden Institutionen, Mechanismen und Vereinbarungen aufbauen, das den gemeinsamen Zielen der StabilitÀt und Entwicklung wirklich dient.

In diesem Zusammenhang unterstĂŒtzen wir die Initiative unserer weissrussischen Freunde, ein Programmdokument, eine Charta ĂŒber MultipolaritĂ€t und Vielfalt im 21. Jahrhundert zu entwickeln. Darin können nicht nur die Rahmenprinzipien der eurasischen Architektur auf der Grundlage der grundlegenden Normen des Völkerrechts formuliert werden, sondern auch, im weiteren Sinne, eine strategische Vision des Wesens und der Natur der MultipolaritĂ€t und des Multilateralismus als neues System der internationalen Beziehungen, das die westlich zentrierte Welt ablösen soll. Ich halte das fĂŒr wichtig und fordere, dass so ein Dokument mit unseren Partnern und allen interessierten Staaten grĂŒndlich ausgearbeitet wird. Ich möchte hinzufĂŒgen, dass wir bei der Erörterung solch komplexer und vielschichtiger Fragen natĂŒrlich ein Höchstmass an umfassender Vertretung und BerĂŒcksichtigung unterschiedlicher AnsĂ€tze und Positionen benötigen.

FĂŒnftens: Ein wichtiger Teil des eurasischen Sicherheits- und Entwicklungssystems sollten zweifellos wirtschaftliche Fragen, soziales Wohlergehen, Integration und eine fĂŒr alle Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit sein, die sich mit gemeinsamen Problemen wie der Überwindung von Armut, Ungleichheit, dem Klima, der Umwelt, der Entwicklung von Mechanismen zur Reaktion auf die Bedrohung durch Pandemien und Krisen in der Weltwirtschaft befasst – alles ist wichtig.

Der Westen hat durch sein Handeln nicht nur die militĂ€rische und politische StabilitĂ€t in der Welt untergraben, sondern durch Sanktionen und Handelskriege auch die wichtigsten Marktinstitutionen diskreditiert und geschwĂ€cht. Indem er den IWF und die Weltbank benutzt und die Probleme des Klimawandels verdreht hat, hat er die Entwicklung des globalen SĂŒdens abgewĂŒrgt. Er verliert im Wettbewerb, selbst nach den Regeln, die der Westen fĂŒr sich selbst aufgestellt hat, indem er prohibitive Schranken und alle Arten von Protektionismus einsetzt. So haben die USA beispielsweise die Welthandelsorganisation als Regulierungsbehörde fĂŒr den internationalen Handel aufgegeben. Alles ist blockiert. Und sie ĂŒben nicht nur Druck auf ihre Konkurrenten aus, sondern auch auf ihre Satelliten. Man braucht sich nur anzusehen, wie sie den europĂ€ischen Volkswirtschaften, die am Rande der Rezession stehen, «aussaugen».

Die westlichen LĂ€nder haben einen Teil der russischen Vermögenswerte und WĂ€hrungsreserven eingefroren. Jetzt denken sie darĂŒber nach, wie sie eine Rechtsgrundlage fĂŒr deren endgĂŒltige Aneignung schaffen können. Doch trotz aller Gaunereien wird Raub zweifellos Raub und nicht ungestraft bleiben.

Das Problem liegt sogar noch tiefer. Indem sie russische Vermögenswerte stehlen, machen sie einen weiteren Schritt zur Zerstörung des Systems, das sie selbst geschaffen haben und das ihnen jahrzehntelang ihren Wohlstand gesichert hat, ihnen erlaubt hat, mehr zu konsumieren, als sie erarbeiten, das durch Schulden und Verbindlichkeiten Geld aus der ganzen Welt angezogen hat. Jetzt wird allen LĂ€ndern, Unternehmen und Staatsfonds klar, dass ihre Vermögenswerte und Reserven alles andere als sicher sind – sowohl im rechtlichen als auch wirtschaftlichen Sinne des Wortes. Und jeder könnte der nĂ€chste sein, der von den USA und dem Westen enteignet werden könnte. Es könnten diese auslĂ€ndischen Staatsfonds sein.

Es gibt schon jetzt ein wachsendes Misstrauen gegenĂŒber dem auf westlichen ReservewĂ€hrungen basierenden Finanzsystem. Es gibt einen Abfluss von Geldern aus den Wertpapieren und Schuldverschreibungen westlicher LĂ€nder sowie aus einigen europĂ€ischen Banken, die noch vor kurzem als absolut zuverlĂ€ssige Orte fĂŒr die Lagerung von Kapital galten. Jetzt ziehen sie Gold aus diesen Banken ab. Und sie tun das Richtige.

Ich glaube, dass wir die Bildung effektiver und sicherer bilateraler und multilateraler aussenwirtschaftlicher Mechanismen, die eine Alternative zu den vom Westen kontrollierten sind, ernsthaft intensivieren mĂŒssen. Dazu gehören die Ausweitung von Abrechnungen in nationalen WĂ€hrungen, die Schaffung unabhĂ€ngiger Zahlungssysteme und der Aufbau von Lieferketten, die die vom Westen blockierten oder kompromittierten KanĂ€le umgehen.

NatĂŒrlich mĂŒssen die BemĂŒhungen um die Entwicklung internationaler Verkehrskorridore in Eurasien, dem Kontinent, dessen natĂŒrlicher geografischer Kern Russland ist, fortgesetzt werden.

Ich weise das Aussenministerium an, die Entwicklung internationaler Abkommen in all diesen Bereichen bestmöglich zu unterstĂŒtzen. Sie sind Ă€usserst wichtig fĂŒr die StĂ€rkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen unserem Land und unseren Partnern. Das sollte auch dem Aufbau einer grossen eurasischen Partnerschaft neuen Schwung verleihen, die im Grunde die sozioökonomische Grundlage fĂŒr ein neues System der unteilbaren Sicherheit in Europa werden könnte.

Liebe Kollegen, bei unseren VorschlĂ€gen geht es darum, ein System zu bilden, in dem alle Staaten auf ihre eigene Sicherheit vertrauen können. Dann können wir ĂŒbrigens auch einen anderen, wirklich konstruktiven Ansatz zur Lösung der zahlreichen Konflikte wĂ€hlen, die es heute gibt. Die Probleme des Defizits an Sicherheit und gegenseitigem Vertrauen gelten nicht nur fĂŒr den eurasischen Kontinent; ĂŒberall sind wachsende Spannungen zu beobachten. Wir sehen stĂ€ndig, wie vernetzt und voneinander abhĂ€ngig die Welt ist, und ein tragisches Beispiel fĂŒr uns alle ist die Ukraine-Krise, deren Folgen auf dem ganzen Planeten nachhallen.

Aber ich möchte sofort sagen: Die Krise in der Ukraine ist kein Konflikt zwischen zwei Staaten und schon gar nicht zwischen zwei Völkern, der durch Probleme zwischen ihnen verursacht wurde. WÀre das der Fall, so hÀtten Russen und Ukrainer, die eine gemeinsame Geschichte und Kultur, geistige Werte, Millionen von verwandtschaftlichen, familiÀren und menschlichen Bindungen teilen, zweifellos einen Weg gefunden, alle Probleme und Meinungsverschiedenheiten auf faire Weise zu lösen.

Doch das ist anders: Die Wurzeln des Konflikts liegen nicht in den bilateralen Beziehungen. Die Ereignisse in der Ukraine sind eine direkte Folge der weltweiten und europĂ€ischen Entwicklung des spĂ€ten 20. und frĂŒhen 21. Jahrhunderts, der aggressiven, rĂŒcksichtslosen und absolut abenteuerlichen Politik, die der Westen in all den Jahren verfolgt hat, lange bevor die MilitĂ€roperation begann.

Diese Eliten der westlichen LĂ€nder haben, wie ich heute bereits gesagt habe, nach dem Ende des Kalten Krieges die Weichen fĂŒr eine weitere geopolitische Umstrukturierung der Welt gestellt, fĂŒr die Schaffung und Durchsetzung der berĂŒchtigten regelbasierten Ordnung, in die starke, souverĂ€ne und autarke Staaten einfach nicht hineinpassen.

Daher kommt die Politik der EindĂ€mmung unseres Landes. Die Ziele dieser Politik werden von gewissen Persönlichkeiten in den USA und Europa bereits offen ausgesprochen. Heute reden sie von der berĂŒchtigten Dekolonialisierung Russlands. Im Grunde ist das der Versuch, eine ideologische Grundlage fĂŒr die ZerstĂŒckelung unseres Vaterlandes nach nationalen Grundlagen zu schaffen. Über die ZerstĂŒckelung der Sowjetunion und Russlands ja schon lange gesprochen. Jeder, der in diesem Saal sitzt, weiss das sehr genau.

Indem sie diese Strategie realisieren, haben die westlichen LĂ€nder eine Linie der Absorption und der militĂ€rpolitischen Entwicklung der uns nahestehenden Gebiete eingeschlagen. Es gab fĂŒnf und nun sechs Wellen der Nato-Erweiterung. Sie haben versucht, die Ukraine zu ihrem BrĂŒckenkopf zu machen und sie zum «Anti-Russland» zu machen. Um diese Ziele zu erreichen, haben sie Geld und Ressourcen investiert, Politiker und ganze Parteien gekauft, die Geschichte und Bildungsprogramme umgeschrieben und Gruppen von Neonazis und Radikalen gefĂŒttert und kultiviert. Sie haben alles getan, um unsere zwischenstaatlichen Beziehungen zu untergraben, unsere Völker zu spalten und gegeneinander auszuspielen.

Der SĂŒdosten der Ukraine – Gebiete, die jahrhundertelang Teil des grossen historischen Russlands waren – hinderte sie daran, diese Politik noch dreister und unverfrorener zu betreiben. Dort lebten und leben Menschen, die auch nach der UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung der Ukraine im Jahr 1991 fĂŒr gute und engste Beziehungen zu unserem Land eintraten. Diese Menschen sind sowohl Russen als auch Ukrainer, Vertreter verschiedener NationalitĂ€ten, die durch die russische Sprache, Kultur, Traditionen und das historische GedĂ€chtnis verbunden sind.

Die Position, die Stimmung, die Interessen und die Stimmen dieser Menschen – Millionen von Menschen, die im SĂŒdwesten leben – musste man einfach berĂŒcksichtigen, und die damaligen ukrainischen PrĂ€sidenten und Politiker, die um dieses Amt kĂ€mpften, nutzten die Stimmen dieser WĂ€hler. Aber unter Ausnutzung dieser Stimmen haben sie manövriert, viel gelogen, und von der sogenannten europĂ€ischen Wahl gesprochen. Sie haben sich nicht getraut, einen vollstĂ€ndigen Bruch mit Russland anzustreben, denn im SĂŒdosten der Ukraine herrschte eine andere Stimmung, die man nicht ignorieren konnte. Diese Doppeldeutigkeit war den ukrainischen Regierungen in all den Jahren nach der UnabhĂ€ngigkeit stets eigen.

Der Westen hat das natĂŒrlich gesehen. Er hat die Probleme, die es dort gibt und die gelöst werden können, seit langem gesehen und verstanden, ebenso wie den Abschreckungswert des SĂŒdost-Faktors und die Tatsache, dass keine noch so grosse Propaganda ĂŒber viele Jahre hinweg die Situation grundlegend Ă€ndern kann. NatĂŒrlich wurde viel getan, aber es war schwierig, die Situation grundlegend zu Ă€ndern.

Es ist nicht gelungen, die historische IdentitĂ€t und das Bewusstsein der Mehrheit der Menschen im SĂŒdosten der Ukraine zu verzerren, ihnen, einschliesslich der jĂŒngeren Generationen, die gute Einstellung zu Russland und das GefĂŒhl fĂŒr unsere historische Gemeinschaft zu nehmen. Deshalb beschlossen sie erneut, Gewalt anzuwenden und die Menschen im SĂŒdosten der Ukraine einfach zu brechen und ihre Meinung zu ignorieren. Dazu arrangierten, organisierten und finanzierten sie natĂŒrlich die Schwierigkeiten und die KomplexitĂ€t der innenpolitischen VerhĂ€ltnisse in der Ukraine, bereiteten aber dennoch konsequent und zielgerichtet einen bewaffneten Staatsstreich vor.

Eine Welle von Pogromen, Gewalt und Morden schwappte ĂŒber die StĂ€dte der Ukraine. Radikale haben schliesslich die Macht in Kiew an sich gerissen und usurpiert. Ihre aggressiven nationalistischen Parolen, einschliesslich der Rehabilitierung von Nazi-Schergen, wurden in den Rang einer Staatsideologie erhoben. Sie verkĂŒndeten einen Kurs zur Abschaffung der russischen Sprache in Staat und Öffentlichkeit, verstĂ€rkten den Druck auf die orthodoxen GlĂ€ubigen und mischten sich in die Angelegenheiten der Kirche ein, was schliesslich zu einer Kirchenspaltung fĂŒhrte. Niemand scheint diese Einmischung zu bemerken, als ob alles so wĂ€re, wie es sein soll. Versuchen Sie einmal, woanders so etwas zu tun, dann wird so viel gekĂŒnsteltes Gepfeife zu hören sein, dass Ihnen die Ohren abfallen werden. Aber dort kann man es tun, denn es ist gegen Russland.

Millionen von Einwohnern der Ukraine, vor allem in den östlichen Regionen, waren bekanntlich gegen den Putsch. Ihnen wurde mit Repressalien und Terror gedroht. Und vor allem begann die neue Regierung in Kiew, einen Schlag gegen die russischsprachige Krim vorzubereiten, die, wie Sie wissen, 1954 unter Verletzung aller Rechtsnormen und Verfahren, auch der damals in der Sowjetunion geltenden, von der Russischen Sowjetrepublik an die Ukraine ĂŒbertragen worden war. In dieser Situation konnten wir die Krim-Bewohner und die Einwohner von Sewastopol natĂŒrlich nicht im Stich und sie ungeschĂŒtzt lassen. Sie haben ihre Wahl getroffen, und im MĂ€rz 2014 fand, wie Sie wissen, die historische Wiedervereinigung der Krim und Sewastopols mit Russland statt.

In Charkow, Cherson, Odessa, Saporoschje, Donezk, Lugansk und Mariupol begannen sie, friedliche Demonstrationen gegen den Staatsstreich zu unterdrĂŒcken, und das Kiewer Regime und nationalistische Gruppen entfesselten Terror. Es ist wohl nicht nötig, daran zu erinnern, denn jeder weiss noch genau, was in diesen Regionen passiert ist.

Im Mai 2014 fanden Referenden ĂŒber den Status der Volksrepubliken Donezk und Lugansk statt, bei denen sich die absolute Mehrheit der Einwohner fĂŒr die UnabhĂ€ngigkeit und SouverĂ€nitĂ€t aussprach. Da stellt sich sofort die Frage: Durften die Menschen ihren Willen ĂŒberhaupt auf diese Weise zum Ausdruck bringen, durften sie ihre UnabhĂ€ngigkeit erklĂ€ren? Diejenigen, die in diesem Saal sitzen, wissen, dass sie das natĂŒrlich durften und dass sie jedes Recht und jeden Grund hatten, das zu tun, und zwar im Einklang mit dem Völkerrecht, einschliesslich des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung. Ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, aber da hier Medien filmen, sage ich trotzdem, dass Artikel 1, Absatz 2 der Charta der Vereinten Nationen dieses Recht gewĂ€hrt.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den berĂŒchtigten PrĂ€zedenzfall Kosovo. Wir haben schon oft darĂŒber gesprochen, ich erzĂ€hle es jetzt noch einmal. Der PrĂ€zedenzfall, den die westlichen LĂ€nder selbst in einer absolut analogen Situation geschaffen haben, hat die Abspaltung des Kosovo von Serbien, die 2008 stattfand, als rechtmĂ€ssig anerkannt. Es folgte die berĂŒhmte Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen, der am 22. Juli 2010 auf der Grundlage von Artikel 1 Absatz 2 der Charta der Vereinten Nationen entschied, Zitat: «Aus der Praxis des Sicherheitsrats folgt kein allgemeines Verbot einer einseitigen UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung.» Und weiter: «Das allgemeine Völkerrecht enthĂ€lt kein anwendbares Verbot einer UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung.» Mehr noch, dort stand auch, dass die Teile eines Landes, welche es auch immer sein mögen, die sich fĂŒr eine UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung entschieden haben, nicht verpflichtet sind, sich an die zentralen Organe ihres ehemaligen Staates zu wenden. Das alles stand dort geschrieben, sie haben alles mit eigener Hand schwarz auf weiss niedergeschrieben.

Hatten diese Republiken – Donezk und Lugansk – also das Recht, ihre UnabhĂ€ngigkeit zu erklĂ€ren? NatĂŒrlich hatten sie das. Die Frage kann gar nicht anders betrachtet werden.

Was hat das Regime in Kiew in dieser Situation getan? Es hat die Entscheidung des Volkes völlig ignoriert und mit Flugzeugen, Artillerie und Panzern einen umfassenden Krieg gegen die neuen unabhĂ€ngigen Staaten – die Volksrepubliken des Donbass – entfesselt. StĂ€dte wurden bombardiert und beschossen, EinschĂŒchterungsversuche begannen. Und was geschah dann? Die Bewohner des Donbass griffen zu den Waffen, um ihr Leben, ihre HĂ€user, ihre Rechte und legitimen Interessen zu verteidigen.

Im Westen wird nun immer wieder die These vertreten, dass Russland den Krieg im Rahmen der MilitÀroperation begonnen hat, dass es ein Aggressor ist und dass man daher auch sein Territorium, auch unter Einsatz westlicher Waffensysteme, angreifen kann, und dass die Ukraine sich angeblich selbst verteidigt und das auch tun kann.

Ich möchte noch einmal betonen: Russland hat den Krieg nicht begonnen, es war das Kiewer Regime, ich wiederhole, nachdem die Bewohner eines Teils der Ukraine im Einklang mit dem Völkerrecht ihre UnabhĂ€ngigkeit erklĂ€rt haben, das die Feindseligkeiten begonnen hat und sie fortsetzt. Es wĂ€re eine Aggression, wenn wir das Recht dieser Völker, die in diesen Gebieten leben, ihre UnabhĂ€ngigkeit zu erklĂ€ren, nicht anerkennen. Wie auch sonst? Was ist das sonst? Es ist eine Aggression. Und diejenigen, die den MilitĂ€rapparat des Kiewer Regimes in all den vergangenen Jahren unterstĂŒtzt haben, sind Komplizen des Aggressors.

Im Jahr 2014 haben sich die Bewohner des Donbass damit nicht abgefunden. Die Milizen blieben standhaft, schlugen die Strafbataillone zurĂŒck und vertrieben sie dann aus Donezk und Lugansk. Wir hofften, dass das diejenigen, die dieses Massaker angerichtet hatten, ernĂŒchtern wĂŒrde. Um dem Blutvergiessen Einhalt zu gebieten, rief Russland wie ĂŒblich zu Verhandlungen auf, und diese begannen unter Beteiligung von Kiew und Vertretern der Donbass-Republiken mit UnterstĂŒtzung Russlands, Deutschlands und Frankreichs.

Die Verhandlungen waren schwierig, aber dennoch wurde 2015 das Minsker Abkommen geschlossen. Wir haben seine Umsetzung ernst genommen und gehofft, dass wir die Situation im Rahmen des Friedensprozesses und des Völkerrechts lösen können. Wir haben erwartet, dass das zur BerĂŒcksichtigung der legitimen Interessen und Forderungen des Donbass und zur Verankerung des Sonderstatus dieser Regionen und der Grundrechte der dort lebenden Menschen in der Verfassung unter Wahrung der territorialen Einheit der Ukraine fĂŒhren wĂŒrde. Wir waren dazu bereit, und wir waren bereit, die Menschen, die in diesen Gebieten leben, davon zu ĂŒberzeugen, die Probleme auf diese Weise zu lösen, und wir haben bei mehr als einer Gelegenheit verschiedene Kompromisse und Lösungen vorgeschlagen.

Aber letztlich wurde alles abgelehnt. Kiew hat das Minsker Abkommen einfach in den Papierkorb geworfen. Wie die Vertreter der ukrainischen FĂŒhrung spĂ€ter zugaben, waren sie mit keinem der Artikel dieser Dokumente zufrieden, sie haben einfach gelogen und verdreht, so gut sie konnten.

Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin und der ehemalige französische PrĂ€sident, die eigentlich Mitverfasser und Garanten des Minsker Abkommens waren, haben spĂ€ter plötzlich auch direkt zugegeben, dass es keine PlĂ€ne gab, es umzusetzen; sie wollten die Situation nur ruhig halten, um Zeit zu gewinnen, um ukrainische bewaffnete Formationen aufzubauen und sie mit Waffen und AusrĂŒstung vollzupumpen. Sie haben uns wieder einmal einfach «ausgetrickst», uns betrogen.

Statt eines echten Friedensprozesses, statt der Politik der Wiedereingliederung und der nationalen Aussöhnung, von der Kiew so gerne spricht, wird der Donbass seit acht Jahren beschossen. Es wurden TerroranschlĂ€ge und Morde verĂŒbt und eine brutale Blockade errichtet. In all diesen Jahren wurden die Bewohner des Donbass – Frauen, Kinder, alte Menschen – zu Menschen «zweiter Klasse», zu «Untermenschen» erklĂ€rt und mit Repressalien bedroht, indem man ihnen sagte, man wĂŒrden kommen und sich an allen rĂ€chen. Was ist das anderes als ein Völkermord im Zentrum Europas im 21. Jahrhundert? Und in Europa und den USA wird so getan, als ob nichts passiert, als ob niemand etwas bemerkt.

Ende 2021 und Anfang 2022 wurde der Minsker Prozess endgĂŒltig begraben, und zwar von Kiew und seinen westlichen Gönnern, und es wurde erneut ein massiver Angriff auf den Donbass geplant. Eine grosse Gruppe der ukrainischen StreitkrĂ€fte bereitete eine neue Offensive auf Lugansk und Donezk vor, natĂŒrlich mit ethnischen SĂ€uberungen, riesigen Verlusten an Menschenleben und Hunderttausenden von FlĂŒchtlingen. Wir waren verpflichtet, diese Katastrophe zu verhindern, die Menschen zu schĂŒtzen; wir konnten keine andere Entscheidung treffen.

Russland hat schliesslich die Volksrepubliken Donezk und Lugansk anerkannt. Wir haben sie ja acht Jahre lang nicht anerkannt, wir haben immer noch gehofft, eine Einigung zu erzielen. Das Ergebnis ist nun bekannt. Und am 21. Februar 2022 haben wir VertrĂ€ge ĂŒber Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand mit diesen von uns anerkannten Republiken geschlossen. Frage: Hatten die Volksrepubliken das Recht, sich an uns um UnterstĂŒtzung zu wenden, als wir ihre UnabhĂ€ngigkeit anerkannten? Und hatten wir das Recht, ihre UnabhĂ€ngigkeit anzuerkennen, so wie sie das Recht hatten, ihre SouverĂ€nitĂ€t in Übereinstimmung mit den von mir genannten Artikeln der UN-Charta und den Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen zu erklĂ€ren? Hatten sie das Recht, ihre UnabhĂ€ngigkeit zu erklĂ€ren? Sie hatten es. Aber wenn sie dieses Recht hatten und davon Gebrauch gemacht haben, dann hatten wir das Recht, mit ihnen einen Vertrag zu schliessen. Und wir haben es getan, und ich wiederhole: in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und Artikel 51 der UN-Charta.

Gleichzeitig haben wir an die Regierung in Kiew appelliert, ihre Truppen aus dem Donbass abzuziehen. Ich kann Ihnen sagen, dass wir Kontakte hatten, und wir haben ihnen sofort gesagt: Zieht Eure Truppen von dort ab, und damit wird dort alles enden. Dieser Vorschlag wurde praktisch sofort abgelehnt und einfach ignoriert, obwohl er eine echte Chance bot, das Problem auf friedliche Weise zu lösen.

Am 24. Februar 2022 sah sich Russland gezwungen, den Beginn der MilitĂ€roperation anzukĂŒndigen. Vor den BĂŒrgern Russlands, den Bewohnern der Republiken Donezk und Lugansk und der ukrainischen Gesellschaft habe ich dann die Ziele dieser Operation dargelegt: die Menschen im Donbass zu schĂŒtzen, den Frieden wiederherzustellen, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren und damit Bedrohungen von unserem Staat abzuwenden und das Sicherheitsgleichgewicht in Europa wiederherzustellen.

Dabei haben wir es weiterhin als vorrangig angesehen, diese Ziele mit politischen und diplomatischen Mitteln zu erreichen. Ich erinnere daran, dass unser Land bereits in der allerersten Phase der MilitĂ€roperation Verhandlungen mit Vertretern des Kiewer Regimes aufgenommen hat. Sie fanden zunĂ€chst in Weissrussland und dann in der TĂŒrkei statt. Wir haben versucht, unsere wichtigste Botschaft zu vermitteln: Respektiert die Entscheidung des Donbass und den Willen der dort lebenden Menschen, zieht Eure Truppen zurĂŒck und stellt den Beschuss der StĂ€dte und Dörfer ein. Mehr ist nicht nötig, und wir werden uns in Zukunft mit den ĂŒbrigen Fragen befassen. Die Antwort lautete: Nein, wir werden kĂ€mpfen. Es ist offensichtlich, dass dies der Befehl ihrer westlichen Herren war, und ich werde jetzt auch darĂŒber etwas erzĂ€hlen.

Damals, im Februar/MĂ€rz 2022, nĂ€herten sich unsere Truppen, wie Sie wissen, Kiew. Sowohl in der Ukraine als auch im Westen gab es damals und heute viele Spekulationen darĂŒber.

Was möchte ich dazu sagen? Unsere VerbĂ€nde standen in der NĂ€he von Kiew und die Verteidigungs- und der Sicherheitsbehörden hatten verschiedene VorschlĂ€ge zu Optionen fĂŒr unser mögliches weiteres Vorgehen, aber es gab keine politische Entscheidung, die Stadt mit drei Millionen Einwohnern zu stĂŒrmen, egal was irgendjemand gesagt oder spekuliert hat.

Im Grunde war es nichts anderes als eine Operation, um das ukrainische Regime zum Frieden zu zwingen. Die Truppen waren da, um die ukrainische Seite zu Verhandlungen zu drĂ€ngen, um zu versuchen, akzeptable Lösungen zu finden und damit den Krieg zu beenden, den Kiew 2014 gegen den Donbass entfesselt hatte, um Probleme zu lösen, die eine Bedrohung fĂŒr die Sicherheit unseres Landes, fĂŒr die Sicherheit Russlands darstellen.

So seltsam es klingen mag, im Ergebnis war es tatsÀchlich möglich, Vereinbarungen zu treffen, die im Prinzip sowohl Moskau als auch Kiew akzeptiert haben. Diese Vereinbarungen wurden zu Papier gebracht und in Istanbul vom Leiter der ukrainischen Verhandlungsdelegation paraphiert. Das bedeutet, dass die Kiewer Regierung diese Lösung des Problems akzeptiert hat.

Das Dokument trug den Namen «Vertrag ĂŒber die stĂ€ndige NeutralitĂ€t und die Sicherheitsgarantien fĂŒr die Ukraine». Es hatte Kompromisscharakter, aber seine Kernpunkte entsprachen unseren prinzipiellen Forderungen und lösten die Aufgaben, die als die wichtigsten genannt wurden, sogar zu Beginn der MilitĂ€roperation. Dazu gehörte, so seltsam es auch klingen mag, die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine. Und auch hier ist es uns gelungen, schwierige Lösungen zu finden. Sie waren kompliziert, aber sie wurden gefunden. Es ging nĂ€mlich darum, dass ein ukrainisches Gesetz ĂŒber das Verbot der Nazi-Ideologie, egal in welcher Form, verabschiedet wird. Das alles steht dort geschrieben.

DarĂŒber hinaus wĂŒrde die Ukraine im Gegenzug fĂŒr internationale Sicherheitsgarantien den Umfang ihrer StreitkrĂ€fte begrenzen, sich verpflichten, keinen MilitĂ€rbĂŒndnissen beizutreten, keine auslĂ€ndischen MilitĂ€rstĂŒtzpunkte zuzulassen, keine auslĂ€ndischen Kontingente zu stationieren und auslĂ€ndischen keine MilitĂ€rĂŒbungen auf ihrem Gebiet abhalten lassen. Das alles ist auf dem Papier festgehalten.

Da wir die Sicherheitsbedenken der Ukraine verstehen, haben wir zugestimmt, dass die Ukraine, wenn sie der Nato nicht formell beitritt, Ă€hnliche Garantien erhĂ€lt wie die Mitglieder des BĂŒndnisses. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, aber wir erkannten die LegitimitĂ€t der Forderungen der Ukraine nach GewĂ€hrleistung ihrer Sicherheit an und hatten im Prinzip keine EinwĂ€nde gegen die von Kiew vorgeschlagenen Formulierungen. Das waren die von Kiew vorgeschlagenen Formulierungen, die wir insgesamt nicht abgelehnt haben, da wir verstanden hatten, dass es das Wichtigste war, das Blutvergiessen und den Krieg im Donbass zu beenden.

Am 29. MĂ€rz 2022 haben wir unsere Truppen von Kiew abgezogen, weil uns versichert wurde, dass wir die notwendigen Voraussetzungen fĂŒr den Abschluss des politischen Verhandlungsprozesses schaffen mussten. Und dass es unmöglich sei, dass eine der Parteien solche Vereinbarungen, wie unsere westlichen Kollegen zu sagen pflegten, mit vorgehaltener Waffe unterzeichnet. Also gut, wir haben dem zugestimmt.

Aber gleich am Tag nach dem Abzug der russischen Truppen von Kiew hat die ukrainische FĂŒhrung ihre Teilnahme am Verhandlungsprozess mit der bekannten Provokation in Butscha ausgesetzt und die vorbereitete Fassung der Vereinbarungen abgelehnt. Ich denke, heute ist klar, warum diese schmutzige Provokation notwendig war – um die Ablehnung der in den Verhandlungen erzielten Ergebnisse irgendwie zu erklĂ€ren. Der Weg zum Frieden wurde erneut verworfen.

Das wurde, wie wir heute wissen, auf Geheiss der westlichen Strippenzieher getan, einschliesslich des ehemaligen britischen Premierministers, bei dessen Besuch in Kiew ausdrĂŒcklich erklĂ€rt wurde: keine Abkommen, Russland muss auf dem Schlachtfeld besiegt werden, seine strategische Niederlage muss erreicht werden. Und sie begannen, die Ukraine mit Waffen vollzupumpen und sprachen von der Notwendigkeit, uns eine strategische Niederlage beizubringen, wie ich Ihnen gerade in Erinnerung brachte. Und einige Zeit spĂ€ter erliess der ukrainische PrĂ€sident, wie jeder weiss, ein Dekret, mit dem er seinen Vertretern und sogar sich selbst verbot, mit Moskau zu verhandeln. Auch diese Episode mit unserem Versuch, das Problem mit friedlichen Mitteln zu lösen, endete im Nichts.

Übrigens, zum Thema Verhandlungen. Jetzt möchte ich vor diesem Publikum eine weitere Episode öffentlich machen. Ich habe bisher nicht öffentlich darĂŒber gesprochen, aber einige der Anwesenden wissen davon. Nachdem die russische Armee Teile der Regionen Cherson und Saporoschje besetzt hatte, boten viele westliche Politiker ihre Vermittlung fĂŒr eine friedliche Beendigung des Konflikts an. Einer von ihnen war am 5. MĂ€rz 2022 zu einem Arbeitsbesuch in Moskau. Und wir akzeptierten seine VermittlungsbemĂŒhungen, zumal er wĂ€hrend des GesprĂ€chs darauf verwies, dass er sich der UnterstĂŒtzung der Staats- und Regierungschefs Deutschlands und Frankreichs sowie hochrangiger Vertreter der USA versichert habe. (Anm. d. Übers.: Es ist kein Problem, im Internet herauszufinden, welcher Politiker am 5. MĂŒrz 2022 in Moskau war, auch wenn Putin seinen Namen nicht genannt hat. Es war der damalige israelische Premierminister Naftali Bennett, der schon im Februar 2023 davon erzĂ€hlt hat. Putin bestĂ€tigt hier im Grunde nur Bennets öffentliche Aussagen)

WĂ€hrend des GesprĂ€chs fragte unser auslĂ€ndischer Gast, eine kuriose Episode: Wenn Sie dem Donbass helfen, warum sind dann russische Truppen im SĂŒden der Ukraine, einschliesslich der Regionen Cherson und Saporoschje? Die Antwort von unserer Seite war, dass dies die Entscheidung des russischen Generalstabs bei der Planung der Operation war. Und heute möchte ich hinzufĂŒgen, dass der Plan darin bestand, gewisse der befestigten Gebiete zu umgehen, die die ukrainische Regierung in den acht Jahren im Donbass errichtet hatte, vor zur Befreiung von Mariupol.

Dann stellte der auslĂ€ndische Kollege – ein professioneller Mann, das muss ich ihm lassen – eine Frage: Werden unsere russischen Truppen in den Regionen Cherson und Saporoschje bleiben? Und was wird mit diesen Regionen geschehen, wenn die Ziele der strategischen VerteidigungskrĂ€fte erreicht sind? Ich habe geantwortet, dass ich die Beibehaltung der ukrainischen SouverĂ€nitĂ€t ĂŒber diese Gebiete nicht generell ausschliesse, jedoch unter der Bedingung, dass Russland eine starke Landverbindung zur Krim hat.

Das heisst, Kiew sollte das so genannte Servitut garantieren, also ein rechtlich formalisiertes Zugangsrecht fĂŒr Russland zur Halbinsel Krim ĂŒber die Regionen Cherson und Saporoschje. Das ist eine wichtige politische Entscheidung. Und natĂŒrlich wĂŒrde sie in ihrer endgĂŒltigen Fassung nicht von einer einzelnen Person getroffen werden, sondern erst nach Konsultationen mit dem Sicherheitsrat, mit anderen Strukturen, natĂŒrlich nach Diskussion mit den BĂŒrgern, der Öffentlichkeit unseres Landes und vor allem mit den Bewohnern der Regionen Cherson und Saporoschje.

Letztendlich haben wir genau das getan: Wir haben die Meinung der Menschen selbst eingeholt und Referenden durchgefĂŒhrt. Und wir haben getan, was das Volk beschlossen hat, auch in den Regionen Cherson und Saporoschje sowie in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk.

Zu diesem Zeitpunkt, im MĂ€rz 2022, erklĂ€rte der Verhandlungspartner, dass er sich dann nach Kiew begeben werde, um die GesprĂ€che mit seinen GesprĂ€chspartnern in der ukrainischen Hauptstadt fortzusetzen. Wir begrĂŒssten dies, ebenso wie die BemĂŒhungen um eine friedliche Lösung des Konflikts insgesamt, denn jeder Tag der KĂ€mpfe bedeutete neue Opfer und Verluste. In der Ukraine wurden jedoch, wie wir spĂ€ter erfuhren, die Dienste des westlichen Vermittlers nicht akzeptiert, und man warf ihm, wie wir erfuhren, im Gegenteil vor, prorussische Positionen zu vertreten – in einer ziemlich harten Form, muss man sagen, aber das ist bereits ein Detail.

Nun hat sich, wie ich bereits sagte, die Lage grundlegend geĂ€ndert. Die Bewohner von Cherson und Saporoschje haben sich in Referenden geĂ€ussert, die Regionen Cherson und Saporoschje sowie die Volksrepubliken Donezk und Lugansk sind Teil der Russischen Föderation geworden. Und es kann keine Rede davon sein, unsere staatliche Einheit zu verletzen. Der Wille des Volkes, zu Russland zu gehören, ist unumstösslich. Die Frage ist fĂŒr immer abgeschlossen und steht nicht mehr zur Diskussion.

Ich möchte noch einmal wiederholen: Es war der Westen, der die Ukraine-Krise vorbereitet und provoziert hat, und jetzt tut er alles, um diese Krise auf unbestimmte Zeit zu verlÀngern, um die Menschen in Russland und der Ukraine zu schwÀchen und gegenseitig zu verhÀrten.

Er schickt immer wieder neue Munitions- und Waffenlieferungen. Einige europĂ€ische Politiker haben begonnen, ĂŒber die Möglichkeit zu sprechen, ihre regulĂ€ren Truppen in der Ukraine zu stationieren. Gleichzeitig sind es, wie ich bereits festgestellt habe, die derzeitigen wahren Herren der Ukraine – die leider nicht das ukrainische Volk, sondern die globalistischen Eliten jenseits des Ozeans sind -, die versuchen, der ukrainischen Exekutive Entscheidungen aufzuerlegen, die beim Volk unpopulĂ€r sind, einschliesslich der weiteren Herabsetzung des Wehrpflichtalters.

Jetzt sind es, wie Sie wissen, 25 Jahre, die nĂ€chste Etappe könnte 23 sein, dann 20, 18 oder auch sofort 18. Und dann wird man sich natĂŒrlich der Figuren entledigen, die unter dem Druck des Westens diese unpopulĂ€ren Entscheidungen treffen, sie wegen Nutzlosigkeit rauswerfen, ihnen die ganze Verantwortung zuschieben und andere Leute an ihre Stelle setzen, die zwar auch vom Westen abhĂ€ngig sind, aber noch nicht so einen angeschlagenen Ruf haben.

Daher vielleicht auch die Idee, die PrĂ€sidentschaftswahlen in der Ukraine abzusagen. Diejenigen, die jetzt an der Macht sind, werden alles tun, dann werden sie entsorgt und dann wird getan, was sie fĂŒr nötig halten.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an das, was Kiew jetzt lieber verschweigt, und auch der Westen zieht es vor, nicht darĂŒber zu sprechen. Worum geht es? Im Mai 2014 entschied das Verfassungsgericht der Ukraine, dass, ich zitiere, «der PrĂ€sident fĂŒr fĂŒnf Jahre gewĂ€hlt wird, unabhĂ€ngig davon, ob er in ausserordentlichen oder regulĂ€ren Wahlen gewĂ€hlt wird». DarĂŒber hinaus stellte das ukrainische Verfassungsgericht fest, dass, ein weiteres Zitat, «der verfassungsrechtliche Status des PrĂ€sidenten keine Normen enthĂ€lt, die eine andere Amtszeit als fĂŒnf Jahre festlegen wĂŒrden». Ende des Zitats, Punkt. Die Entscheidung des Gerichts ist endgĂŒltig und kann nicht angefochten werden. Das war’s.

Was bedeutet das in Bezug auf die heutige Situation? Die Amtszeit des gewĂ€hlten ukrainischen Staatsoberhauptes ist abgelaufen und damit auch seine LegitimitĂ€t, die nicht durch irgendwelche Tricks wiederhergestellt werden kann. Ich werde nicht im Detail auf die HintergrĂŒnde der Entscheidung des Verfassungsgerichts der Ukraine ĂŒber die Amtszeit des PrĂ€sidenten eingehen. Es ist klar, dass sie mit dem Versuch zusammenhĂ€ngt, den Staatsstreich von 2014 zu legitimieren. Aber dennoch gibt es dieses Urteil und es ist eine rechtliche Tatsache. Es stellt alle Versuche in Zweifel, das heutige Spektakel mit der Annullierung der Wahlen zu rechtfertigen.

TatsÀchlich begann die aktuelle tragische Seite der ukrainischen Geschichte mit der gewaltsamen Machtergreifung, wie ich bereits sagte, dem verfassungsfeindlichen Staatsstreich im Jahr 2014. Ich wiederhole: Der Ursprung des derzeitigen Kiewer Regimes ist ein bewaffneter Putsch. Und nun hat sich der Kreis geschlossen, denn die Exekutivgewalt in der Ukraine wird wieder, wie 2014, usurpiert und illegal gehalten, sie ist de facto illegitim.

Ich sage noch mehr: Die Situation mit der Annullierung der Wahlen ist Ausdruck des Wesens, des wirklichen BauchgefĂŒhls des derzeitigen Regimes in Kiew, das aus dem bewaffneten Putsch von 2014 hervorgegangen ist, mit ihm verbunden ist und dort seine Wurzeln hat. Und dass sie sich nach der Annullierung der Wahlen weiterhin an die Macht klammern, ist eine Handlung, die durch Artikel 5 der Verfassung der Ukraine ausdrĂŒcklich verboten ist. Ich zitiere: «Das Recht, die verfassungsmĂ€ssige Ordnung in der Ukraine zu bestimmen und zu Ă€ndern, steht ausschliesslich dem Volk zu und kann nicht vom Staat, seinen Organen oder Beamten usurpiert werden.» DarĂŒber hinaus fallen solche Handlungen unter Paragraf 109 des ukrainischen Strafgesetzbuchs, der sich genau auf die gewaltsame Änderung oder den Umsturz der verfassungsmĂ€ssigen Ordnung oder die Ergreifung der Staatsgewalt sowie die Verschwörung zu solchen Handlungen bezieht.

Im Jahr 2014 wurde so eine Usurpation im Namen der Revolution gerechtfertigt, und jetzt durch militĂ€rische Aktionen. Die Bedeutung dieses Begriffs Ă€ndert sich jedoch nicht. Es handelt sich vielmehr um eine geheime Absprache zwischen der Exekutive der ukrainischen Regierung, der FĂŒhrung der Werchowna Rada und der von ihr kontrollierten Parlamentsmehrheit mit dem Ziel der Usurpation der Staatsgewalt, anders kann man es nicht nennen, die nach ukrainischem Recht eine Straftat darstellt.

Weiter: Die Verfassung der Ukraine sieht keine Möglichkeit vor, die Wahl des PrĂ€sidenten des Landes zu annullieren oder zu verschieben, die FortfĂŒhrung seiner Befugnisse im Zusammenhang mit dem Kriegsrecht, auf das jetzt Bezug genommen wird. Was steht in der ukrainischen Verfassung? Sie besagt, dass wĂ€hrend des Kriegsrechts die Wahlen zur Werchowna Rada verschoben werden können. So steht es in Artikel 83 der Verfassung des Landes.

Die ukrainische Gesetzgebung sieht also eine einzige Ausnahme vor, wenn die Befugnisse eines staatlichen Organs fĂŒr die Dauer des Kriegsrechts verlĂ€ngert werden und keine Wahlen stattfinden. Und die gilt nur fĂŒr die Werchowna Rada. Damit ist der Status des ukrainischen Parlaments als stĂ€ndig funktionierendes Organ unter Kriegsrecht festgelegt.

Mit anderen Worten: Die Werchowna Rada ist heute, im Gegensatz zur Exekutive, das legitime Organ. Die Ukraine ist keine PrÀsidialrepublik, sondern eine parlamentarisch-prÀsidiale Republik. Darum geht es.

DarĂŒber hinaus ist der Vorsitzende der Werchowna Rada in seiner Eigenschaft als PrĂ€sident gemĂ€ss den Artikeln 106 und 112 mit besonderen Befugnissen ausgestattet, unter anderem im Bereich der Verteidigung, der Sicherheit und des Oberbefehls ĂŒber die StreitkrĂ€fte. Alles ist dort schwarz auf weiss niedergeschrieben.

Übrigens hat die Ukraine in der ersten HĂ€lfte dieses Jahres ein Paket von bilateralen Abkommen ĂŒber die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit und der langfristigen UnterstĂŒtzung mit einer Reihe von europĂ€ischen LĂ€ndern abgeschlossen. Jetzt gibt es ein Ă€hnliches Dokument mit den USA.

Seit dem 21. Mai dieses Jahres stellt sich natĂŒrlich die Frage nach den Vollmachten und der LegitimitĂ€t der Vertreter der ukrainischen Seite, die solche Dokumente unterzeichnen. Wie man so schön sagt: Es ist uns egal, sollen sie doch unterschreiben, was sie wollen. Es ist klar, dass es hier eine politische und propagandistische Komponente gibt. Die USA und ihre Satelliten wollen ihre Untergebenen irgendwie unterstĂŒtzen, ihnen Gewicht und LegitimitĂ€t verleihen.

Aber trotzdem, wenn dieselben USA spĂ€ter eine ernsthafte juristische PrĂŒfung des Abkommens vornehmen – ich spreche nicht von der Essenz, sondern von der juristischen Komponente –, wird sich jedoch mit Sicherheit die Frage stellen, wer diese Dokumente unterzeichnet hat und mit welcher Befugnis. Und es wird sich zeigen, dass all das ein Bluff und das Abkommen nichtig ist, und das ganze Konstrukt wird natĂŒrlich in sich zusammenfallen, wenn man den Wunsch hat, die Situation zu analysieren. Man kann so tun, als sei alles normal, aber es ist nichts normal, ich habe es gelesen. Alles steht in den Dokumenten, alles ist in der Verfassung festgehalten.

Ich erinnere auch daran, dass der Westen nach dem Beginn der MilitĂ€roperation eine energische und sehr grobe Kampagne gestartet hat, um Russland auf der internationalen BĂŒhne zu isolieren. Heute ist es fĂŒr jeden klar und offensichtlich, dass dieser Versuch gescheitert ist, aber natĂŒrlich hat der Westen seinen Plan nicht aufgegeben, so etwas wie eine internationale antirussische Koalition aufzubauen und Druck auf Russland auszuĂŒben. Auch das verstehen wir.

Wie Sie wissen, hat der Westen damit begonnen, aktive die Initiative fĂŒr die sogenannte hochrangige internationale Friedenskonferenz in der Ukraine in der Schweiz zu fördern. Diese Konferenz soll unmittelbar nach dem Gipfeltreffen der G7 stattfinden, also der Gruppe derer, die den Konflikt in der Ukraine mit ihrer Politik angeheizt haben. Was die Organisatoren des Treffens in der Schweiz vorschlagen, ist nur ein weiterer Trick, um die Aufmerksamkeit aller abzulenken, Ursache und Wirkung der Ukraine-Krise zu vertauschen, die Diskussion in eine falsche Richtung zu lenken und der derzeitigen Exekutive in der Ukraine in gewisser Weise wieder den Anschein von LegitimitĂ€t zu verleihen.

Es ist daher nur natĂŒrlich, dass in der Schweiz trotz aller Versuche, die Tagesordnung der Konferenz mehr oder weniger anstĂ€ndig zu gestalten, keine wirklich grundlegenden Fragen diskutiert werden, die den Kern der aktuellen Krise der internationalen Sicherheit und StabilitĂ€t und die wahren Wurzeln des Ukraine-Konflikts betreffen.

Es ist schon jetzt abzusehen, dass sich alles auf allgemeines demagogisches Gerede und eine neue Reihe von Anschuldigungen gegen Russland reduzieren wird. Die Idee ist leicht zu erkennen: so viele Staaten wie möglich mit allen Mitteln einzubinden und so zu tun, als ob die westlichen Rezepte und Regeln von der gesamten internationalen Gemeinschaft geteilt wĂŒrden, was bedeutet, dass unser Land sie bedingungslos akzeptieren solle.

Wie Sie wissen, wurden wir natĂŒrlich nicht zu dem Treffen in der Schweiz eingeladen. Es geht schliesslich nicht um Verhandlungen, sondern um den Wunsch einer Gruppe von LĂ€ndern, weiterhin ihre eigene Linie durchzusetzen und Fragen, die unsere Interessen und unsere Sicherheit unmittelbar betreffen, nach eigenem GutdĂŒnken zu lösen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang betonen, dass es unmöglich ist, ohne die Beteiligung Russlands, ohne einen ehrlichen und verantwortungsvollen Dialog mit uns, eine friedliche Lösung in der Ukraine und fĂŒr die globale europĂ€ische Sicherheit insgesamt zu erreichen.

Bislang ignoriert der Westen unsere Interessen, wÀhrend er Kiew Verhandlungen verbietet und uns heuchlerisch zu Verhandlungen auffordert. Es sieht einfach idiotisch aus: Einerseits verbietet man ihnen, mit uns zu verhandeln, andererseits ruft man uns zu Verhandlungen auf und unterstellt uns, dass wir uns weigern, zu verhandeln. Das ist Schwachsinn. Aber wir leben ja in einer Art Spiegelwelt.

Erstens mĂŒssten sie Kiew den Befehl geben, das Verbot, das selbst auferlegte Verbot von Verhandlungen mit Russland aufzuheben, und zweitens sind wir bereit, uns schon morgen an den Verhandlungstisch zu setzen. Wir verstehen die Besonderheiten der Rechtslage, aber es gibt dort legitime AutoritĂ€ten, auch im Einklang mit der Verfassung, wie ich gerade sagte, und es gibt Menschen, mit denen man verhandeln kann. Bitte, wir sind bereit. Unsere Bedingungen fĂŒr die Aufnahme solcher GesprĂ€che sind einfach und laufen auf Folgendes hinaus.

Wissen Sie, ich werde mir jetzt etwas Zeit nehmen, um die ganze Kette der Ereignisse noch einmal durchzuspielen, damit klar wird, dass das, was ich jetzt sage, fĂŒr uns nicht die Konjunktur von heute ist, sondern wir haben immer eine bestimmte Position vertreten, wir haben immer den Frieden gesucht.

Diese Bedingungen sind also sehr einfach. Die ukrainischen Truppen mĂŒssen vollstĂ€ndig aus den Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie aus den Regionen Cherson und Saporoschje abgezogen werden. Und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass es um das gesamte Gebiet dieser Regionen innerhalb ihrer Verwaltungsgrenzen geht, die zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Ukraine bestanden.

Sobald Kiew erklĂ€rt, dass es zu dieser Entscheidung bereit ist und mit dem tatsĂ€chlichen Abzug der Truppen aus diesen Regionen beginnt, sowie offiziell mitteilt, dass es seine PlĂ€ne, der Nato beizutreten, aufgegeben hat, wird von unserer Seite aus sofort, buchstĂ€blich in derselben Minute, der Befehl zur Einstellung des Feuers und zur Aufnahme von Verhandlungen folgen. Ich wiederhole: Wir werden das sofort tun. NatĂŒrlich werden wir gleichzeitig den ungehinderten und sicheren RĂŒckzug der ukrainischen Einheiten und VerbĂ€nde garantieren.

NatĂŒrlich möchten wir darauf zĂ€hlen, dass die Entscheidung ĂŒber den Truppenabzug, den Status der Blockfreiheit und die Aufnahme des Dialogs mit Russland, von dem die kĂŒnftige Existenz der Ukraine abhĂ€ngt, in Kiew unabhĂ€ngig getroffen wird, auf der Grundlage der gegenwĂ€rtigen RealitĂ€ten und geleitet von den echten nationalen Interessen des ukrainischen Volkes, und nicht auf Anweisung des Westens, obwohl es daran natĂŒrlich grosse Zweifel gibt.

Doch was möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal sagen, woran will ich erinnern? Ich sagte, dass ich noch einmal die Chronologie der Ereignisse durchgehen möchte. Lassen Sie uns etwas Zeit dafĂŒr aufwenden.

Also, wĂ€hrend der Ereignisse auf dem Maidan in Kiew in den Jahren 2013 und 2014 hat Russland wiederholt seine Hilfe bei einer verfassungsmĂ€ssigen Lösung der Krise angeboten, die eigentlich von aussen organisiert wurde. Kehren wir zur Chronologie der Ereignisse Ende Februar 2014 zurĂŒck.

Am 18. Februar kam es in Kiew zu bewaffneten Zusammenstössen, die von der Opposition provoziert wurden. Mehrere GebĂ€ude, darunter das Rathaus und das Gewerkschaftshaus, wurden in Brand gesetzt. Am 20. Februar eröffneten unbekannte ScharfschĂŒtzen das Feuer auf Demonstranten und OrdnungskrĂ€fte, was bedeutet, dass diejenigen, die den bewaffneten Umsturz vorbereiteten, alles taten, um die Situation weiter in Richtung Gewalt und Radikalisierung zu treiben. Und die Menschen, die damals in Kiew auf der Strasse waren und ihre Unzufriedenheit mit der damaligen Regierung zum Ausdruck brachten, wurden bewusst fĂŒr ihre eigenen egoistischen Zwecke als Kanonenfutter benutzt. Genau dasselbe tun sie heute, sie mobilisieren und schicken Menschen zur Schlachtbank. Und doch gab es damals die Möglichkeit, einen zivilisierten Ausweg aus der Situation zu finden.

Es ist bekannt, dass am 21. Februar ein Abkommen zur Beilegung der politischen Krise zwischen dem damaligen PrĂ€sidenten der Ukraine und der Opposition unterzeichnet wurde. Seine Garanten waren bekanntlich offizielle Vertreter Deutschlands, Polens und Frankreichs. Das Abkommen sah die RĂŒckkehr zu einer parlamentarisch-prĂ€sidentiellen Regierungsform, die Abhaltung vorgezogener PrĂ€sidentschaftswahlen, die Bildung einer Regierung des nationalen Vertrauens sowie den RĂŒckzug der OrdnungskrĂ€fte aus dem Kiewer Zentrum und die Abgabe der Waffen durch die Opposition vor.

Ich fĂŒge hinzu, dass die Werchowna Rada ein Gesetz verabschiedet hat, das eine strafrechtliche Verfolgung der Demonstranten ausschliesst. Es gab eine Vereinbarung, die die Gewalt gestoppt und die Situation in den rechtsstaatlichen Bereich zurĂŒckgefĂŒhrt hĂ€tte. Diese Vereinbarung wurde unterzeichnet, aber sowohl in Kiew als auch im Westen zieht man es vor, sich nicht an sie zu erinnern.

Heute werde ich mehr ĂŒber eine andere wichtige Tatsache sagen, die bisher noch nicht öffentlich bekannt war, nĂ€mlich dass auf Initiative der amerikanischen Seite buchstĂ€blich in denselben Stunden des 21. Februar ein GesprĂ€ch mit meinem amerikanischen Vis-a-Vis stattfand. Der amerikanische PrĂ€sident hat die Vereinbarung zwischen der Regierung und der Opposition in Kiew eindeutig unterstĂŒtzt. Er bezeichnete sie als einen echten Durchbruch, als Chance fĂŒr das ukrainische Volk, dafĂŒr zu sorgen, dass die ausgebrochene Gewalt nicht alle denkbaren Grenzen ĂŒberschreitet.

Und weiter, im Laufe unserer GesprĂ€che haben wir gemeinsam die folgende Formel ausgearbeitet: Russland wĂŒrde versuchen, den damaligen PrĂ€sidenten der Ukraine dazu zu bewegen, sich so zurĂŒckhaltend wie möglich zu verhalten, die Armee und die OrdnungskrĂ€fte nicht gegen die Demonstranten einzusetzen. Und die USA wĂŒrden dementsprechend, so hiess es, die Opposition, wie sie genannt wird, zur Ordnung rufen, VerwaltungsgebĂ€ude rĂ€umen und die Strasse beruhigen.

All dies sollte die Voraussetzungen dafĂŒr schaffen, dass das Leben im Land wieder zur NormalitĂ€t, zum verfassungsmĂ€ssigen und rechtlichen Bereich zurĂŒckkehren konnte. Und insgesamt haben wir vereinbart, im Interesse einer stabilen, friedlichen und sich normal entwickelnden Ukraine zusammenzuarbeiten. Wir haben unser Wort in vollem Umfang gehalten. Der damalige ukrainische PrĂ€sident Janukowitsch, der auch gar nicht vorhatte, die Armee einzusetzen, hat das nicht getan und darĂŒber hinaus sogar zusĂ€tzliche Polizeieinheiten aus Kiew abgezogen.

Und was ist mit den westlichen Kollegen? In der Nacht des 22. Februar und dann wĂ€hrend des gesamten folgenden Tages, als PrĂ€sident Janukowitsch nach Charkow abreiste, wo ein Kongress von Abgeordneten aus den sĂŒdöstlichen Regionen der Ukraine und der Krim stattfinden sollte, ĂŒbernahmen Radikale trotz aller Vereinbarungen und Garantien des Westens – sowohl Europas als auch, wie gesagt, der USA – die Kontrolle ĂŒber das GebĂ€ude der Rada, die PrĂ€sidialverwaltung, und ĂŒbernahmen die Regierung mit Gewalt. Und kein einziger Garant all dieser Vereinbarungen ĂŒber die politische Lösung – weder die USA noch die EuropĂ€er – hat auch nur einen Finger gerĂŒhrt, um seinen Verpflichtungen nachzukommen und die Opposition aufzufordern, die besetzten RegierungsgebĂ€ude freizugeben und auf Gewalt zu verzichten. Es ist klar, dass ihnen dieser Verlauf der Ereignisse nicht nur gelegen kam, sondern dass sie offenbar die Urheber dieser Entwicklung waren.

Ebenfalls am 22. Februar 2014 hat die Werchowna Rada unter Verstoss gegen die ukrainische Verfassung die Entschliessung ĂŒber die sogenannte Selbstenthebung des amtierenden PrĂ€sidenten Janukowitsch vom Amt des PrĂ€sidenten angenommen und fĂŒr den 25. Mai ausserordentliche Wahlen angesetzt. Mit anderen Worten: Es hat ein bewaffneter Staatsstreich, der von aussen angezettelt wurde, stattgefunden. Die ukrainischen Radikalen haben mit stillschweigender Zustimmung und direkter UnterstĂŒtzung des Westens alle Versuche, die Situation friedlich zu lösen, vereitelt.

Dann haben wir versucht, Kiew und die westlichen HauptstĂ€dte dazu zu ĂŒberreden, einen Dialog mit den Menschen im SĂŒdosten der Ukraine aufzunehmen und ihre Interessen, Rechte und Freiheiten zu respektieren. Aber nein, das Regime, das durch den Staatsstreich an die Macht gekommen ist, hat sich fĂŒr den Krieg entschieden und im FrĂŒhjahr und Sommer 2014 Strafmassnahmen gegen den Donbass eingeleitet. Russland hat erneut zum Frieden aufgerufen.

Wir haben alles getan, um die akuten Probleme, die im Rahmen des Minsker Abkommens entstanden sind, zu lösen, aber der Westen und die Regierung in Kiew haben sich, wie ich bereits betont habe, nicht an dieses Abkommen gehalten, obwohl unsere westlichen Kollegen, einschliesslich des US-PrĂ€sidenten, uns mit Worten versicherten, dass das Minsker Abkommen wichtig sei und dass sie sich fĂŒr den Prozess seiner Umsetzung einsetzen wĂŒrden. Dass das ihrer Meinung nach eine Lösung der Situation in der Ukraine, ihre Stabilisierung und die BerĂŒcksichtigung der Interessen der Bewohner des Ostens ermöglichen wĂŒrde. Stattdessen organisierten sie in der Praxis eine Blockade des Donbass, wie ich bereits erwĂ€hnt habe. Die ukrainischen StreitkrĂ€fte bereiteten sich konsequent auf eine gross angelegte Operation zur Zerstörung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk vor.

Das Minsker Abkommen wurde schliesslich durch die HĂ€nde des Kiewer Regimes und des Westens begraben. Ich komme noch einmal darauf zurĂŒck. Deshalb sah sich Russland 2022 gezwungen, die MilitĂ€roperation einzuleiten, um den Krieg im Donbass zu beenden und die Zivilbevölkerung vor einem Völkermord zu schĂŒtzen.

Gleichzeitig haben wir seit den ersten Tagen wieder Optionen fĂŒr eine diplomatische Lösung der Krise vorgelegt; darĂŒber habe ich heute schon gesprochen. Das waren die Verhandlungen in Weissrussland und in der TĂŒrkei und der Abzug der Truppen von Kiew, um die Voraussetzungen fĂŒr die Unterzeichnung der Istanbuler Vereinbarungen zu schaffen, die im Prinzip von allen akzeptiert wurde. Aber auch diese Versuche wurden letztlich wieder abgelehnt. Der Westen und Kiew haben den Kurs eingeschlagen, uns zu besiegen. Aber, wie wir wissen, ist das alles gescheitert.

Heute machen wir einen weiteren konkreten, echten Friedensvorschlag. Wenn Kiew und die westlichen HauptstĂ€dte ihn wie bisher ablehnen, dann ist es letztlich ihre Sache und ihre politische und moralische Verantwortung fĂŒr die Fortsetzung des Blutvergiessens. Es ist offensichtlich, dass sich die RealitĂ€ten vor Ort und an der Kontaktlinie weiterhin nicht zugunsten des Kiewer Regimes verĂ€ndern werden. Und die Bedingungen fĂŒr die Aufnahme von Verhandlungen werden andere sein.

Ich betone das Wichtigste: Der Kern unseres Vorschlags ist nicht eine vorĂŒbergehende Waffenruhe oder ein Waffenstillstand, wie es der Westen will, um die Verluste wieder auszugleichen, das Kiewer Regime wieder aufzurĂŒsten und es auf eine neue Offensive vorzubereiten. Ich wiederhole: Es geht nicht um ein Einfrieren des Konflikts, sondern um seine endgĂŒltige Beendigung.

Und ich sage noch einmal: Sobald Kiew einem Ă€hnlichen Ablauf wie dem heute vorgeschlagenen zustimmt, einem vollstĂ€ndigen RĂŒckzug seiner Truppen aus der DNR und der LNR sowie aus den Regionen Saporoschje und Cherson zustimmt und diesen Prozess tatsĂ€chlich einleitet, sind wir bereit, Verhandlungen aufzunehmen, ohne sie zu verzögern.

Ich wiederhole, unsere prinzipielle Position ist folgende: der neutrale, blockfreie, nicht-nukleare Status der Ukraine, ihre Entmilitarisierung und Entnazifizierung, zumal diese Parameter bei den Istanbuler GesprÀchen im Jahr 2022 insgesamt vereinbart wurden. In Bezug auf die Entmilitarisierung war dort alles klar, alles wurde genau festgelegt: die Anzahl von diesem, jenem und der Panzer. Es war alles vereinbart.

NatĂŒrlich mĂŒssen die Rechte, Freiheiten und Interessen der russischsprachigen BĂŒrger in der Ukraine in vollem Umfang gewĂ€hrleistet werden, und die neuen territorialen Gegebenheiten und der Status der Krim, Sewastopols, der Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie der Regionen Cherson und Saporoschje als Teilgebiete der Russischen Föderation mĂŒssen anerkannt werden. Alle diese grundlegenden und fundamentalen Bestimmungen sollten in Zukunft in Form von grundlegenden internationalen Abkommen festgelegt werden. Das impliziert natĂŒrlich auch die Aufhebung aller westlichen Sanktionen gegen Russland.

Ich glaube, dass Russland eine Option vorschlĂ€gt, die es ermöglichen wird, den Krieg in der Ukraine wirklich zu beenden, das heisst, wir rufen dazu auf, die tragische Seite der Geschichte umzuschlagen und, wenn es auch schwierig wird, allmĂ€hlich, Schritt fĂŒr Schritt, aber allmĂ€hlich die Beziehungen des Vertrauens und der guten Nachbarschaft zwischen Russland und der Ukraine und in Europa insgesamt wiederherzustellen.

Indem wir die ukrainische Krise lösen, könnten wir, auch gemeinsam mit unseren Partnern in der OVKS und der Shanghaier Organisation fĂŒr Zusammenarbeit, die auch heute einen bedeutenden und konstruktiven Beitrag zur Suche nach einer friedlichen Lösung der ukrainischen Krise leisten, sowie mit den westlichen, einschliesslich der europĂ€ischen Staaten, die zum Dialog bereit sind, mit der grundlegenden Aufgabe beginnen, die ich zu Beginn meiner ErklĂ€rung erwĂ€hnt habe, nĂ€mlich der Schaffung eines unteilbaren eurasischen Sicherheitssystems, das die Interessen ausnahmslos aller Staaten des Kontinents berĂŒcksichtigt.

NatĂŒrlich ist es unmöglich, buchstĂ€blich zu den SicherheitsvorschlĂ€gen zurĂŒckzukehren, die wir vor 25, 15 oder auch nur zwei Jahren vorgelegt haben, denn es ist zu viel passiert und die UmstĂ€nde haben sich geĂ€ndert. Die Grundprinzipien und vor allem das eigentliche Thema des Dialogs bleiben jedoch unverĂ€ndert. Russland ist sich seiner Verantwortung fĂŒr die weltweite StabilitĂ€t bewusst und bekrĂ€ftigt seine Bereitschaft, mit allen LĂ€ndern zu sprechen. Dabei sollte es sich jedoch nicht um die Imitierung eines Friedensprozesses handeln, um den egoistischen Willen eines Landes, die eigenen Interessen zu bedienen, sondern um ein ernsthaftes, grĂŒndliches GesprĂ€ch ĂŒber alle Fragen, ĂŒber das gesamte Spektrum der weltweiten Sicherheitsfragen.

Liebe Kollegen, ich bin ĂŒberzeugt, dass Sie alle wissen, vor welch grossen Aufgaben Russland steht und wie viel wir zu tun haben, auch im Bereich der Aussenpolitik.

Ich wĂŒnsche Ihnen von Herzen Erfolg bei der schwierigen Arbeit zur GewĂ€hrleistung der Sicherheit Russlands, unserer nationalen Interessen, zur StĂ€rkung der Position des Landes in der Welt, zur Förderung der Integrationsprozesse und der bilateralen Beziehungen zu unseren Partnern.

Die StaatsfĂŒhrung wird ihrerseits dem diplomatischen Dienst und allen an der Umsetzung der russischen Aussenpolitik Beteiligten weiterhin die notwendige UnterstĂŒtzung zukommen lassen.

Ich danke Ihnen nochmals fĂŒr Ihre Arbeit, ich danke Ihnen fĂŒr Ihre Geduld und Ihre Aufmerksamkeit fĂŒr das, was ich gesagt habe. Ich bin sicher, dass wir Erfolg haben werden.

Vielen Dank.