Der SWR liefert mit «Rache für Corona – wie weit gehen radikale Impfgegner?» einen journalistisch entkernten, hochgradig weltanschaulich kontaminierten Filmbeitrag ab.

Im Kern soll es um die Frage gehen, warum Kritiker der Corona-Impfung noch immer eine Aufarbeitung der Corona-Politik fordern. Doch genau darum geht es nicht. Fragen wie «Warum sind die Menschen noch so sauer?» oder «Warum emotionalisiert das Thema, vor allem die Impfung, immer noch so sehr?» dienen den Autoren des Films, Lisa Hüttl und Nico Seidel, nicht zum Erkenntnisgewinn. Sie folgen keinem von journalistischer Neugier und Objektivität geprägten Erkenntnisinteresse. Die Fragen verkommen in einem als «Dokumentation» beworbenen 36-minütigen Realitätsbruch zur puren Farce.

Die Autoren bringen es fertig, die schwersten Grundrechtseinschränkungen seit Bestehen der Republik kein einziges Mal kritisch zu thematisieren. Sie wollen über «Rache für Corona» sprechen, ohne kritisch zu beleuchten, wie Ungeimpfte in unserer Gesellschaft ausgegrenzt, abgewertet, diffamiert, bedroht und in ihrem Sein als Menschen und Staatsbürger entwertet wurden.

Von der öffentlichen Blossstellung und Beschämung der Ungeimpften durch den Spiegel-Kolumnisten Nikolaus Blome, der forderte: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen» – bis hin zu der Aussage des FDP-Politikers Rainer Stinner, wonach Ungeimpfte «gefährliche Sozialschädlinge» seien, hört der Zuschauer nichts. Und so tappen Hüttl und Seidel durch das Dunkel eines vor ideologischer Verblendung nur so triefenden Filmbeitrags. «Mein Kollege Nico Seidel und ich wollen herausfinden, was diese Menschen antreibt», heisst es.

Doch dann kommen nicht etwa diejenigen zu Wort, die tatsächlich Licht ins Dunkel bringen könnten, nämlich die Betroffenen, sondern, Schnitt, der stellvertretende Leiter des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg. «Also das Thema der Corona-Protestbewegung war als solches nie weg. Aber das Ganze ist zunehmend in eine sehr, sehr nicht nur staatskritische, sondern auch staatsfeindliche, zum Teil ja auch delegitimierende Einstellung gegenüber allen staatlichen Massnahmen und Repräsentanten des Staates umgeschwappt.»

Mit anderen Worten: Ein Vertreter des Staates taugt den Autoren zur «kritischen Einordnung» von Demonstrationen, die sich gegen die Politik dieses Staates richten. Wie, wenn nicht so, soll journalistischer Dilettantismus aussehen?

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.