Das Gesuch um eine vorsorgliche Löschung des Weltwoche-Artikels um den Zürcher Abhör- und Justizskandal wurde am 10. Mai gemeinsam von Richterin XY* (Grüne) und dem Bezirksgericht Zürich (BGZ) gestellt. Doch das Bezirksgericht Meilen stellte in seiner vorsorglichen Zensurverfügung vom 13. Mai fest, dass das BGZ gar nicht klageberechtigt ist. Die Richterin prozessiert also in eigenem Namen.

Doch dem ist nicht so. Auf die Anfrage des Schreibenden beim Zürcher Obergericht, wer den Anwalt von der Zürcher Richterin und die von Meilen verlangte Verfahrenskaution über 5000 Franken bezahle, drückte sich Mediensprecher Marc Bodenmann-Stocker vorweg mit allgemeinen Floskeln um eine klare Antwort: «Sind Mitarbeitende im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit von illegalen Handlungen betroffen, gebietet die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, gemäss kantonalem Personalgesetz, diese Mitarbeitenden zu unterstützen. Dies kann auch die Übernahme von Anwalts- und Verfahrenskosten beinhalten.»

Erst auf Insistieren räumte Bodenmann-Stocker ein, man könne «davon ausgehen», dass die öffentliche Hand zahlen werde. Im Klartext: XY kann gratis und ohne eigenes finanzielles Risiko gegen die Weltwoche prozessieren – auf Kosten der Steuerzahler. Obwohl sie nicht irgendeine kleine anonyme Beamtin ist, sondern eine vom Volk gewählte, grosszügig besoldete Magistratin.

Die Weltwoche ficht die Zensurverfügung selbstverständlich an. Doch es zeichnet sich ein äusserst ungleicher und unfairer Kampf ab.

Bezirks- und Ersatzoberrichterin XY hat nicht nur den gesamten Justizapparat auf ihrer Seite – sie trägt überdies nicht das geringste Prozessrisiko, zumindest nicht in finanzieller Hinsicht. Und das ist gewichtiger als alles andere.

Recht haben und recht bekommen ist bekanntlich zweierlei. Es ist immer eine Frage des Geldes. Wer mit unbegrenzten Mitteln prozessiert, kann jeden Entscheid anfechten und jedes Verfahren mit Eingaben und Rekursen fast beliebig in die Länge ziehen. Wer sich auf eigenes Risiko dagegen wehrt, wird sich dagegen jeden Schritt gut überlegen – und vielleicht einen faulen Kompromiss eingehen. Und wenn das Bundesgericht dann in drei, fünf oder auch zehn Jahren ein endgültiges Urteil fällt, ist es meistens egal, wie dieses lautet. Ausser ein paar Juristen schert sich bis dann eh kein Mensch mehr darum.

Die grosse Verliererin steht allerdings schon jetzt fest: Es ist die Justiz selber. Im Zentrum des ganzen Skandals steht nicht weniger als die Frage, wie sehr wir unserem Rechtssystem noch trauen können. Statt mit Transparenz und Offenlegung reagiert ebendiese Justiz mit Mauern, Verwedeln, Vertuschen und Verbieten. Und bestätigt damit indirekt: Das Misstrauen ist mehr als berechtigt.

*Name der Redaktion bekannt.