Nur wenige sind zufrieden; viele reklamieren: Die einstigen EU-Turbos kommen bis heute nicht über ihre Abstimmungsniederlage hinweg und beklagen wirtschaftliche Nachteile für das Land. Brexit-Initiant Nigel Farage wiederum kritisiert, dass die Konservativen und die jetzige Labour-Regierung weiterhin nach der Pfeife von Brüssel tanzten. Vor allem aber hätten sie die Migration nicht in den Griff bekommen. Wie immer in solchen Fällen liegt die Wahrheit in der Mitte. Das heisst, der Brexit hat sich als wesentlich besser herausgestellt als prognostiziert.

Erstens hat das Land seine volle Souveränität zurückgewonnen. Westminster muss sich nicht mehr nach den Entscheiden der Europäischen Kommission richten. Zweitens hat Grossbritannien in dieser Zeit rund fünfzehn Milliarden Franken an EU-Beiträgen gespart. Drittens hat das Vereinigte Königreich neue Vertragsfreiheiten gewonnen, um Übereinkommen mit Drittstaaten abzuschliessen.

Auf der negativen Seite sind einzelne wirtschaftliche Nachteile zu verbuchen, etwa in der Fischerei oder in der Landwirtschaft, sowie bürokratische Schikanen. Der ökonomisch viel wichtigere Dienstleistungssektor hat sich indes positiv entwickelt; der Londoner Finanzsektor ist stärker denn je.

Bleibt die Migration: Tatsächlich ist die Zuwanderung ungebremst weitergewachsen, auch wenn der freie Personenverkehr mit der EU weggefallen ist. Die Zunahme liegt vor allem am Familiennachzug bereits Eingewanderter aus Asien und Afrika. Die Konservativen haben die Entwicklung verschlafen. Und die Labour-Regierung ist nicht willens, Einschränkungen zu verfügen.