Kevin Spacey, Meister der Charade, ist zurück.

In einem gut siebenminütigen Interview mit dem amerikanischen Moderationsidol Tucker Carlson schlüpft er wieder in die Rolle seiner bekanntesten Figur: Frank Underwood, der teuflische Politiker aus der gefeierten Netflix-Serie «House of Cards». Als Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens gegen Spacey aufflammten, liess Netflix Spacey 2018 wie eine heisse Kartoffel fallen und machte den zweifachen Oscarpreisträger in Hollywood zur Persona non grata. Spacey, 64, konnte derweil nichts nachgewiesen werden: zwei Gerichte sprachen ihn frei.

Rache ist süss und in diesem Fall äusserst amüsant. Weihnachtlich gemütlich vor einem Cheminée-Feuer sitzend, unterhalten sich die beiden in vergnüglichem Ton. Was das überraschende Interview-Gespann verbindet, ist ein gewisser Paria-Status: Tucker Carlson ist dieses Jahr von Fox News Channel entlassen worden und schlägt sich seither – mit Erfolg – als politischer Kommentator auf seinem eigenen Kanal durch.

Im wahlkämpferischen Weihnachts-Talk «Being Frank with Tucker», den die beiden an Heiligabend veröffentlichten, vermischt der in Ungnade gefallene Hollywoodstar seine Serienfigur mit dem realen Spacey virtuos: «Ich denke, wir sind uns beide einig, dass wir ein paar Erwachsene zurück in den Raum bringen müssen, und wenn das bedeutet, dass ich die Rolle des Chief Executive übernehmen muss, dann ist das ein Opfer, das ich bereit bin, für diese grossartige Nation zu bringen», erklärt Kevin Spacey alias Frank Underwood sein Interesse am amerikanischen Präsidentenamt 2024. Und: «Ich denke, wir brauchen jemanden im Weissen Haus, der keine Angst hat, wie ich.» Über seinen Netflix-Abgang sagt er: «Es ist bizarr, dass sie beschlossen haben, sich öffentlich von mir zu trennen, nur aufgrund von Anschuldigungen, die sich inzwischen als falsch erwiesen haben, denn ich glaube nicht, dass das in Frage steht: Netflix gibt es nur wegen mir. Ich habe sie bekannt gemacht, und sie haben versucht, mich unter die Erde zu bringen.»

Carlson möchte von Spacey wissen, ob er bloss eine Rolle spiele oder ob dieses Gespräch echt sei. Spacey: «Nun, wahrscheinlich ist es ein bisschen von beidem. Ich meine Tucker, was ist wahr, was ist falsch? Was ist Leben, was ist Kunst? Was ist real, was ist Performance? Ich liebe es, wenn sich diese Dinge überschneiden, denn dann wird es interessant.»

Carlson fragt, welche Rolle Spacey als Nächstes zu spielen gedenke. «Ich werde jede Rolle spielen, die das Publikum von mir verlangt», sagt der Mime, der nebenbei die republikanischen Präsidentschaftsanwärter Vivek Ramaswamy und Nikki Haley lobt und sich über den ausgeschiedenen Kandidaten Mike Pence lustig macht. Spacey bietet Carlson zudem das Amt des Vize-Präsidenten an, falls er, Spacey alias Underwood, kandidiere. Damit nimmt er das Gerücht auf, das vor ein paar Wochen aufkam, Tucker Carlson gehe zusammen mit Donald Trump als dessen Vize ins Präsidentschaftsrennen.

Das ist die hohe Schule von satirischer Unterhaltung.