Manchmal ist es verständlich, wenn Wolodymyr Selenskyj übers Ziel hinaus schiesst. Etwa wenn er pauschal alle Russen Mörder und Terroristen nennt und ihre Bestrafung verlangt.

Das gefällt den Rassisten unter den ukrainischen Nationalisten, die in den Russen minderwertige «Untermenschen» sehen.

Andererseits reagierte Selenskyj auf einen brutalen russischen Angriff auf einen Wohnblock, der 23 Zivilisten tötete.

Nur selten kostet ein einzelner Angriff so viele Zivilisten auf einmal das Leben. So selten, dass es Schlagzeilen kreiert.

Der Grund dafür wird nicht hinterfragt: Russland will Verluste unter ukrainischen Bürgern so niedrig wie möglich halten und bombardiert nicht bewusst zivile Ziele. 8490 getötete Zivilisten zählte die Uno in vierzehn Kriegsmonaten.

Sicher, das sind 8490 zu viel, aber im Vergleich zu anderen Kriegen gnädig wenig. Allein im Golfkrieg starben über eine halbe Million irakischer Kinder. Eiskalt kommentierte die amerikanische Aussenministerin Madeleine Albright später: «Das war es wert.»

Solche menschenverachtenden Äusserungen kämen wohl nie aus russischem Mund. Denn Moskau betrachtet die Ukrainer nicht als fremde Rasse, sondern als nachbarliches Brudervolk, mit dem man dauerhaft zusammenleben muss – egal, wie der Krieg endet.

Man würde gerne wissen, wie die Ukraine und der Westen sich dieses künftige Zusammenleben vorstellen.