Nach der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK-N) hat Ende letzter Woche nun auch die Gesundheitskommission der grossen Kammer den Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) grünes Licht erteilt.

Die Änderungen, die die Weltgesundheitsversammlung im vergangenen Sommer angenommen hat, sind im Falle der Übernahme für Staaten «rechtlich bindend». Sie erlauben es der Weltgesundheitsorganisation (WHO), künftig noch stärker als bisher die nationale Gesundheitspolitik der einzelnen Länder mitzubestimmen.

In der Gesundheitskommission stösst das auf Anklang. Mit 16 zu 8 Stimmen lehnte es die Kommission ab, den Bundesbeschluss zu den IGV-Änderungen dem Referendum zu unterstellen. Just dies hatten Kommissionsmitglieder der SVP gefordert, blieben jedoch chancenlos. Wenige Tage zuvor war bereits ein ähnlicher Antrag in der APK-N gescheitert.

Dieser hatte verlangt, dass die Vorschriften wenigstens dem Parlament vorgelegt werden sollten (die Weltwoche berichtete). Wie unbekümmert die IGV-Anpassungen im Nationalrat durchgewinkt worden sind, ist erstaunlich. Die Mehrheit der Nationalräte vertraut dem Bundesrat offenbar blind.

Die Landesregierung hatte letzten November entschieden, eine Vernehmlassung für die Änderungen der IGV durchzuführen. Rémy Wyssmann, SVP-Nationalrat und Mitglied der Gesundheitskommission, sieht das Vorgehen des Bundesrats skeptisch. «Die Vernehmlassung wird als Feigenblatt missbraucht. Am Ende wird die Landesregierung die Vorschriften vermutlich durchwinken. Parlament und Volk hat man ohnehin nicht zu fürchten, da die Vorlage nicht dem Referendum unterliegt. Dabei hätte es das Parlament in der Hand, Stärke zu zeigen und das Geschäft freiwillig dem Referendum zu unterstellen.»

Dass die IGV-Änderungen in den Kommissionen auf keinen wirklichen Widerstand stiessen, hat vor allem auch mit dem Wirken von Anne Lévy zu tun, der Direktorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG).

In beiden Kommissionen war es die BAG-Chefin, die die Parlamentarier von der Notwendigkeit der IGV-Änderungen überzeugen konnte und diese gar als alternativlos darzustellen vermochte.

Lévy, die während der Corona-Pandemie pausenlos vor einer Überlastung der Spitäler gewarnt hatte, warnt heute vor einem möglichen Reputationsrisiko für die Schweiz. Ein solches drohe Bern im Falle einer Nicht-Übernahme der IGV-Änderungen. Damit werde die Zusammenarbeit mit der WHO für die Schweiz erschwert, so in etwa die Argumentation Lévys.

Ganz andere Gefahren sehen wiederum Kritiker wie etwa SVP-Nationalrat Wyssmann: «Eine Übernahme der IGV-Änderungen würde für die Schweiz einen Verlust an Demokratie und Souveränität bedeuten. Künftig könnte die WHO im Krisenfall die Gesundheitspolitik diktieren.»

Problematisch sei dies für die Schweiz als Staat sowie auch für die Bürger. «Die bürgerlichen Freiheitsrechte würden durch die Übernahme der IGV-Anpassungen eingeschränkt.» Gefährdet seien etwa die Meinungs- und Pressefreiheit. «Mit den Änderungen hat die WHO das Recht, gegen Informationen vorzugehen, die der Deutungshoheit der Organisation widersprechen.»

Die Änderungen der IGV sehen neu zudem auch vor, dass die Vertragsstaaten «zur Deckung des Bedarfs der Entwicklungsländer» im Gesundheitsbereich mehr Finanzmittel zur Verfügung stellen. «In Bern ist man noch immer der Meinung, Geld für die ganze Welt zu haben. Die eigenen Bürger kommen an zweiter Stelle», so die Einschätzung von SVP-Nationalrat Wyssmann.

Die Regierung hat nun bis Juli 2025 die Möglichkeit, aktiv ihre Ablehnung zum Ausdruck zu bringen im Rahmen des sogenannten Opting-out-Mechanismus. Ansonsten werden die Anpassungen in Kraft treten. SVP-Nationalrat Wyssmann geht davon aus, dass der Bundesrat nicht von dem Mechanismus» Gebrauch machen wird.

Nicht zur Vorlage geäussert hat sich bisher die Aussenpolitische Kommission des Ständerats (APK-S). Sie befasste sich zu Beginn dieser Woche ebenfalls mit den Gesundheitsvorschriften. Stellung beziehen will man aber erst nach Abschluss der Vernehmlassung Ende Februar.