Schwingfest-TV-Moderator Sascha Ruefer, Vielplauderer und Ausrufer für das Schweizer Fernsehen über die Nationalmannschaft, fordert also, dass Xhaka die Captain-Binde abgibt und der Verband oder sonst irgendeiner subito einen Gegenpol zu seiner Persönlichkeit aufbaut, damit Gehänge-Griffe und das Resultat von 1:6 in Zukunft dem Schweizer TV-Publikum erspart bleiben.

Gegenfrage, Sascha Ruefer: Aufbauen wie? Mit Lego? Oder im Cyberspace? Im Sandkasten? Nichtklebender Knetmasse für Kleinkinder?

Also, Sascha Ruefer: Einen Captain einer Fussball-Nationalmannschaft, die an eine Weltmeisterschaft fährt, dort mindestens den Halbfinal erreichen will, kann man, sehr geehrter Herr Ruefer, nicht aufbauen. Captain wird man, weil man sich über Jahre überragendes fussballerisches Können angeeignet hat, das kein Mitspieler in Frage stellt, weil man über eine starke Persönlichkeit verfügt und die natürliche Ausstrahlung von jemandem besitzt, dem andere folgen.

Vielleicht noch eine Frage, wenn wir schon bei Fragen und Antworten sind. Wie wird man Moderator, Reporter einer grossen TV-Anstalt, bekommt praktisch ein Monopol von dieser Anstalt, über die Spiele einer Nationalmannschaft zu berichten?

Am Fall von Sascha Ruefer wären da offensichtlich folgende Qualifikationen notwendig: möglichst schnell und unqualifiziert sprechen zu können über Fussball, sich bestens im Schwingsport auszukennen, oder zumindest beim Schwingen auf keinen Widerspruch zu treffen, keine Ahnung über Mannschaftsport zu haben und erst noch nicht zu wissen, wie man als Fussballprofi bei einem Weltverein wie Arsenal London zu einem Millionenvertrag kommt.

Die Fussball-WM in Katar hat 220 Milliarden gekostet. Damit hat man die besten Profis in vielen Bereichen engagiert. Beim Schweizer Fernsehen schauen die Spiele bis zu etwa 1,2 Millionen. Wenn ich richtig orientiert bin, ist das die rund doppelte Zuschauerzahl der zweitbeliebtesten Show im Fernsehen: der «Tageschau».

Statt jetzt seine Fussball-Reporter etwas auszubilden, lässt man zu, dass sie die Weltmeisterschaft mit einem Grümpelturnier verwechseln. Anders ist es nicht möglich, dass sie, wie in Katar in manchen Spielen passiert, den Match halbzeitlang als langweilig erklären, weil er praktisch keine Torchancen bietet.

Zur Orientierung – bei einer Weltmeisterschaft werden die besten Verteidiger der Welt eingesetzt. Diese Verteidiger haben den Auftrag, möglichst keine Torchancen zuzulassen. Wenn sie ihren Job tadellos erfüllen, der Gegner fast keine Torchancen hat, stellen sie ihre Weltklasse unter Beweis. Einen Match an einer WM wegen fehlender Torchancen als schlecht zu erklären, sagt mehr über den Erklärer aus als über den Match.

Noch schlimmer für einen Fussball-Reporter ist nur die unüberlegt ausgerufene Forderung, ein Trainer, ein Verband oder vielleicht ein indischer Guru müsse den alten Captain ablösen, einen neuen im Sandkasten aufbauen und in Zukunft so ans Werk gehen.

Wir sind uns alle einig. Es geht nicht an, dass ein Captain die Übersicht derartig verliert, dass er vor den alles ausleuchtenden TV-Kameras demonstriert, im Notfall auch noch ein potenzieller und potenter Vater sein zu können. Im Falle von heissblütigen Menschen, die ihre Wurzeln im Kosovo haben, lässt man solche Typen am besten nicht gegen die Serben spielen, wenn man mit diesen urwüchsigen Gesten nicht anders klarkommen kann in einer Zeit, in der die ganze Welt von viel extremeren Bildern im Internet verseucht wird.

Mit einer solchen Forderung könnte sich ein Fussball-Reporter zum Beispiel auszeichnen, statt mit dem hirnrissigen Wunsch, man müsse Xhaka mit einem Captain aus der Retorte austauschen.

Um fair zu sein gegenüber Xhaka, der in jedem Match mit der Nationalmannschaft seine Gesundheit, seine Knochen und sein Millionengehalt bei Arsenal riskiert, darum zum Schluss die Frage: Wer würde dem Publikum bei einem Match der Schweiz wohl mehr fehlen, Xhaka oder Ruefer? Stimmen Sie ab.