«Seit vielen Jahren», schreibt Jonathan Gardy auf seiner Website («Psychologische Beratung am Greifensee»), «begleite ich Menschen im Alltag und an Wendepunkten ihres Lebens. Dabei ist mir eine wohlwollende und wertfreie Grundhaltung wichtig.»

Wer sich den «kreativen Methoden» Gardys anvertraut, bezahlt für 50 Minuten «körperzentrierte Psychotherapie» 100 Franken, «für Klient:innen mit schmalem Budget (Studierende, IV, Kulturlegi etc. – bitte sprechen Sie mich an.)» macht’s der Jugendseelsorger vom Greifensee bereits für 70 Franken.

Nur gut also, dass der Mann noch einen Nebenverdienst hat. Am Samstagabend war er – nach der Hauptausgabe der «Tagesschau» und vor der «Beatrice Egli Show» – zur besten Sendezeit der Mastermind im «Wort zum Sonntag» beim Schweizer Fernsehen, laut eigenen Angaben «ein Kommentar aus christlicher Sicht zu religiösen, spirituellen und ethischen Fragen des Individuums und der Gesellschaft der Gegenwart».

Während mehr als drei Minuten lästerte der gebürtige Deutsche über demokratische Entscheide in der Schweiz. Er spende, solange er gleich viel verdiene, mindestens so viel wie im letzten Jahr – und wörtlich: «Umso mehr irritiert mich, dass Regierung und Parlament gerade das Gegenteil im Sinn haben.»

Den Entscheid des Nationalrates, die Entwicklungshilfe um 250 Millionen Franken pro Jahr zu kürzen, wie auch den Vorschlag des Bundesrates, in den nächsten vier Jahren anderthalb Milliarden Franken auf Kosten anderer Länder in die Ukraine umzuleiten, «finde ich nicht in Ordnung», plaudert der Kirchenmann im gebührenfinanzierten Staatssender und gibt gleich die Stallorder an den Ständerat, der sich kommende Woche über das Budget beugen wird: «Ich meine: Ja, sparen kann man, aber nicht bei den Schwächsten. Sie sind am dringendsten auf unsere Unterstützung angewiesen. Ihnen weiter zu helfen, muss Priorität haben.»

Entwicklungszusammenarbeit sei «kein Zückerli. Sie ist Brot der Mitmenschlichkeit», schwadroniert Gardy und erzählt ohne Quellenangabe von einer Umfrage, wonach «fast 60 Prozent der Stimmbevölkerung sogar bereit wären, die Entwicklungshilfe aufzustocken.» So, kommentiert der Mitdreissiger unverfroren, «soll es beiben».

Die Korrektur zum siebten Tag der Woche kam dann wenigstens danach, simpel, realitätsnah und zielgenau: Wenn schon das «Wort zum Sonntag» es nicht mehr schafft, uns Mitmenschen Orientierung, Trost, Erbauung und Ermutigung für den Alltag zu geben, schaffte das Schlagersängerin Beatrice Egli in der Folgesendung mit ihrem Hit zum Sendungsauftakt: «Herzgesteuert».