Desinformation bedeutet nicht nur, falsche Tatsachen zu verbreiten. Sondern auch «das absichtliche Weglassen oder Uminterpretieren von Tatsachen». So hat es der Bundesrat in einem Bericht festgehalten. Ob er dabei auch an sich selbst gedacht hat?

Auch die Schweiz wirkt im Informationsraum, beeinflusst die Öffentlichkeit einseitig. Neustes Beispiel: Jacques Pitteloud, der ständige Vertreter der Schweiz bei der Nato in Brüssel.

«Wir sollten mehr mit der Nato üben. Aber nicht den Bündnisfall», sagte der erfahrene Diplomat am Freitag in einem Interview mit der NZZ. Der Bündnisfall ist die Essenz der Nato. Artikel 5 des Nordatlantikpakts besagt: Wenn ein Mitglied angegriffen wird, eilen ihm die anderen zur Hilfe.

Wenige Tage vor Pittelouds Aussage hat die Schweiz, vertreten von Beamten aus dem Verteidigungs- sowie dem Aussendepartement, indes genau an einer solchen Bündnisfall-Übung teilgenommen. Zum ersten Mal überhaupt, wie die Weltwoche aufgedeckt hat.

Die Fake-Fabrik Bundeshaus greift tief in die Trickkiste der Desinformation, um diese Tatsache ihren Bürgern vorzuenthalten. Als neutrales Land und lediglich als Partnernation mache die Schweiz an jenem Teil der Übung, an der Bündnisverteidigung geübt werde, nicht mit, schreibt das VBS. Frei nach dem Motto: Mitgegangen, aber sicher nicht mitgefangen.

Gleichzeitig unterschlägt das VBS in seiner offiziellen Kommunikation den entscheidenden Punkt, dass nicht nur ein Teil, sondern die besagte Übung als Ganzes als Artikel-5-Übung klassiert ist. Und der potenzielle Feind, gegen den man übt, ist ebenfalls klar: Russland.

«Seit 2014 wurde die Übung – im Zuge der Annexion der Krim und der Verschlechterung der sicherheitspolitischen Lage – stärker als Bündnisverteidigung ausgerichtet», heisst es in vertraulichen Dokumenten des VBS. Und Pitteloud? Der gewiefte Diplomat muss im Interview nicht näher auf diese widersprüchliche Information eingehen.