Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Online-Blog Voicefromrussia.ch.

Wir haben das abgehörte Gespräch auf diesem Blog («Wie deutsche Militärs die Krim-Brücke zerstören wollen») und auf Zero Hedge‹A Complete Disaster for the German Govt›—Scholz Promises Probe into ‹Very Serious› Leaked Recording of Plan to Destroy Crimea Bridge») vollständig publiziert und detailliert analysiert.

Unter Berücksichtigung aller uns bekannten Umstände kamen wir zu folgenden Schlüssen: (1) Das Gespräch, welches als geheim einzustufen ist (NZZ), wurde auf ungesicherten Kanälen geführt und zeigt, dass die Offiziere und damit die Führung der deutschen Bundeswehr fahrlässigst gehandelt haben; (2) nach eigenen Aussagen der Offiziere befinden sich britische und amerikanische Truppen bereits in der Ukraine (wir haben dies bereits vor über einem Jahr erörtert und jetzt recht bekommen); (3) die Deutschen wollen die Krimbrücke, welche auf russischem Boden liegt und ein Bauwerk ist, das vor allem zivilen Zwecken dient, zerstören; (4) die Deutschen sind sich bewusst, dass der Einsatz von Taurus Deutschland zur direkten Kriegspartei machen würde; daher wurden «Tricks» besprochen, dies zu verschleiern; (5) die deutschen Offiziere wissen, dass der Einsatz von Taurus keinen Einfluss auf den Kriegsverlauf haben wird.

Im Nachgang zu unserer Publikation bestätigte Kanzler Scholz, dass das Gespräch authentisch war und eine Untersuchung durchgeführt werde.

Verteidigungsminister Boris Pistorius bezeichnete die Veröffentlichung des abgehörten Gesprächs als eine «Desinformationskampagne» der Russen, obwohl hier das Gegenteil vorliegt: Eine klare Information über die Haltung deutscher Offiziere bezüglich eines Angriffs auf die Krimbrücke; zugegebenermassen peinlich für Pistorius, aber wahr.

CDU-Mann Roderich Kiesewetter, seines Zeichens Oberst a. D. der Bundeswehr, welcher von Medien als «Verteidigungsexperte» (besser wohl «Angriffsexperte») bezeichnet wird, kritisierte Kanzler Scholz dafür, dass er die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine ausschliesse. Wären Leute wie Kiesewetter bereit für die Front? – Wohl eher nicht.

Obwohl die höchsten Offiziere der deutschen Luftwaffe mit eigenen Worten unmissverständlich bestätigt haben, dass die Nato sich mit Russland im Krieg befindet und dies aufgrund eines mehr als stümperhaften Sicherheitsniveaus im Kommunikationssystem der Bundeswehr herausgekommen ist, hält die deutsche Politik nicht inne, um über die möglichen militärischen Konsequenzen für die Nato, speziell für Deutschland, nachzudenken, sondern giesst noch mehr Öl in ein immer schwerer zu löschendes Feuer.

Stellvertretend für die Bundesrepublik Deutschland erlaube ich mir, innezuhalten und über die Konsequenzen nachzudenken. Ich erachte die ganze Diskussion in Deutschland, ob das Gespräch veröffentlich wurde, um Kanzler Scholz unter Druck zu setzen und wie und inwiefern sich Deutschland weiter in diesen Konflikt einbringen sollte (Taurus oder Truppen) nicht als zielführend, denn Russlands Präsident Putin hat das Vorgehen Russlands der Welt bereits zur Kenntnis gebracht; und das mit entwaffnender Offenheit.

Präsident Putin wusste bereits vor seiner Rede von dem Gespräch

Wir können es als gegeben betrachten, dass es die russischen Geheimdienste waren, welche das Gespräch abgehört haben, und dass der Inhalt dieses Gesprächs Präsident Putin vor seiner Rede vom 29. Februar bekannt war.

Es lohnt sich somit, die Rede Putins vom 29. Februar auf Hinweise seines Wissens und seine Reaktion darauf zu durchforsten. Hinweise auf das abgehörte Gespräch und die möglichen Konsequenzen sind wahrlich nicht schwierig zu finden.

Präzise Wiedergaben – Satz für Satz

Wir geben diesen Teil der Rede präzis wieder.

Zuerst bezeichnet Putin die Behauptung des Westens als unzutreffend, Russland wolle Europa angreifen:

«Jetzt haben sie die Dreistigkeit, zu behaupten, dass Russland die Absicht hat, Europa anzugreifen. Können Sie das glauben? Wir alle wissen, dass ihre Behauptungen völlig unbegründet sind.»

Rede Präsident Putin, 29. Februar 2024, S. 4

Und unmittelbar darauf erwähnt er die Diskussion der deutschen Offiziere:

«Und gleichzeitig wählen sie Ziele aus, die sie auf unserem Territorium angreifen wollen, und denken über die wirksamsten Mittel der Zerstörung nach.»

Rede Präsident Putin, 29. Februar 2024, S. 4

Dann erwähnt er die offizielle Diskussion um die Entsendung von Nato-Truppen. Wir wissen – bestätigt von den Offizieren im abgehörten Telefongespräch – dass sich Nato-Truppen bereits in der Ukraine befinden.

«Jetzt haben sie begonnen, über die Möglichkeit der Entsendung von Nato-Militärkontingenten in die Ukraine zu sprechen.»

Rede Präsident Putin, 29. Februar 2024, S. 4

Die nächste Aussage bezieht sich unmissverständlich auf den deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Jahre 1941.

«Aber wir erinnern uns daran, was mit denjenigen geschehen ist, die ihre Kontingente schon einmal in unser Land geschickt haben.»

Rede Präsident Putin, 29. Februar 2024, S. 4

Nun erklärt Putin, dass sich Russland nicht auf russischem Boden verteidigen wird, sondern aufgrund der Fähigkeiten der russischen Waffen (diese hat er in einem vorhergehenden Abschnitt seiner Rede noch einmal beschrieben) Deutschland damit rechnen müsse, dass Ziele in Deutschland angegriffen würden:

«Heute werden potenzielle Aggressoren mit weitaus schwerwiegenderen Konsequenzen rechnen müssen. Sie müssen begreifen, dass wir auch über Waffen verfügen – ja, sie wissen das, wie ich gerade gesagt habe –, die Ziele auf ihrem Territorium treffen können.»

Rede Präsident Putin, 29. Februar 2024, S. 4

Im Nachgang zu diesem Zitat weist Präsident Putin ebenfalls auf die Gefahr einer nuklearen Eskalation hin. Die westliche Presse verbindet diese beiden Aussagen und behauptet, dass Putin mit Atomkrieg drohe – dem ist nicht so. Putin droht Deutschland offen mit einem konventionellen Schlag. Es ist schon erstaunlich, wie schlampig der Westen Aussagen von Präsident Putin liest. Oder besser: wie zielgerichtet er sie sich zurechtbiegt.

Eine letzte Warnung

Wie sind diese Aussagen von Präsident Putin zu werten? Verfolgt man die Reden Putins über die letzten 23 Jahre, so zeichnen sie sich vor allem durch eines aus: Im Gegensatz zu westlichen Politikern stand Putin stets zu dem, was er sagt. Er tut, was er sagt. Putin war und ist in seinen Aussagen transparent. Seine Warnungen kommen jedoch sehr früh, um im Ernstfall das Überraschungsmoment nicht zu verlieren.

Wendet man diese Grundsätze auf seine Rede vom 29. Februar an, so sind die Aussagen Putins folgendermassen einzuordnen: Er ist der Meinung, dass sich die Nato bereits im Krieg mit Russland befindet, wie das von den Offizieren des abgehörten Gesprächs bestätigt wurde.

Seine Aussagen sind meines Erachtens dergestalt zu interpretieren, dass Präsident Putin der Nato beziehungsweise Deutschland im Falle eines Angriffs – zum Beispiel auf die Krim-Brücke – in Aussicht stellt, dass Russland sich in diesem Falle frei fühlt, Ziele in Deutschland anzugreifen, da ein Angriff der Krimbrücke durch Taurus ohne die direkte Beteiligung der deutschen Streitkräfte gar nicht möglich ist.

Mögliches Ziel

Der deutsche Hauptsitz von MBDA, des Herstellers von Taurus, befindet sich in Schrobenhausen, zirka 60 Kilometer nördlich von München, lediglich gut 1600 Kilometer entfernt von der russischen Grenze.

Aus dem Gespräch der Offiziere ergibt sich, dass die Planung, das heisst die Programmierung des Taurus, bei der MBDA durchgeführt werden könnte – Zitat:

«Können wir den Trick anwenden, dass alle Daten über MBDA [Hersteller] laufen, um eine direkte Verbindung zur Bundeswehr–Ukraine nicht zu zeigen? Wir planen die Daten und fahren die dann im Auto durch Polen in die Ukraine.»

Abgehörtes Gespräch Minute 29:05

Der Hauptsitz der MBDA befindet sich abseits der Ortschaft Schrobenhausen, somit in einiger Entfernung vom Wohngebiet in einer Waldlichtung.

Man sollte sich keinen Illusionen darüber hingeben, ob russische Waffen im Stande sind, diese Strecke ungehindert zurücklegen und das Hauptquartier MBDA-Deutschland dem Erdboden gleichzumachen.

Was wäre die Reaktion aus Deutschland?

Falls dieser Angriff von Russland ausgeführt wird, stellt sich die Frage, welche Optionen Deutschland oder der Nato als Reaktion offenstehen würden.

Den Krieg erklären bezeihungsweise die Anwendung von Artikel 5 der Nato-Charta ausrufen, würde keine Wirkung haben, da sich Deutschland und die Nato bereits jetzt erwiesenermassen und selbst nach der Meinung von deutschen Offizieren im Krieg mit Russland befinden. Das ist auch die klare Haltung von Präsident Putin.

Als Reaktion auf einen solchen Angriff wird es Deutschland und der Nato somit offenstehen, ihre Empörung zu manifestieren oder weitere Drohgebärden auszustossen.

Selbstverständlich steht es der Nato dann offen, offiziell Bodentruppen nach Russland zu entsenden und Russland mit Flugzeugen und Raketen anzugreifen. Die Hauptwaffe der Amerikaner der letzten achtzig Jahre – Flugzeugträger – werden nicht zum Einsatz kommen.

Fazit

Die Nato befindet sich bereits im Krieg mit Russland, so, wie wir es bereits Anfang Februar 2023 erörtert haben. Jetzt wurden bislang noch bestehende Zweifel durch Aussagen aus Deutschland ausgeräumt.

Präsident Putin hat – wohl zum letzten Mal – die Nato und speziell Deutschland davor gewarnt, die nächste Eskalationsstufe zu erklimmen – dies ergibt sich unmissverständlich aus der Rede des russischen Präsidenten vom 29. Februar.

Meines Erachtens waren die in diesem Artikel angeführten Zitate aus der Rede Präsident Putins die letzte Warnung an Deutschland und die Nato. Sich darauf zu verlassen, dass der Kreml noch einmal warnt, könnte sich als fatal herausstellen. Russland würde durch weitere Warnungen möglicherweise nicht nur den Überraschungseffekt verlieren, sondern auch einen Teil seiner Glaubwürdigkeit, was nicht erwünscht ist.

Aufgrund der Aussagen von deutschen Politikern, etwa von Verteidigungsminister Boris Pistorius, der den Skandal als «Desinformationskampagne» der Russen abtut, ergibt sich, dass Deutschlands verantwortliche Politiker die Rede von Präsident Putin wohl nicht genau gelesen haben und von einer militärischen Reaktion Russland komplett überrascht würden.

Falls Russland Deutschland eine Schocktherapie verabreichen möchte, bietet sich der Hauptsitz des Herstellers von Taurus in Deutschland an. Er liegt in einer Waldlichtung, weit genug entfernt von zivilen Einrichtungen, und könnte innert Minuten dem Erdboden gleichgemacht werden.

Da die Nato bereits Krieg gegen Russland führt, wäre eine Kriegserklärung Deutschlands beziehungsweise die Ausrufung von Artikel 5 der Nato-Charta unerheblich.

Die einzige militärische Option, die der Nato in diesem Fall offenstünde, wäre ein Einmarsch in Russland.

Vor einem solchen Entscheid würde sich – insbesondere der deutschen Führung – ein Blick in die Geschichtsbücher dringendst empfehlen.