Der gefühlte Wahlsieg der Union dauerte nur eine gute Stunde.
Als Kanzlerkandidat Friedrich Merz gegen 19 Uhr am Sonntagabend im Berliner Konrad-Adenauer-Haus vor seine Anhänger trat, brandete Jubel auf. «Wir haben die Wahl gewonnen», rief Merz, flankiert von CSU-Chef Markus Söder und einigen anderen CDU-Granden, in die Menge. Schon in der «Berliner Runde» (ARD) der Parteichefs um 20.15 Uhr blieb von dem Triumph nicht mehr viel übrig.
AfD-Chefin Alice Weidel kam richtig in Fahrt, als sie die Themen aufzählte, die Merz mit der AfD sofort umsetzen könnte und mit Grünen und SPD nicht. Das tapfer antrainierte Lächeln des CDU-Chefs gefror zusehends, als auch Söder darauf hinwies, dass es an der CSU und ihrem Wahlergebnis nicht gelegen habe.
Erst langsam drang da auch bei Merz durch, dass er den versprochenen Politikwechsel mit diesem Wahlergebnis und den nötigen Partnern SPD und Grünen nicht würde liefern können.
Als die Ampel im November 2024 zerbrach, wollte Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) mit Rot und Grün noch kungeln, welche Themen es an der AfD vorbei überhaupt noch ins Plenum schaffen sollten. Kumpanei mit dem Feind statt Attacke. Damals standen CDU/CSU bei 32 Prozent in den Umfragen, um dann in der Kampagne gegen die unbeliebteste Bundesregierung der Nachkriegsgeschichte bis zum Wahltag noch deutlich zu verlieren. Das muss man erst mal hinkriegen.
Erst lief der Wahlkampf zu langsam an, dann zu zaghaft und verwaschen, und als Merz nach dem Anschlag von Aschaffenburg beim Thema Migration endlich harten Klartext zu sprechen begann und mit der AfD abstimmte, war es nur ein kurzer Moment der Wahrheit, der durch die allzu eifrigen Distanzierungen von der AfD rasch an Glaubwürdigkeit verlor. Wer zu spät kommt …
Es ist eine Wahl ohne Sieger. Merz fährt für die Union das zweitschlechteste Ergebnis der Geschichte ein, muss jetzt mit linken Parteien über eine Koalition verhandeln, die ihn daran hindern werden, den Politikwechsel zu liefern, den er versprochen hat. Deutschland will den Wechsel, aber bekommt ihn nicht.
Um es klar zu sagen: Die Wähler nehmen Merz den Willen zur Macht und zum harten Umsteuern nicht ab.
Die SPD rutscht mit dem Wahlkämpfer Olaf Scholz ab in die Region einer Kleinpartei. Die AfD kann sich verdoppeln und wäre unter normalen Bedingungen der Wahlsieger, soll aber nach dem Willen der anderen Parteien nicht wirksam werden. «Das haben die Wähler vorher gewusst», sagt Merz patzig in der «Berliner Runde» und reitet sich immer tiefer ins Schlamassel hinein: Wählerbeschimpfung statt Selbstkritik. Botschaft: Was hier bei einer demokratischen Wahl zulässig ist und was nicht, bestimme ich. Die Quittung hat er bekommen.
Die Grünen verlieren nach dem schlechten Ergebnis von Annalena Baerbock vor drei Jahren noch einmal und werden wohl dennoch gemeinsam mit der SPD von der Union als Mehrheitsbeschaffer zu Gesprächen eingeladen. Ob das am Ende überhaupt zu einer Einigung auf einen Koalitionsvertrag führt, ist derzeit völlig offen.
Friedrich Merz hat eine wacklige Chance, eine Regierung zu bilden. Es wird seine letzte sein. Wenn Grüne und SPD kein Interesse an seinem Erfolg haben, wird er scheitern.
Fakt ist, dass der Wahlkampf von Friedrich Merz trotz aller Bemühungen gerade nicht die konservative Mitte gestärkt hat. Die grössten Zugewinne verzeichnen die AfD (plus rund zehn Prozentpunkte) und das linke Lager: Linke und BSW kommen gemeinsam auf rund 13 Prozent (plus etwa acht Punkte).
Mit anderen Worten: Der Wahlkampf der Union hat die Ränder gestärkt, nicht die Mitte, weil man ihr den Willen zum Wechsel nicht abgenommen hat.
Eine Politik, die glaubt, den Wählern vorschreiben zu können, welche Stimme akzeptabel ist und welche nicht, wird scheitern. Diese Wahl hätte eine Richtungswahl sein sollen, doch die Politik will lieber Brandmauern bewahren als die Richtung wechseln. Nach der Wahl ist vor den Koalitionsverhandlungen.
Es bleibt spannend.
Ralf Schuler war mehr als zehn Jahre Leiter der Parlamentsredaktion von Bild und ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS. Er betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch „Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens“ ist im Fontis Verlag, Basel erschienen.
Die Mehrheit der DE- Bevölkerung hat dank staatlicher (Kriegs)-Propaganda wie erwartet, ihren Untergang gewählt. Denn Merz=BlackRock=Vertreter der Kapitale Finanz-Firma, hat die Wahl gewonnen. Zudem: Peter Schwarz, Vortrag, 23.10.2014, Veranstaltung der IYSSE an der Humboldt-Universität in Berlin https://www.mehring-verlag.de/library/scholarship-or-war-propaganda/02.html
Mehr als die Hälfte der Wählenden hat weder AFD noch Union gewählt. Könnte man doch auch mal zur Kenntnis nehmen. Wie übrigens in den USA auch: Mehr als die Hälfte hat Trump nicht gewählt.
Nachdem bekannterweise die Brandmauer wichtiger ist als die Probleme der serbelnden Bundesrepublik Deutschland und deren Bürger, wird Merz vermutlich wieder mit SPD und Grünen koalieren und auf die Durchsetzung seines Wahlprogramms vollumfänglich verzichten. Nach der Wahl ist vor der Wahl - einfach noch schlimmer!