Der Wiederaufbau der Ukraine ist ein heisses Thema.

Die Kiewer Wirtschaftshochschule hat eine umfassende Datenbank mit dem beschädigten Eigentum und dessen geschätztem Wert erstellt. Dabei hat sie einen Wert von 100 Milliarden Dollar errechnet, aber die Gesamtsumme wird sich wahrscheinlich verdoppeln.

Hinzu kommen die kriegsbedingten Einbussen beim Sozialprodukt in diesem Jahr, die sich auf 35 Prozent des letztjährigen BIP von 200 Milliarden Dollar belaufen, das heisst rund 70 Milliarden Dollar.

Dazu kommen Entschädigungen für die Familien der Zehntausenden von Ukrainern, die von den Russen getötet wurden. Insgesamt dürften sich die Entschädigungsforderungen auf etwa 400 Milliarden Dollar belaufen.

Idealerweise sollte diese Summe von Russland in Form von Kriegsreparationen finanziert werden. Schliesslich hat Moskau das Nachbarland angegriffen.

Glücklicherweise haben die westlichen Länder 316 Milliarden Dollar an russischen Zentralbankreserven eingefroren. Diese Gelder sollten beschlagnahmt und für den Wiederaufbau der Ukraine herangezogen werden.

Das gesamte Auslandsvermögen der mit Sanktionen belegten russischen Oligarchen dürfte sich auf 400 Milliarden Dollar belaufen, von denen bisher etwa 50 Milliarden Dollar eingefroren worden sind.

Dies könnte die zweite Finanzierungsquelle für den Wiederaufbau und die Reparationen sein. Die EU hat der Ukraine in diesem Jahr bereits 100 Milliarden Dollar und die Vereinigten Staaten 54 Milliarden Dollar zugesagt.

Ein grosses Problem wird es aber sein, wie Kiew mit so grossen Geldbeträgen umgehen kann, ohne dass die Korruption grassiert.

Das Projekt «Good Governance» müsste in Angriff genommen werden, sobald der Krieg beendet ist oder sich zumindest eine stabile Waffenruhe eingestellt hat.

Anders Åslund war von 1994 bis 1997 Wirtschaftsberater der ukrainischen Regierung.