Die Macht des Generaldirektors der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, ist riesig. Droht eine Gesundheitskrise, kann er jederzeit einen «pandemischen Notfall» ausrufen.

Möglich gemacht haben das die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV), die die Weltgesundheitsversammlung im vergangenen Sommer angenommen hat.

Damit kann die WHO den nationalen Regierungen die Gesundheitspolitik über weite Strecken diktieren. Etwa auch, indem sie die Vertragsstaaten verpflichtet, Fehl- und Desinformationen zu bekämpfen. Schweizer Parlamentariern gefällt das.

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-N) hat sich zu Beginn dieser Woche mit sechzehn zu acht Stimmen dafür ausgesprochen, die IGV-Änderungen zu unterstützen.

Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder ist zudem dagegen, dass die Vorschriften dem Parlament überhaupt vorgelegt werden. Ein entsprechender Antrag, der dies forderte und von Seiten der SVP gekommen sein dürfte, wurde mit dem gleichen Stimmenverhältnis abgelehnt.

SVP-Aussenpolitiker und APK-Mitglied Franz Grüter ist schockiert: «In der Kommission hat überhaupt keine wirkliche Debatte stattgefunden. Das Geschäft ist mit einer regelrechten Nonchalance vom Tisch gewischt worden.»

Die Mehrheit der Nationalräte vertraut dem Bundesrat anscheinend blind. Überzeugen von den IGV-Änderungen liessen sich die Kommissionsmitglieder von Anne Lévy, der Direktorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG), die den Nationalräten die Vorzüge der neuen Vorschriften vermittelte und ihrerseits wiederum der WHO vertraut – genauso wie der Bundesrat.

Dieser hatte im vergangenen Herbst in einer Medienmitteilung festgestellt, dass für die IGV-Änderungen keinerlei Gesetzesänderungen notwendig seien, «um die Anpassungen der IGV in der Schweiz umzusetzen». Die Landesregierung hatte letzten November entschieden, eine Vernehmlassung für die Änderungen der IGV durchzuführen. Der Bundesrat übergeht damit letztlich Volk und Parlament. Die Ratsmitglieder stört das offensichtlich nicht, wie sich nun gezeigt hat.

Unproblematisch ist die Sache nicht: Denn die Gesundheitsvorschriften sind für die Staaten «rechtlich bindend». Übrig bleibt der Schweiz einzig noch der sogenannte Opting-out-Mechanismus. Er besagt, dass die Vorschriften innerhalb eines Jahres automatisch in Kraft treten, sofern der Vertragsstaat nicht innerhalb von zehn Monaten proaktiv seine Ablehnung zum Ausdruck bringt. Was so viel heisst wie: Lehnt der Bundesrat die IGV-Änderungen nicht bis Juli 2025 ab, ist Bern künftig an die WHO-Vorgaben gebunden.

Der Landesregierung und dem BAG, welches die Vorschriften 2024 für gut befunden hat, kommt die devote Haltung des Parlaments gelegen. Weniger zu lachen haben die Bürger. Spätestens dann, wenn die WHO den Notfall ausruft, ist fertig lustig.