Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Stimmbürger mit offiziellen und deshalb vermeintlich glaubhaften Zahlen in die Irre geführt wurden. Die Revision der bisher fehlerhaften Berechnung der künftigen AHV-Ausgaben sind allerdings ein schlechtes Beispiel dafür, denn was Schätzungen der Bundesverwaltung wert sind, kann man erst im Nachhinein beurteilen, wenn die effektiven Zahlen vorliegen. Im Falle der AHV-Zahlen werden lediglich Prognosen durch neue Prognosen ersetzt. Aber es gibt genügend schwerwiegende Beispiele, die aufzeigen, wie dilettantisch oder absichtlich falsche Zahlen zur Manipulation von Volksabstimmungen veröffentlicht wurden.

Dass die Einwanderungszahlen im Abstimmungsbüchlein, in dem der Bundesrat die Ablehnung der Masseneinwanderungsinitiative empfahl, weit weg von der Realität sind, zeigen die jährlichen Immigrationszahlen. Im Abstimmungsbüchlein vom 21. Mai 2000 ist nachzulesen: «Plausibilitätsüberlegungen lassen eine Obergrenze des Einwanderungspotenzials von (netto) jährlich 10.000 EU-Angehörigen vermuten. Eine höhere Wahrscheinlichkeit hat jedoch die Erwartung, dass das Einwanderungspotenzial (netto) weniger als 8000 EU-Angehörige pro Jahr erreichen dürfte (netto bedeutet Einwanderung minus Auswanderung).» Die Vorlage wurde mit 67,2 Prozent Ja-Stimmen angenommen. 2023 kamen netto 56.000 EU- oder Efta-Staats-Angehörige in die Schweiz.

Der bisher betragsmässig wohl grösste finanzielle Betrug am Schweizer Volk war der Wechsel von der Warenumsatz- zur Mehrwertsteuer. Die Mehrbelastung der Steuerzahler wurde im damaligen Abstimmungsbüchlein für die Volksabstimmung vom 28. November 1993 auf rund 1,4 Milliarden Franken geschätzt, wovon 0,9 Milliarden auf den Systemwechsel bei unverändertem Satz von 6,2 Prozent (66,7 Prozent Ja) und 0,5 Milliarden auf die gleichzeitige Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes zum Abbau der Defizite auf 6,5 Prozent (57,7 Prozent Ja) entfallen sollten. Effektiv resultierten aber bereits im ersten Jahr zusätzliche Einnahmen von 3 Milliarden. Die Steuerzahler verloren durch die zusätzliche Steuerbelastung 1,6 Milliarden an Kaufkraft, was immerhin rund 0,7 Prozent des damaligen Privatkonsums entsprach. Seither sind fast dreissig Jahre verstrichen, und wenn man die «zu viel» einkassierten Mehrwertsteuerbeträge hochrechnet, kommt man auf gegen 50 Milliarden.

Das Energiegesetz, das am 21. Mai 2017 mit 58,2 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde, basierte ebenfalls auf groben Fehlangaben im Abstimmungsbüchlein. Das Parlament hatte zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 das Energiegesetz revidiert und damit ein erstes Massnahmenpaket beschlossen. Es soll dazu dienen, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien zu fördern. Zudem wurde der Bau neuer Kernkraftwerke verboten. Dagegen wurde das Referendum ergriffen. Im Abstimmungsbüchlein wurde damals festgehalten: «Ein Haushalt mit vier Personen und durchschnittlichem Stromverbrauch wird mit der Erhöhung des Netzzuschlags rund 40 Franken pro Jahr mehr bezahlen müssen als heute.»

Seit Mai 2017 sind die Strompreise schweizweit für Haushalte von 23,78 Rappen pro KWh auf 36,27 Rappen angestiegen, das sind satte 52,5 Prozent mehr. Der durchschnittliche Stromverbrauch eines Haushalts mit vier Personen wurde im Abstimmungsbüchlein auf 5000 kWh/Jahr veranschlagt. Man rechne: Zum alten Tarif mussten die Haushalte 1189 Franken pro Jahr aufwenden, zum aktuellen Tarif 1814 Franken. Das ist ein Unterschied von 625 Franken pro Jahr. In der Schweiz leben heute neun Millionen Menschen, was etwa 2,25 Millionen Haushalten à vier Personen entsprechen würde. Daraus errechnet sich eine Mehrbelastung von 1,4 Milliarden und nicht nur von 90 Millionen. Aber auch das ist nur ein Teil der Wahrheit, denn die Betriebe müssen auch höhere Preise für die Energie bezahlen und wälzen diese soweit möglich auf die Konsumenten ab. Die «Stromrechnung» für die Konsumenten fällt somit noch weit höher als die aufgetischten 40 Franken pro Jahr aus.