Das Lokal – das «Sablier Rooftop» im Circle am Flughafen Zürich – ist mit Bedacht gewählt. Als die Weltwoche den Kosovo-Premier anlässlich eines Roundtable mit Schweizer Unternehmern und Investoren trifft, verbringt er gerade viel Zeit im Flugzeug. Sein Ziel: «den Kosovo auf der Investitionslandkarte zu etablieren». Dazu diente auch der Besuch am WEF in Davos, wo der US-Gigant PayPal auf den Kosovo aufmerksam wurde und Kurti das IT-Start-Up Celonis traf, das seit einigen Jahren im Kosovo tätig ist. Eingeladen zu dem Anlass hat die Schweizer Software-Schmiede Selise, die seit kurzem im Kosovo mit einer grösseren Präsenz vertreten ist.

Vor einem Jahr übernahm Kurtis Regierung das Ruder. Der freundlich und zurückhaltend auftretende 47-Jährige gilt als Hoffnungsträger der jungen Generation. Ausländische Direktinvestitionen, sagt der Premier, seien eine Priorität seiner Regierung. Dass Kurtis Partei «Selbstbestimmung» sozialdemokratische Ziele verfolge, sei kein Widerspruch zu seiner wirtschaftsfreundlichen Politik. Vielmehr habe der Kosovo im Vergleich zu den westeuropäischen Staaten grossen Nachholbedarf bei den Sozialsystemen.

Perfekte Symbiose

Der Premier verweist auf beeindruckende Wachstumszahlen: «Wir haben erstmals ein Wirtschaftswachstum von 10,5 Prozent erreicht, die Exporte sind um 83 Prozent gestiegen, die Direktinvestitionen um 21 Prozent.» Zudem hätten die Steuereinnahmen um 30 Prozent zugenommen, «ohne dass wir die Steuerpolitik geändert haben». Und diese sei im internationalen Vergleich sehr vorteilhaft. Die Gewinnsteuer für Unternehmen beträgt 10 Prozent.

Auch institutionell sei der Kosovo gut aufgestellt, was bei internationalen Rankings zum Ausdruck komme. Bei der Rechtsstaatlichkeit sei der Kosovo im «World Justice Project Index» jetzt die Nummer eins auf dem Westbalkan. Seine Regierung habe ein neues Handelsgericht etabliert, das Gewähr biete, dass Verträge und Eigentumsrechte respektiert würden.

Dass der Kosovo auf den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zur Schweiz und zu Deutschland setze, komme nicht von ungefähr. Man profitiere von einem äusserst vielfältigen, gegenseitigen Netzwerk: Kosovaren, die in der Schweiz wirtschaftlich erfolgreich sind, oder Kosovaren, die aus der Schweiz in ihr Herkunftsland zurückkehren und dort für Schweizer Firmen arbeiten können.

Potenzial sieht der Premier insbesondere im derzeit gefragten «Nearshoring», also darin, dass viele Unternehmen dabei sind, ihre Wertschöpfungsketten näher an die Zentrale zu holen. Insbesondere im Gebiet der IT sei der Kosovo mit seiner jungen Bevölkerung gut aufgestellt. «Jährlich absolvieren 2000 Studenten ihr Studium im IT-Bereich, und weitere 4000 bilden sich intern in Unternehmen im Bereich Development, Programmierung, Webdesign aus.» Und natürlich kommt beim Mittagessen die Rede auch auf den Fussball. Die Erfolge kosovarischstämmiger Spieler in der Schweizer Nati sind das bisherige Paradebeispiel für schweizerisch-kosovarische Symbiosen, die zur Zusammenarbeit im Wirtschaftlichen inspirieren.