Treffen sich in Zürich und Basel die besseren Kreise, dann beherrscht ein Thema die Konversation zu Tisch: Marcel Ospel und seine amourösen Eskapaden. Im «Basler Daig» ist man «verwundert», in Zürich findet es die feine Gesellschaft nach den Worten einer dortselbst verkehrenden Dame «völlig daneben».
Welche Ungehörigkeit hat sich der mächtigste Banker der Schweiz geleistet? Er hat eine neue Freundin. Die er am Zürcher Opernball im Edelhotel «Baur au Lac», dem Society-Event der Saison, hochoffiziell präsentierte. Etwas angespannt lächelte der 53-jährige Topmanager in einem blau schimmernden Anzug in die Kameras, neben sich die Attraktion des Abends: 27 Jahre jung, ungeschminkt, blonde Mädchenfrisur. Adriana Bodmer, Tochter aus einer der ältesten Zürcher Familien. Der Reichtum der Bodmers gründet im Handel und im Bankgeschäft; die heute noch existierende Privatbank Rahn & Bodmer wurde 1749 gegründet.
«Ospel schwebt auf Wolke 7», jubelte anderntags der Blick. Das Boulevardblatt war mit seiner Freude über das «neue Liebesglück» des UBS-Chefs allerdings allein auf weiter Flur. In jenen Sphären, in denen sich das Paar bewegt, war das Echo verhaltener: «Nicht viel älter als seine Tochter», empörten sich Ballgänger hinter vorgehaltener Hand. Das schlichte rote Seidenkleid, befanden elegantere Damen, sei «etwas pauvre», und überhaupt sei der Umstand stossend, dass sich hier einer öffentlich mit einer Neuen zeigt, der noch verheiratet ist. Und nicht nur das: dessen in Basel wohnhafte Gattin (die Nummer zwei) vor kurzem erst ihr zweites Kind gebar. Doch da sass der lebenslustige Banker mit seiner Adriana bereits im Zürcher «Liebesnest» (Blick), einer 3,5 Millionen teuren Eigentumswohnung mit Seesicht.
Brandneu scheint die Liaison nicht zu sein. Beim Swissair-Grounding im Oktober 2001, als UBS-Chef Ospel zur landesweiten Empörung unabkömmlich war, weil auf dem Flug nach Amerika, soll er sich laut mehreren Quellen auf dem Weg zur Geliebten befunden haben. Diese hatte er, frisch ab Uni sozusagen, in den Fluren der UBS am Paradeplatz kennen gelernt, wo die promovierte Ökonomin (summa cum laude) zwischen 1999 und 2001 arbeitete. Heute führt sie in Zollikon ihr eigenes Beratungsunternehmen, die Adbodmer AG.
Eines ist in der Partnerwahl des Managers nicht zu übersehen: Es zieht ihn, der in einfachen Kleinbasler Verhältnissen aufwuchs, mit Macht in die obersten sozialen Ränge. Ehefrau Nummer eins (mit der er auch zwei Kinder hat) suchte er noch unter seinesgleichen. Sie war ihm noch angetraut, als er eine bessere Partie fand: Andrée Koechlin aus der Koechlin-Dynastie, einer vermögenden Familie des Basler Daigs. 1996 erfolgte die Heirat, zeitgleich mit seinem Aufstieg zum Chef des damaligen Bankvereins.
Und nun also der Zürcher Bodmer-Clan. Adriana Bodmer stammt zwar nicht aus der reichsten Kernfamilie, aber immerhin.
Verleihen solche Verbindungen karrieremässigen Schub? Adeln sie gesellschaftlich? Manche behaupten, der Name Koechlin habe Ospel bei seinem Aufstieg im Bankverein in der Schlussphase entscheidend geholfen. Unsinn, meinen andere; der smarte und ehrgeizige Ospel sei so oder so im Lift nach oben gewesen. Die möglicherweise erhoffte Aufnahme in die innersten Zirkel Basels scheiterte dagegen an der neuen Gemahlin. Die zurückgezogen lebende Andrée Koechlin stellte von Anfang an klar, sie sei an gesellschaftlichen Events mit ihrem Mann keineswegs interessiert.
Die Zürcher Society ist wenig erfreut
Da blieb dem geselligen Ospel mehr Zeit für seine Clique. Der leidenschaftliche Fasnachtstrommler führt mit Freunden eine eigene Beiz in der Innenstadt, den «Schnabel». Die Basler schmunzeln über diesen besseren Quartier-spunten mit stur bürgerlicher Küche. Die Männerrunde blieb vermutlich nicht immer unter sich. Schliesslich begleitete Ospel stets der Ruf, bei Frauen überaus gut anzukommen. Auch das störte nicht. Den Baslern gilt Ospel als originell und witzig.
So weit sind die Zürcher nicht. Bei den Familien Bodmer ist man wenig erfreut, dass der altehrwürdige Name durch den Banker auf Freiersfüssen Publizität erfährt. Sogar «ziemlich sauer», wie ein Insider sagt. Türen öffnen sich dort sicher keine. Doch: «Solange er mit der UBS Erfolg hat, wird er sowieso an die wichtigen Anlässe eingeladen», sagt eine Dame vom Zürichberg. «Es ist nicht mehr so wie früher, als einzig der Name zählte. Der Unterschied ist: Wenn Sie Bodmer heissen und Mist bauen, werden Sie nicht aus der Gesellschaft ausgestossen. Heissen Sie aber Mühlemann oder Ospel und bauen Mist, stehen Sie am nächsten Tag vor der Tür.» Weshalb ein Stadtzürcher Unternehmer auch nicht in der Haut des verliebten Bankers stecken möchte. «Die Affäre wird ihm schaden», orakelt er. «In der Firma wird das sicher nicht goutiert. Ospel wird, wo er hinkommt, ein Lächeln spüren bei den Leuten. Alle werden tuscheln: ‹Der hat doch...›»
Ospels amouröse Verbindungen lieferten nicht den vollen gesellschaftlichen Return. Anders als beim Dirigenten Paul Sacher und beim Novartis-Lenker Daniel Vasella. Sacher, wie Ospel aus einfachen Verhältnissen, ehelichte 1934 die zehn Jahre ältere Roche-Erbin Maja Hoffmann-Stehlin aus der reichsten Schweizer Familie. Damit eröffneten sich ihm ein Milliardenvermögen, Kontakte in die Welt der Künste, zu den Noblen und Guten, was Sacher bestens auszuschöpfen wusste. Er wurde zum grossen Mäzen und zum starken Mann im Roche-Konzern. Auch sonst nutzte er den Eintritt in die hohen Kreise auf fruchtbare Weise. So unterhielt er neben seiner Ehe eine langjährige Beziehung zu Nina Faber-Castell, der zwei Kinder entsprangen. Sacher verband sich so mit einer aristokratischen deutschen Dynastie, die mit der Manufaktur von Bleistiften reich wurde. Schliesslich zeugte der Partylöwe mit einer attraktiven Ärztin einen weiteren Nachfahren.
Weniger hoch zu und her ging es bei Daniel Vasella, doch auch er heiratete klug: Anne-Laurence Moret, Tochter aus vermögendem Freiburger Haus, Nichte von Marc Moret, dem langjährigen Sandoz-Patriarchen. Auf die verwandtschaftlichen Gegebenheiten angesprochen, reagiert Vasella empfindlich. Und weist mit Nachdruck darauf hin, dass er seine Frau mit 19 Jahren an der Schule kennen lernte. Damals sei ihr Onkel beim Pharmakonzern Sandoz noch längst nicht zuoberst gestanden. Bei der Heirat mit dem Schulschatz war Moret dann aber bereits Topmanager. Doch nie habe er, Vasella, etwas von spezieller Förderung bemerkt. Und ohnehin habe er ja erst einmal das Studium der Medizin ergriffen.
Die Rache des Verschmähten
Selbst wenn die Heirat aus reiner Liebe erfolgte, lässt sich nicht bestreiten, dass ihm die Familienbande zupass kamen. Als der Oberarzt Ende der achtziger Jahre umsatteln und Manager werden wollte, hatte er sofort einen Job. Bald führte Vasella bei Sandoz die Pharma-Sparte. 1996 fädelte Moret die Fusion mit dem Konkurrenten Ciba-Geigy zur Novartis ein, und Vasella wurde Chef des neuen Multis. «Mir kann niemand Patronage vorwerfen», wiederholte auch Moret in Interviews stets. Vasella ist sicher leistungswillig und ambitioniert, doch ohne den Onkel der Ehefrau wäre der Karriereeinstieg wohl kaum so mühelos gelungen.
Beruflich stand Vasella nun im Zenit, doch auch auf ihn hatte der Basler Daig nicht gewartet. Ein «nouveau riche», rümpfte man die Nase, speziell beim Konkurrenten Roche, wo die Vornehmen der Vornehmen das Sagen haben. Der Verschmähte zog nach Zug. Und er rächte sich. Seine Novartis, hocherfolgreich, belagert derzeit ziemlich aggressiv die angeschlagene Roche, mit dem Ziel, sie zu übernehmen.
Die zwei mächtigsten Schweizer Manager der Gegenwart heirateten also nach oben – doch verbreiteter ist immer noch die traditionelle Variante: Ein Wirtschaftsführer nimmt sich um die Lebensmitte eine zweite Gattin, jünger, schöner, präsentabler als die erste.
Eine der besten Partien in diesem Land machte zweifellos eine Zürcher Sekretärin mit italienischem Blut, Renata Fraschetti. Mittlerweile heisst sie längst Renata Jacobs und gehört zusammen mit ihrem einstigen Chef, dem 67-jährigen Multimilliardär Klaus J. Jacobs, zum harten Kern des helvetischen Jetsets. Dort sorgt die wohlgebaute, stets fröhliche Blondine mit hochgeschlitzten Röcken und tiefen Décolletés regelmässig für Furore. Mag ihr Stil zuweilen eine Spur zu gewagt erscheinen, hört man doch unisono: «Dem Klaus gefällt’s.» Die Zürcher Zünfter dagegen tun sich eher schwer. Als Frau Jacobs den steifen Traditionsanlass einmal mit Mini und Stiefeln bis über die Knie beehrte, war dies wochenlang Stadtgespräch.
Über Zürcher Prüderie und Kleingeist brauchen sich die beiden auch deswegen keine grauen Haare wachsen zu lassen, weil man seit zwei Jahren in der britischen Grafschaft Hertfordshire wohnt, wo sich der Kaffee-Erbe eines der grössten Gestüte Europas kaufte. Die liquiden Mittel sind da, seit er vor einigen Jahren seine Firma Jacobs-Suchard für gut drei Milliarden dem US-Konzern Philip Morris verkaufte. Das Paar gilt als «happy», wovon auch vier gemeinsame Kinder zeugen mögen. (Zwei weitere Nachkommen stammen aus Jacobs’ erster Ehe mit einer Hamburgerin.)
Auch Unternehmer Beat Curti nahm sich im reiferen Alter eine zweite Frau. Sie ist eher den spirituellen Dingen zugeneigt, fernöstlichen Heilpraktiken etwa, während Curti derzeit verzweifelt versucht, diverse Finanzlöcher in seinem Detailhandels- und Medienkonzern
zu stopfen. Der Unternehmer büsst für euphorische Internet-Abenteuer. Selbst sein 100-jähriges Herrschaftshaus am Zürichsee kam unter den Hammer.
Curti ist abermals in Turbulenzen – wie schon in den neunziger Jahren, als er vorübergehend den schlingernden Jean-Frey-Verlag (zu dem auch die Weltwoche gehört) übernahm. Zu allem Überdruss erschien sein Name noch im Zusammenhang mit der peinlichen Bestechungsaffäre um den Zürcher Beamten Raphael Huber. In jener Zeit der Krise gab er seine Heirat bekannt – zur grenzenlosen Überraschung der Zürcher Society. Dass sich der lebensfrohe Junggeselle nach einer missratenen frühen Ehe je wieder unter die Haube begeben würde, hatte niemand erwartet. Bekannte erzählen: «Regula kümmerte sich rührend um ihn, als viele sich abwandten.» Die zwanzig Jahre jüngere Frau bemuttert ihn bis heute. «Beat, wetsch no es Theeli? Beat, chumm, mer müend gaa», sind Sätze, die für seine alten Freunde nicht immer leicht zu ertragen sind.
Umzugsschock für Beat Curti
Neben der Gatten-Hege nahm Regula Curti ein weiteres Grossprojekt an die Hand: den Bau eines Therapiehauses auf dem ehelichen Grundstück in Erlenbach. Ein kubischer Bau aus Stahl, Glas und Holz, kaum möbliert, dafür mit einer Klangpyramide. Daneben ein identisches Wohnhaus, in dem das Ehepaar neu residiert. «Irgendwann hat man genug von den schweren Teppichen und den Bildern der Grosseltern an den Wänden», kommentierte Curti den Umzugsschock tapfer.
Minirock hin, Esoterik her – beide Gattinnen sind in der Gesellschaft akzeptiert. «Sie sind ja auch attraktiv und können reden», heisst es an der Goldküste. Und doch: Dass die Partnerwahl-Politik ein diffiziles Element in der Karriereplanung ist, zeigt der Fall Mühlemann. Vor einigen Jahren fuhr der CS-Konzernchef mit röhrendem Motor beim exklusiven Feinkostladen Oggenfuss in Küsnacht vor. Aus dem Sportwagen sprang eine kaum mehr als zwanzigjährige Brasilianerin, bildschön, und kaufte einen Crevettensalat. Unter der anwesenden Kundschaft befanden sich nicht wenige Managergattinnen, die wiederum mit der im Ort wohnhaften Ehefrau Mühlemanns bestens bekannt waren. Weshalb diese und halb Zürich vom Auftritt vernahm. Daraufhin befahl CS-Präsident Rainer Gut dem crevettenliebenden Topmanager, in seinem Liebesleben klare Verhältnisse zu schaffen. Mühlemann gab kurz darauf via Schweizer Illustrierte bekannt, in Scheidung zu sein. Es nützte nichts: Von seiner Flamme musste er sich auf Geheiss der Bank trotzdem trennen. Weil für einen Mann seiner Stellung zu anstössig. Seither lässt sich Mühlemann nur noch mit der in dieser Hinsicht unbedenklichen blonden PR-Frau Dorothea Egle blicken.