Der deutsche Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski hat ein Buch zum Klimawandel geschrieben, mit dem er sich zwischen zwei Fronten begibt. Auf der einen Seite kämpfen die aktivistischen Politiker, Wissenschaftler und Interessengruppen, auf der anderen Seite die Gruppen, die dagegenschiessen. Bojanowski geht das Thema als nüchterner Beobachter aus der Sicht von Otto Normalverbraucher an, unter dem Titel: «Was Sie schon immer übers Klima wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten.» Bojanowski ist Chefreporter Wissenschaft der Zeitung Die Welt, vorher war er beim Spiegel, fast zehn Jahre im Ressort Wissenschaft. Wir nehmen ihn beim Wort und stellen ihm Fragen, die wir uns vorher nicht zu stellen trauten.

Weltwoche: Herr Bojanowski, was ist die unstellbarste erste Frage zum Klima?

Axel Bojanowski: Die Emotionalität ist enorm, etwa bei der Frage: Gibt es den Klimawandel eigentlich? Hat der Mensch Schuld? Das sind ja berechtigte Fragen, aber die traut sich kaum jemand zu stellen, auch Journalisten nicht. Dabei gibt es sehr gute Antworten der Wissenschaft dazu.

Weltwoche: Die kommen nicht in die Debatte?

Bojanowski: Diese grundlegenden Fragen werden kaum wirklich präzise diskutiert, sondern es wird immer sehr dogmatisch debattiert. Da gibt es die Bösen, die solche Fragen stellen, und die Guten, die schon alles wissen.

Weltwoche: Gibt es menschengemachten Klimawandel wirklich?

Bojanowski: Dafür gibt es keinen endgültigen Beweis, man kann ihn nicht führen. Es ist vielmehr ein Indizienprozess. Und in diesem Prozess hat die Wissenschaft sehr gut belegt, dass der Mensch wesentlich für die globale Erwärmung der letzten 150 Jahre verantwortlich ist.

Weltwoche: Das tönt so, als ob das sicher sei.

Bojanowski: Man kann da einiges in Frage stellen, aber die plausibelste Theorie ist, dass der Mensch wesentlich zur globalen Erwärmung beigetragen hat, dass diese weitergehen wird und auch Risiken birgt. Die offenen Fragen abzuwürgen, wäre schlecht, weil diese zur Wissenschaft gehören und die Wissenschaft selber die beste Methode ist, um herauszufinden, wie die Welt funktioniert.

Weltwoche: Gibt es einen Klimanotstand?

Bojanowski: Sicher nicht. Von Begriffen wie «Klimanotstand», «Klimakrise» und so weiter steht nichts in den Klimaberichten. Das sind alles gefährliche Werturteile. Dahinter stecken oft bestimmte Lobbygruppen, die das Thema politisch nutzen wollen.

Weltwoche: Das Klimathema wird mit Hintergedanken gebraucht?

Bojanowski: Ja, mit einem Notstand kann man den Eindruck erwecken, es sei gerechtfertigt, demokratische Prozesse auszuhebeln. Man kann mit dem Begriff «Klimakrise» suggerieren, das Thema überstrahle alles andere, habe Vorrang. Das macht die Diskussion um solche Begriffe sehr gefährlich. Und das Wort «Klimakrise» ist wissenschaftlich irreführend, weil wir es nicht mit einem zeitlich eng beschränkten Problem, also einer «Krise», zu tun haben, sondern mit einem generationenübergreifenden Problem, weil die Erwärmung ja weitergeht.

Weltwoche: Gibt es ein sogenanntes CO2-Budget? Also eine maximale Menge von Treibhausgasemissionen, die der Mensch noch ausstossen kann?

Bojanowski: Es gibt Berechnungen, wie viel CO2 die Menschheit emittieren darf, um bestimmte Temperaturen nicht zu überschreiten. Das ist aber mit einem grossen Unsicherheitsbereich verbunden, weil die Reaktionen des Klimas auf CO2 nicht gut bekannt sind. Hinzu kommt, dass man solche Budgets auch sehr unterschiedlich berechnen kann.

Weltwoche: Zum Beispiel?

Bojanowski: Soll sich ein Budget für Deutschland beispielsweise nach der Einwohnerzahl richten oder nach der wirtschaftlichen Produktivität oder anderen Indikatoren?

Weltwoche: Sehen Sie ein Land, das vorbildlich mit einem CO2-Budget umgeht?

Bojanowski: Vergleiche sind schwierig. Deutsche Politiker nennen gerne kleine Länder in Afrika als Vorbilder, die wenig Industrie haben, oder Island, das über viel Erdwärme verfügt. Aussagekräftiger sind die Vergleiche grosser Industrieländer, und da sieht man, dass Ländern mit Kernkraft oder Wasserkraft eine relativ klimaschonende Energieversorgung gelingt, dies bei hoher Industrieleistung.

«Die Abwägung von Kosten und Nutzen ist das Entscheidende für eine erfolgreiche Klimapolitik.»

Weltwoche: Beides ist in Deutschland aber tabu.

Bojanowski: Ja, da bleibt wenig Potenzial für klimaschonende Energiepolitik. Gerade Lobbyisten, die das Klimathema anheizen, sind häufig jene, die sich praktikablen und auch ökonomischen Lösungen in den Weg stellen. Sobald sie jemanden sehen, der mit pragmatischen Lösungsvorschlägen die Macht der Fundamentalisten bedroht, versuchen sie diese ins Lager der Klimaleugner abzudrängen.

Weltwoche: Wenn Länder wie Deutschland oder auch die Schweiz sich das Ziel von netto null Emissionen bis 2050 oder so setzen – sind das vernünftige Vorbilder für die Welt?

Bojanowski: Das ist auch so eine Tabufrage. Denn es ist eine banale Tatsache: Wenn Deutschland von heute auf morgen kein CO2 mehr ausstossen würde, wenn das Land verschwände, hätte das keinen Einfluss auf das Klima, so klein ist die Menge global gesehen. Erst recht im Fall der Schweiz.

Weltwoche: Es wird immer behauptet, wichtig sei die Vorbildfunktion. Man könne damit zeigen, wie Dekarbonisierung gehe, und andere würden folgen.

Bojanowski: Das Gegenteil ist der Fall. Wenn es nicht gelingt, Wohlstand und Wirtschaftskraft zu erhalten bei gleichzeitigem Klimaschutz, wird niemand folgen. Den wirtschaftlichen Absturz findet niemand attraktiv. Deswegen sind diese Netto-null-Debatten oft sehr ideologisch und wenig zielführend.

Weltwoche: Geht die Erde unter, wenn «netto null 2050» nicht gelingt?

Bojanowski: Diese Schwellen gibt es nicht. Dieses Setzen von Fristen und die Warnungen vor der Deadline haben mittlerweile eine fünfzigjährige Geschichte. Schon mehrmals sollte die Welt untergehen in den letzten fünfzig Jahren. Die Fristen sind alle verstrichen, ohne dass Entsprechendes passiert wäre. Kurzfristige Aufmerksamkeit war damit allerdings erreichbar.

Weltwoche: Aber ist die 1,5-Grad-Erwärmung, die immer als Toleranzgrenze propagiert wird, ein Kipppunkt für das Klima?

Bojanowski: Diese Marke ist völlig haltlos. Erstaunlich ist, dass auch namhafte Wissenschaftler, die bestimmten Lobbygruppen angehören, diese Behauptung immer wieder verbreiten, obwohl der Uno-Klimareport 1,5 Grad nicht als Kipppunkt oder dergleichen ausweist. Solche Thesen sind überhaupt nicht wissenschaftlich belegt, seriöse Klimaforscher würden sich der Behauptung nicht anschliessen.

Weltwoche: Wie hat man diese 1,5 Grad festgelegt?

Bojanowski: Das ist eine sehr spannende Geschichte. Keiner weiss, wie diese 1,5 Grad in den Uno-Pariser-Klimavertrag 2015 kamen. Vorher war immer die Rede von zwei Grad als Obergrenze. Aber plötzlich dann, ein oder zwei Tage vor Abschluss, standen in Paris diese 1,5 Grad im Raum.

Weltwoche: Irgendwie von irgendwoher?

Bojanowski: Es ist tatsächlich so, dass eigentlich keiner genau weiss, wie es kam. Klar war, dass die Inselstaaten schon immer tiefere Werte wollten, aber jeweils gescheitert sind, weil die 1,5-Grad-Schwelle vielen Industrienationen katastrophal erschien: kaum machbar und wirtschaftlich extrem teuer. Trotzdem war das Ziel plötzlich im Pariser Abkommen, weil die Chinesen nun auch Unterstützung dafür boten. Für China war es immer entscheidend, gegenüber dem Westen einen Vorteil zu haben. Und als die Europäer, die Inselstaaten und die USA schärfere Verpflichtungen akzeptierten bei Einführung der 1,5-Grad-Marke, begrüssten das die Chinesen auch, weil für sie ja tolerantere Regeln gelten.

Weltwoche: Ab welcher Temperatur brennt die Erde?

Bojanowski: Das ist eine Frage aus diesem Waldbrand-Fetischismus. Man tut so, als ob sich irgendwann irgendwas selbst entzünden würde, wenn die Erde wärmer wird. Auch Journalisten dienen Waldbrände gerne als Bebilderung für die Erderwärmung.

Weltwoche: Wird das Wetter allgemein extremer?

Bojanowski: Manche Wetterereignisse werden extremer. Etwa Hitze, das ist schon deutlich. Das steht auch im Bericht des Weltklimarats (IPCC), und zwar als einziges Phänomen, das dort wirklich mit dem Prädikat «sehr sicher» gekennzeichnet ist. Und weil wärmere Luft mehr Feuchtigkeit halten kann, werden auch Regenfälle zunehmen, jedenfalls örtlich.

Weltwoche: Also zum einen mehr Dürre, zum andern mehr Regen?

«Unter dem Titel von Umweltschutz wurden auch grösste Verbrechen begangen.»

Bojanowski: Wenn man genauer in die Uno-Klimaberichte schaut, ist es unklar, wo es mehr Dürre gibt und wo mehr Niederschlag. Lange Zeit galt die Regel, dass sich das alles verstärken werde, also noch mehr Dürre, wo es schon trocken ist, und noch mehr Niederschläge, wo es schon viel regnet. Diese Regel wurde aber nicht bestätigt. Aktuelle Studien zeigen, dass Hochwasser nicht zugenommen haben. Hochwasser hängen von vielen Einflüssen ab, nicht nur von Regenmengen.

Weltwoche: Von der Komplexität des Klimas?

Bojanowski: Siedlungen liegen häufig in natürlichen Überflutungsgebieten. Zudem kann man sich gegen Wetterextreme aber auch schützen. Das ist ebenfalls ein Argument, das Klimalobbyisten torpedieren, weil dann vermehrt Ingenieure und die lokale Politik zum Zuge kämen, die an Einfluss gewännen.

Weltwoche: Und das passt den einschlägigen Organisationen nicht?

Bojanowski: Ja, internationale Organisationen haben ein riesiges Interesse daran, das Thema Klimawandel hochzukochen, weil es dann Konstrukte wie sie braucht, um diesen global zu anzugehen. Konzentriert man sich dagegen mehr auf Anpassung an den Wandel, wäre das nicht mehr Sache der obersten politischen Ebene. Es geht also im Hintergrund auch um Macht und Einfluss. Ich gehe in meinem Buch auch der Frage nach, wer eigentlich von diesen fehlgeleiteten Debatten profitiert.

Weltwoche: Wer ist Hauptprofiteur?

Bojanowski: Es sind grosse Lobbygruppen entstanden, die Profit daraus schlagen. Zehntausende Jobs wurden geschaffen, viele für Akademiker, die davon profitieren, dass sie argumentativ die Apokalypsebeschwörung betreiben. Philanthropen, die reichsten Leute der Welt, profitieren von diesem Katastrophismus, weil sie Geld ihrer Stiftungen in diese Lobby investieren und damit Netzwerke knüpfen. Global bilden sich so politische Netzwerke, die sich nicht rechtfertigen müssen. Die werden auch nicht hinterfragt, weil es ja im Namen der Weltrettung geschieht. Kaum jemand fragt wirklich nach.

Weltwoche: Was ist schädlich daran?

Bojanowski: Diese Art von Macht muss man schon hinterfragen. Denn unter dem Titel von Umweltschutz wurden auch grösste Verbrechen begangen. In manchen Ländern werden im Namen einer Klimaagenda Leute vertrieben, Wälder gerodet, Wälder aufgeforstet in Regionen, wo eigentlich Leute leben und Landwirtschaft betreiben. Bill Gates kritisiert, dass diese Art der Klima-Priorisierung mittlerweile schädlich sei, weil Mittel aus der Gesundheitsversorgung abgezogen werden, um Klimabilanzen zu schönen. Mein Buch beschreibt, wie diese Lobby zu einer politischen Gefahr geworden ist.

Weltwoche: Was ist der Unterschied zwischen den Klimaberichten des Weltklimarats und den Zusammenfassungen für Politiker und Journalisten?

Bojanowski: Das ist wie das Spiel mit der Flüsterpost, bei dem ein Satz von Person zu Person ins Ohr weitergeflüstert wird. Auf der einen Seite sind die Wissenschaftler, die die mehrtausendseitigen Uno-Klimaberichte erstellen. Es sind insgesamt qualitativ hochstehende Berichte, die den Stand der Wissenschaft einigermassen verlässlich dokumentieren. Auf der anderen Seite gibt es die Flüsterpost, Zusammenfassungen für Politiker, für Entscheider.

Weltwoche: Ab da wird es unseriös?

Bojanowski: Diese Zusammenfassungen werden mit Politikern verhandelt. Jedes Land und jede Interessengruppe versucht, ihre Formulierungen reinzubringen und das Beste aus dem Report für sich herauszuholen. So erhält diese Zusammenfassung schon einen bestimmten Drall, und erst recht tendenziös werden dann die daraus erstellten Pressemitteilungen.

Weltwoche: Das ist also das, was dem Publikum primär vorgesetzt wird?

Bojanowski: Die Medien beziehen sich fast immer auf die Pressemitteilung, sodass dann die abstrusesten Abweichungen zwischen ursprünglichem Bericht und Pressemeldungen entstehen. Teilweise ist kaum mehr wiederzuerkennen, welches eigentlich die Zusammenhänge sind.

Weltwoche: Was ist die Folge?

Bojanowski: Die öffentliche Debatte wird von der Wissenschaftsdebatte abgekoppelt. Das ist sehr problematisch, weil es dann in den Medien jeweils heisst: Der Uno-Klimabericht sagt das und das, dabei stimmt das gar nicht. Das sind zwei Welten, die nicht mehr viel Kontakt miteinander haben.

Weltwoche: Stimmt es, dass die Klimawissenschaft sich einig ist über den Klimawandel oder zumindest einen Konsens von 97 Prozent hat?

Bojanowski: Diese Studien sind wirklich schlimm. Diese Art von Konsensstudien sind reine Politik und werden von Aktivisten gemacht, dann aber von Journalisten dankbar aufgegriffen, weil man so eine handfeste Messgrösse erhält.

«Die plausibelste Theorie ist, dass der Mensch wesentlich zur globalen Erwärmung beigetragen hat.»

Weltwoche: Wenn man die Wissenschaftler fragt: Was ist die grosse ungeklärte Frage?

Bojanowski: Sie lautet meistens: Was bedeutet der Klimawandel für die Menschen? Was bedeutet das für die Leute, für eine Region, für die Menschen vor Ort?

Weltwoche: Und die Antwort?

Bojanowski: Diese Fragen lassen sich kaum beantworten. Das ist das grosse Problem in der Klimaforschung – und in den Medien wird gerne das Gegenteil erzählt. Da kommen immer neue Schlagzeilen über noch bessere Supercomputer-Modelle, die zeigen sollen, wie das Klima in hundert Jahren in Zürich oder im Engadin sein wird. Das ist Unsinn. Diese Regionalmodelle funktionieren nicht verlässlich.

Weltwoche: Was bringen die Uno-Klimagipfel?

Bojanowski: Sie sind im Grunde eine Bühne, auf der die Leute regelmässig zusammenkommen und bestimmte Themen verhandeln. Bei meinem letzten Besuch einer Klimakonferenz fand ich, dass sich diese Treffen zu einem Fest einer Klima-Schickeria entwickelt haben, einer Elite, die zusammenkommt und sich gegenseitig feiert.

Weltwoche: Stimmen die Aussagen über das Artensterben?

Bojanowski: Einen Bezug zwischen Artensterben und Klimawandel gibt es bislang nicht. Man hört immer wieder, der Klimawandel raffe die Arten dahin, aber es ist meines Wissens noch keine einzige Art wegen des Klimawandels ausgestorben. Es gab mal eine Schnecke, die angeblich deswegen verschwand, die wurde dann aber wieder gefunden.

Weltwoche: Ein emotionales Thema für Schweizer: Wäre es wirklich verheerend, wenn die Gletscher schmelzen würden?

Bojanowski: Eine Welt ohne Gletscher ist für die Natur kein grosses Problem. Für Menschen sind Gletscher vor allem als Grundwasser- und Trinkwasserreservoirs wichtig, in Regionen wie Südamerika, dem Himalaja, Südasien, den Alpen. Da kann es in der Tat gravierende Probleme geben, würde die Trinkwasserversorgung nicht umgestellt.

Weltwoche: Haben junge Menschen ein feineres Gespür, wenn es um die Klimabedrohung geht, als ältere Menschen?

Bojanowski: Ein bekanntes Prinzip der Umweltbewegung ist, dass als Sprecherinnen der Bewegung gerne junge Frauen eingesetzt wurden. Oft stammen sie aus gutbetuchten Milieus und sind typische Figuren im Kampf der neuen Reichen gegen die alten Reichen. Die Auseinandersetzung zwischen dem neuen und dem alten Reichtum ist eine wesentliche Grundierung der Klimabewegungen, die über Umweltrestriktionen Sand ins Getriebe des kapitalistischen Systems zu streuen versuchen.

Weltwoche: Stimmt es, dass die ältere Generation schuld ist am Klimawandel?

Bojanowski: Auch das ist so ein furchtbares Narrativ, das zum dogmatischen Spiel von Gut und Böse in der Klimadebatte gehört. Eigentlich hat ja die ältere Generation einen Wohlstand erschaffen, den es noch nie gegeben hat. Wir profitieren alle von neuen technologischen und medizinischen Möglichkeiten, auch der sogenannte globale Süden. Die Menschen haben enorm viele Vorteile, auch beim Schutz vor Extremwetter. Heute sterben viel weniger Leute in Wetterkatastrophen als früher. All dies wurde ermöglicht durch die fossilen Energien, die aus Klimasicht zu Recht problematisiert werden. Diese Polarisierung aber ist absurd, man muss alles zusammen betrachten.

Weltwoche: Soll man sich bei der Suche nach Lösungen für das Klimaproblem mehr auf den Staat oder auf die Privatwirtschaft verlassen?

Bojanowski: Das zentrale Problem der Klimadebatte ist, dass Regierungen und Politiker von Anfang an versucht haben, so viel wie möglich auf ihre Mühlen zu leiten, nach dem Muster: Da gibt es ein grosses Problem, das Wissenschaftler untersuchen, dann werden primär jene Wissenschaftler als Autoritäten benutzt, die das Problem besonders aufbauschen und den Politikern damit als willkommene Stichwortgeber dienen. Das führt dazu, dass die Regierungen sich auf den Standpunkt setzen, sie seien es, die den besten Lösungsweg kennen und vorgeben können.

Weltwoche: Zu Unrecht?

Bojanowski: Eigentlich ist der Klimawandel ein spieltheoretisches Problem. Es lässt sich nur lösen, wenn alle oder die meisten mitmachen. Jeder Einzelne für sich hat kein Interesse an der Kooperation, weil das für ihn teuer ist. Es müssen also alle gleichzeitig mitmachen und dabei Vorteile haben. Das heisst, es ist weitgehend ein ökonomisches Problem.

Weltwoche: Dann muss man die Ökonomen fragen?

Bojanowski: Ja, aber gerade die Ökonomen, die sich zu diesem Thema geäussert haben, zum Teil schon in den 1980ern, wie ich es auch im Buch beschreibe, die wurden dann gleich in die Ecke der Klimaleugner gedrängt.

Weltwoche: Mit welchem Vorwurf?

Bojanowski: Das Abwägen zwischen Kosten und Nutzen ist in der Klimapolitik verpönt. Unter scharfen Beschuss geraten alle, die versuchen, Abwägungsrechnungen anzustellen, ein Optimum zu suchen, also zu ermitteln, wie viel Erwärmung zuzulassen ist, damit die Kosten nicht zu hoch werden.

Weltwoche: Wie weit sich Klimaschutz lohnt, darf man also nicht fragen?

Bojanowski: Vielerorts nicht, zum Beispiel in Deutschland, dem vielleicht dümmsten Land in Sachen Klimaschutz. Da ist es der Politik egal, wie teuer die Treibhausgasreduktion wird, da wird immer gesagt: Jede eingesparte Tonne CO2 ist wichtig, selbst wenn dies 5000 Euro pro Tonne kostet. Dabei ist die Abwägung von Kosten und Nutzen das Entscheidende für eine erfolgreiche Klimapolitik. Einsparungen sollen dort erfolgen, wo sie ökonomisch am günstigsten sind. Und diese Probleme kann die Privatwirtschaft besser lösen als der Staat, weil der Preismechanismus, in dem die zahllosen Informationen zusammenfliessen, ja in der Privatwirtschaft wurzelt.

Weltwoche: Welche Menschen sind klimafreundlicher? Linke oder politisch rechts orientierte?

Bojanowski: Das lässt sich nicht verallgemeinern. Es gibt aber interessante Studien, die zeigen, dass Leute, die besonders viel über Klimaschutz und Umweltschutz reden, also viel grüne Rhetorik produzieren, sich innerlich bereits eine Art Vorschuss geben. Die Sozialforschung zeigt klar, dass diese Leute dann im entscheidenden Fall tendenziell weniger umweltfreundlich handeln, weil sie diesen innerlichen Kredit als Pluspunkt für sich buchen, nach dem Motto: Ich setze mich ja ständig für Umweltschutz ein, da kann ich mir im konkreten Fall doch wirklich mal diese Flugreise gönnen. Eine solche hochinteressante Ambivalenz durchzieht das ganze Klimathema.

Die 3 Top-Kommentare zu "«Deutschland ist das vielleicht dümmste Land in der Klimadebatte»"
  • mgrieme

    Auch Herr Bojanowski lebt von der Klimadebatte... Dabei ist es doch so einfach: Beim sog. Klimawandel / Klimaschutz geht gar es nicht ums Klima, sondern ums Geld. Wie immer.

  • marlisa.s

    Zufällig Gredig direkt geschaut. Wie bei ässäräff üblich, waren wieder zwei apokalyptische Panikmacher zu Gast. Nämlich der Aktivist Knutti und der Wetterfrosch Bucheli, eine harmonische Kombination, die beide gleicher Meinung waren und voll an die CO2-Erwärmungstheorie glaubten. Jeder nickte jeweils ab, wenn der andere sprach. Gebraucht hätte es neben dem ideologischen Knutti ein nüchterner Wissenschaftler, der eine Antithese vertritt. Erst dann wäre die Diskussion spannend gewesen.

  • svenmum

    Also das müssen Sie mir zuerst beweisen. Nicht erwähnt haben sie die Giftgase und Feinstaubanteile, die anthropogen sind, sowie die Chemtrails die bewusst aus unerfindlichen Gründen Giftstoffe wie Barium, Strontium und Aluminium zur Wetterbeeinflussung auf uns regnen lassen. Ebenfalls schweigsam bleiben Sie bei den durch Kriminelle angezündeten Wäldern.