In den 75 Jahren ihres Bestehens wurde die Bundesrepublik Deutschland 52 Jahre von fünf Bundeskanzlern der CDU und 23 Jahre von vier Bundeskanzlern der SPD regiert. Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Angela Merkel regierten ungewöhnlich lange, vierzehn Jahre und zweimal sechzehn Jahre. Ludwig Erhard, der zwar ein genialer Wirtschaftsminister, aber für das Amt des Bundeskanzlers nicht geschaffen war, scheiterte nach drei Jahren am Auszug der FDP aus der Regierung. Sein Nachfolger Georg Kiesinger führte drei Jahre die erste Grosse Koalition bis zum regulären Wahltermin.
Im Vergleich war den vier Bundeskanzlern der SPD nur eine relativ kurze Amtszeit vergönnt, und sie endete jedes Mal irregulär:
– Willy Brandt scheiterte 1974 nach knapp fünf Jahren im Amt an Depressionen und Frauengeschichten. Er war nicht mehr kanzlerfähig, der Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner arbeitete gezielt an seiner Demontage. Die Spionageaffäre um seinen Mitarbeiter Günter Guillaume war nur Anlass, nicht Ursache seines Rücktritts.
– Helmut Schmidt scheiterte 1982 nach acht Jahren an seiner eigenen Partei. Sie wollte weder die atomare Nachrüstung noch weitere Sparbeschlüsse mittragen. Als Folge wechselte die FDP zur Union, und Helmut Kohl wurde Bundeskanzler.
– Gerhard Schröder scheiterte 2005 nach sieben Jahren bei vorgezogenen Neuwahlen. Mit der Agenda 2010 hatte er radikale Reformen des Arbeitsmarkts und des Sozialsystems durchgesetzt, die langfristig grosse Früchte trugen, aber zunächst die Regierung und die SPD in eine Legitimationskrise stürzten.
– Olaf Scholz verlor Anfang November durch den Rauswurf des FDP-Finanzministers Christian Lindner die Mehrheit im Parlament, Neuwahlen stehen an.
Brandt, Schmidt und Schröder standen für eine grosse Sache, der sie ihr Schicksal unterordneten.
Brandt, Schmidt und Schröder standen jeweils für eine grosse Sache, der sie ihr eigenes politisches Schicksal unterordneten. Bei Brandt war das die Ostpolitik, bei Schmidt die Nachrüstung und bei Schröder die Agenda 2010. Willy Brandt strauchelte am Ende über sich selbst. Schmidt und Schröder strauchelten über ihre Partei, aber das hinderte sie nicht daran, Kurs zu halten und im Zweifel den Amtsverlust in Kauf zu nehmen.
Olaf Scholz hat, so scheint es, aus dem Schicksal von Schmidt und Schröder gelernt:
_ In der Aussen- und Verteidigungspolitik folgt er strikt dem Kurs seines pazifistisch orientierten Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich: Darum bekommt die Bundeswehr nicht genügend Geld für eine zügige Ertüchtigung, die militärische Hilfe für die Ukraine ist stets zu spät und zu wenig, und die Verhandlungsposition gegenüber Russland wird unnötig geschwächt.
_ In der Finanz- und Sozialpolitik folgt er jenen in der SPD, die den Sozialstaat auf Kosten von Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand immer noch weiter ausbauen wollen und so die wirtschaftliche Zukunft gefährden.
So bleibt der Bundeskanzler Scholz für den kommenden Wahlkampf zwar im Einklang mit seiner Partei – aber um den Preis, dass er falsche Antworten auf drängende Zukunftsfragen gibt. Nach der sicher absehbaren Wahlniederlage wird er schnell vergessen sein, aber auch für die SPD insgesamt wird es schwer werden.
Drei Themen werden die politischen Debatte der kommenden Jahre beherrschen:
– die Reform des Sozialstaats und die Rückkehr zu soliden Finanzen;
– die Ertüchtigung von Nato und Bundeswehr und die nachhaltige Unterstützung der Ukraine;
– die Begrenzung und Steuerung der Migration.
Bei den ersten beiden Themen wird es die Union mit den Grünen leichter haben als mit der SPD. Bei der Einwanderungspolitik wäre zwar die AfD der natürliche Partner für die Union. Einer solchen Annäherung stehen aber nicht nur die politisch gezogene «Brandmauer» entgegen, sondern auch der Umstand, dass sich die AfD mit ihrer generell unkritischen Haltung gegenüber Russland zu stark in das Lager der Putin-Freunde begeben hat. Für die künftige Reformfähigkeit Deutschlands wird es wichtig sein, dass die Wahlergebnisse für SPD und Grüne einen nachhaltigen Denkzettelcharakter haben, damit ihre Verhinderungsmacht in einer künftigen Koalition mit der Union nicht allzu gross ist. Um die FDP wird man sich keine Gedanken mehr machen müssen: Nach dem Debakel um die Vorbereitung des Koalitionsausstiegs wird sie die 5-Prozent-Hürde kaum mehr überspringen.
Herr Sarrazin ist so wie es aussieht, Mitglied der Atlantik Brücke. Bin enttäuscht von seiner einseitigen Ansicht in Bezug auf die Russen und den Ukrainekrieg.
Schade Herr Sarrazin. Ich dachte sie wären schon weiter und hätten den Blickwinkel der rein „westlichen Werte“ verlassen und mal von allen Seiten drauf geschaut . So wird das nichts, in der multipolaren Welt mitzuhalten und von deren Entwicklung nicht abgehängt zu werden. Es ist existenziell, diese Entwicklung aktiv mit zu gestalten.
Nein er wird für immer der schwächste Kanzler Deutschlands bleiben, der Kanzler unter dem Deutschland am meisten gelitten hat.
Deutschland schafft sich nicht nur durch unkontrollierte Zuwanderung ab, sondern eben auch durch die Aufgabe seiner Souveränität zugunsten von USA, EU und Nato.
Es ist zu einfach, Olaf alles in die Schuhe schieben zu wollen. Das Imperium ist eben stärker und die Deutschen zu einfältig. Michel nennt man uns. Zuviel Macht hat Larry und seine willigen Follower auch in unserem Land. Geld regiert die Welt heißt es. Leider müssen dafür viele Unschuldige einen hohen Preis zahlen wie z.B. unsere ukrainischen Nachbarn mit hunderttausenden von toten Soldaten, während die Kriegstreiber über ihre hohen Gewinne jubeln. Verrat ist in. Man sucht und findet Schuldige!
Nur wer den Atomkrieg gegen Russland will, wählt Friedrich März und die CDU der Strangeloves und Raketenfritzen.
Herr Sarrazin, was ist denn so falsch am "Lager der Putin-Freunde"? Sie als einer der besten Politkenner müssten doch wissen, warum Putin nach sehr langem Zuwarten und vielen Warnungen der UA, die alle ignoriert wurden, Ernst gemacht hat. Putin war stets loyal mit DE - die AfD hat das als einzige Partei erkannt!
Nur die Ossis verstehen das. Viele bereuen es inzwischen, dass sie 1989 ihre zugegeben schlechte Regierung gegen ein paar Jahre Wohlstand mit Bananen aber mit nachfolgendem Atomkrieg eintauschten.
Herr Sarrazin, Sie lassen mich staunen. Weshalb verlässt Ihr präzises analytisches Denken Sie ausgerechnet beim Thema Russland und Ukraine? Wie kommt es, dass sie die Hintergründe dieses Konfliktes so umfassend auszublenden vermögen und Russland als den grossen Aggressor wahrnehmen? Sonst lassen Sie sich doch auch nicht von jeder abartigen Lügengeschichte widerstandslos einlullen. Betreutes Denken passt nicht zu Ihnen.
Sie haben vollkommen recht! Herr Sarrazin scheint auch inzwischen nicht mehr zu sehen, was und wer den Konflikt in der und um die Ukraine verursacht hat. Diese Urteilsunfähigkeit, wie schon sein Corona-Enthusiasmus, lässt mich schon sehr zweifeln an ihm.
Für Olaf ist das gar kein Problem. Er wird sicher schon bald vergessen haben, dass er einmal Kanzler war.
Nein, Herr Sarrazin, es braucht keine Ertüchtigung der NATO und auch keine Waffen für die Ukraine! Kriegsgeile sollen mitsamt ihrer Familien an die Front beordert werden. Aber lasst uns in Frieden. Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Frieden ist der Weg. Warum versteht das die "Elite" nicht?
Eine in weiten Teilen gute Analyse des Herrn Sarrazin. Bei dem diffamierenden Begriff "Putin-Freunde" gehe ich nicht mit. Es ist im geostrategischen Interesse Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, stabile, realpolitische Beziehungen zu Russland zu haben. Der Krieg ist furchtbar und ich will ihn nicht legitimieren. Der Westen trägt aber ganz sicher eine Mitschuld am Krieg, da man wenig weitsichtig nur die eigene Geopolitik im Blick hatte und Russlands Sicherheitsinteressen ignorierte.
Klar dass man Hr. Scholz schnell vergisst. Er hat nur minimale Persönlichkeit und ist von wankelmütigem Charakter.
Ach Herr Sarrazin -Sie also auch? "Putinfreunde", wenn man versucht, die Positionen beider Seite zu verstehen und daraus eine Basis für einen möglichen Konsens abzuleiten. Schwaches Bild. Ganz schwach, da hätte ich deutlich mehr erwartet. Es gäbe noch mehr zu kritisieren an diesem Artikel - aber diese eine Formulierung reicht, um den Artikel unter "nicht satisfaktionsfähig" einzuordnen.
Danke @Der Michel
Auch Cäsar musste erkennen: "Auch Du Brutus...."
Hoffentlich wird Scholz so schnell nicht vergessen! Er hat noch Rechnungen offen, denn zumindest in Sachen Cum-Ex und Corona hat er noch seinen Kopf hinzuhalten. Aber wie das mal so ist im "besten Deutschland aller Zeiten": Kopf in den Sand stecken und sich dann sagen: "Was ich nicht sehe gibt es auch nicht"!
Deutschland schafft sich nicht nur durch unkontrollierte Zuwanderung ab, sondern eben auch durch die Aufgabe seiner Souveränität zugunsten von USA, EU und Nato.
Herr Sarrazin ist so wie es aussieht, Mitglied der Atlantik Brücke. Bin enttäuscht von seiner einseitigen Ansicht in Bezug auf die Russen und den Ukrainekrieg.
Es geht doch hier um einen Frieden und dem schreckliche Sterben ein Ende zu setzen und das geht nun einmal nur mit Putin und offenen Gesprächen mit Putin. Sarazin drückt sich schlau um die Brandmauer herum.
Der Lakai ist nicht einmal den Artikel wert.
Schade Herr Sarrazin. Ich dachte sie wären schon weiter und hätten den Blickwinkel der rein „westlichen Werte“ verlassen und mal von allen Seiten drauf geschaut . So wird das nichts, in der multipolaren Welt mitzuhalten und von deren Entwicklung nicht abgehängt zu werden. Es ist existenziell, diese Entwicklung aktiv mit zu gestalten.
Es ist zu einfach, Olaf alles in die Schuhe schieben zu wollen. Das Imperium ist eben stärker und die Deutschen zu einfältig. Michel nennt man uns. Zuviel Macht hat Larry und seine willigen Follower auch in unserem Land. Geld regiert die Welt heißt es. Leider müssen dafür viele Unschuldige einen hohen Preis zahlen wie z.B. unsere ukrainischen Nachbarn mit hunderttausenden von toten Soldaten, während die Kriegstreiber über ihre hohen Gewinne jubeln. Verrat ist in. Man sucht und findet Schuldige!
Wie wahr. Jedoch ist Dummheit und/oder Naivität etwas, das man nicht Dritten vorwerfen kann.
Als Kanzler des Niedergangs wird er niemals in Vergessenheit geraten!
Nein er wird für immer der schwächste Kanzler Deutschlands bleiben, der Kanzler unter dem Deutschland am meisten gelitten hat.
@Nirvana: Abwarten - noch ist nicht aller Tage Abend: Wenn die Deutschen CDU mit Merz als Kanzler wählen sollten, wird bald klar werden, dass Scholz dagegen direkt eine "Labsal" war: Immerhin hat der sich geweigert, gegen Russland zu opponieren. Das soll aber nicht heissen, dass die SPD wieder gewählt werden sollte - im Gegenteil! AfD mit Weidel ist die einzige wirkliche Alternative!
Nirvana, da möchte ich widersprechen.
Das wäre zu viel der Ehre für unseren 3-Jahreskanzler.
Diese Ehre gebührt allein unserer hochverehrten Genossin Merkel, die
dank Ihrer klugen und weitsichtigen Politik die bunte Republik in 16 Jahren in ein Land verwandelt hat, "in dem es sich gut und gerne leben
lässt". Die ganze Welt beneidet uns!
Sie müssen sich anmelden, um einen Kommentar abzugeben.
Noch kein Kommentar-Konto? Hier kostenlos registrieren.
Die Kommentare auf weltwoche.ch/weltwoche.de sollen den offenen Meinungsaustausch unter den Lesern ermöglichen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass in allen Kommentarspalten fair und sachlich debattiert wird.
Das Nutzen der Kommentarfunktion bedeutet ein Einverständnis mit unseren Richtlinien.
Scharfe, sachbezogene Kritik am Inhalt des Artikels, an Protagonisten des Zeitgeschehens oder an Beiträgen anderer Forumsteilnehmer ist erwünscht, solange sie höflich vorgetragen wird. Wählen Sie im Zweifelsfall den subtileren Ausdruck.
Unzulässig sind:
Als Medium, das der freien Meinungsäusserung verpflichtet ist, handhabt die Weltwoche Verlags AG die Veröffentlichung von Kommentaren liberal. Die Prüfer sind bemüht, die Beurteilung mit Augenmass und gesundem Menschenverstand vorzunehmen.
Die Online-Redaktion behält sich vor, Kommentare nach eigenem Gutdünken und ohne Angabe von Gründen nicht freizugeben. Wir bitten Sie zu beachten, dass Kommentarprüfung keine exakte Wissenschaft ist und es auch zu Fehlentscheidungen kommen kann. Es besteht jedoch grundsätzlich kein Recht darauf, dass ein Kommentar veröffentlich wird. Über einzelne nicht-veröffentlichte Kommentare kann keine Korrespondenz geführt werden. Weiter behält sich die Redaktion das Recht vor, Kürzungen vorzunehmen.
Nur wer den Atomkrieg gegen Russland will, wählt Friedrich März und die CDU der Strangeloves und Raketenfritzen.
Herr Sarrazin, was ist denn so falsch am "Lager der Putin-Freunde"? Sie als einer der besten Politkenner müssten doch wissen, warum Putin nach sehr langem Zuwarten und vielen Warnungen der UA, die alle ignoriert wurden, Ernst gemacht hat. Putin war stets loyal mit DE - die AfD hat das als einzige Partei erkannt!
Herr Sarrazin, Sie lassen mich staunen. Weshalb verlässt Ihr präzises analytisches Denken Sie ausgerechnet beim Thema Russland und Ukraine? Wie kommt es, dass sie die Hintergründe dieses Konfliktes so umfassend auszublenden vermögen und Russland als den grossen Aggressor wahrnehmen? Sonst lassen Sie sich doch auch nicht von jeder abartigen Lügengeschichte widerstandslos einlullen. Betreutes Denken passt nicht zu Ihnen.