The Apprentice (USA/Kanada 2024) von Ali Abbasi. Mit Jeremy Strong, Sebastian Stan, Marija Bakalowa, Martin Donovan

In den 1970er und 80er Jahren des Drogen- und Discowahns besucht ein smarter Jüngling mit gutsitzender, blonder Föhnmatte gern den angesagten «Le Club», Treffpunkt von Anwälten und Politikern, um das stressige Eintreiben der Mieten von Tür zu Tür in den Wohnblöcken seines Vaters zu verdrängen und Kontakt mit den Stammgästen zu suchen. Von einem wird er intensiv in den Blick und rasch unter seine Fittiche genommen. Er bringt ihm die Regeln des amerikanischen Kampfs um Erfolg und Macht bei. Sie bestehen nur aus drei Grundsätzen: «1. Attack, attack, attack! 2. Never confess, always deny! 3. Always declare yourself the winner!»

Der Brachial-Philosoph ist der gefürchtete Anwalt Roy Cohn (Jeremy Strong). Schon als McCarthys Bluthund gefürchtet, führten seine Verhöre mit zum Todesurteil von Ethel und Julius Rosenberg. Der Lehrling, den er nun zum Musterschüler macht, ist Donald Trump (Sebastian Stan), und ehe der die Weisheiten seines Gurus verinnerlicht hat, bittet er ihn um seine Dienste als Verteidiger: Die Anklage lautet auf rassistische Praxis bei der Vermietung der väterlichen Immobilien. Mittels Erpressung gewinnt Cohn den Fall. Auch wenn Cohn später seine Anwaltslizenz verlor, ist die Darstellung der Erpressung ein Gerücht – sie soll wohl Cohns Skrupellosigkeit unterstreichen.

«The Apprentice» des dänisch-iranischen Regisseurs Ali Abbasi ist kein Biopic, auch wenn der Untertitel – «Die Trump Story» – das insinuiert. Zwar geistern mal Vater Fred (Martin Donovan), Ivana Trump (Marija Bakalowa), Bruder Freddy (Charlie Carrick) und andere Figuren aus Trumps Vita durch die aufgeraute 16-Millimeter-Optik einer fiebrigen Handkamera, um einen semi-dokumentarischen Eindruck zu erwecken, aber sie bleiben Trabanten Trumps, dessen Interesse einzig und allein der dunklen Seite des American Way of Life gilt.

Nach einem Drehbuch von Gabriel Sherman wird, mit satirischem Aplomb, ausschliesslich Trumps Gewinnervision zur Zwei-Personen-Performance zwischen Mentor und Zögling verdichtet. Der eine schlägt sich erfolgreich durch eine tolldreiste Welt, der andere will das auch. Das ist als purer Clinch fast so absurd wie Eugène Ionescos Einakter «Die Unterrichtsstunde».

Mit rüdem Schmiss krallt sich der Lehrer seinen Schüler – und der junge Trump ist hin und weg.

Mit rüdem Schmiss krallt sich der Lehrer seinen Schüler, macht den Antialkoholiker erst mal besoffen und beginnt sein rasantes Powerplay mit seinen Lehrsätzen – und der junge Trump ist hin und weg. Allerdings ist diese Version umstritten. Gute Bekannte der beiden behaupten, Trump habe nichts «lernen» müssen; Trump und Cohn hätten sich von Anfang an bestens ergänzt.

 

Eiskalter Narzisst

Abbasi bedient sich kurioser Anekdoten. Etwa wenn Trump gelangweilt auf einer Party, bei der alle ausser ihm saufen, Andy Warhol fragt: «Und, was machen Sie so?» Oder wenn er sich Haare transplantieren lässt oder seine erste Liebe, das tschechische Model Ivana, mit einer Wagenladung Rosen überschüttet, an der das Preisschild hängt.

Zum Trump-Bashing wird «The Apprentice» erst nach der Halbzeit. Trumps Meister, ein schwuler Jude, der Homosexuelle, Kommunisten und Juden hasst, erkrankt an Aids – und Donald lässt ihn fallen. Auch den Alkoholikerbruder Freddy, der um Hilfe bittet, komplimentiert Donald aus dem Haus. Er hat gelernt, schon klar, aber seine Entwicklung zum eiskalten Narzissten führt nur über ein Mitgefühl für den abgrundtief amoralischen Anwalt Cohn, der als HIV-Kranker zum Paria wird. Eine emotionale Gratwanderung. Trump ist ein Angeber, der sich mit Luxusbauten aus der Normalität in vergoldete Übergrösse katapultiert, und Cohn ein bettelndes Würstchen.

 

Katalog der Perfidien

Trotzdem bleibt «The Apprentice» über weite Strecken ein bissiger Parcours, ein teuflisches Elixier. Das ist der Verdienst von Sebastian Stan und Jeremy Strong. Wie Stan Mimik und Gestik Trumps aufgegriffen hat, ist in aller Detaillust von schöner Ironie. Strong bleibt als eloquenter Fanatiker – zynisch, hysterisch, hybrid – das Zentrum dieser Höllenfahrt. Seine aggressiven Tiraden und Hetzereien über die Versager bündeln sich zu einem Katalog aller nur denkbaren Perfidien. Es sind Szenen, in denen Jeremy Strong Michael Douglas als Gordon Gekko in «Wall Street» in den Schatten stellt.

«The Apprentice» entstand mit finanzieller Unterstützung aus fünf europäischen Ländern, aus Kanada und den USA; ein Trump-Unterstützer war auch dabei. Als er den Rohschnitt sah, habe er empört, aber erfolglos, sein Geld zurückhaben wollen. Trump forderte, den Film aus dem Verkehr zu ziehen. Es könnte durchaus sein, dass es den «geborenen Sieger» am schmerzhaftesten stört, einen Mentor gehabt zu haben.