Die Schweizerinnen und Schweizer sagen nein zum Ausbau der Autobahnen. Trotz aller Staus. Oder gerade deswegen. Die Schwarmintelligenz der Stimmenden hat begriffen: Wer grössere Kapazitäten schafft, erntet noch mehr Verkehr.

Richard Damm, Chef des deutschen Kraftfahrt-Bundesamtes, bringt den absehbaren Fortschritt auf den Punkt: «2026, spätestens 2027 werden selbstfahrende Robo-Busse in Deutschland unterwegs sein und Fahrgäste transportieren.» Hoffen wir, dass Rösti und die SBB das noch rechtzeitig begreifen.

Das Bundesamt für Strassen (Astra) wollte immer mehr Autobahnen bauen und fiel auf die Nase. Und mit ihm die versammelten bürgerlichen Kohorten. Autoland ist abgebrannt, die Autopartei ist tot.

Vergleichbar gut unterwegs ist Swissgrid. Das parastaatliche Unternehmen will immer mehr Hochspannungsleitungen bauen. Stattdessen müsste es die Energieversorgung optimieren.

Gerlafingen braucht pro Jahr 300 Millionen Kilowattstunden Strom. Die Strompreise sind für das Einschmelzen von Stahl viel zu hoch. Dies, weil Swissgrid und Co. die Strompreise mit ihren Leitungsgebühren faktisch verdoppeln.

Für Parmelin ist Gerlafingen nicht systemrelevant. Sein Credo, das für seine Bauern nicht gilt: Die Schweiz macht keine Industriepolitik. Man müsse den Strukturwandel laufen lassen. Und jetzt trompetet der Swissmem-Direktor ins gleiche Horn. Feind, Todfeind, eigener Direktor.

Obwohl Politiker von rechts bis links Druck machen, damit Swissgrid, Bund und Kantone Gerlafingen mindestens vorübergehend mit zehn Millionen pro Jahr subventionieren. Im Umkehrschluss: Der Strom für alle anderen Unternehmen und Haushalte wird noch teurer.

Wenn Gerlafingen – so, wie das die NZZ fordert – untergeht, werden die relativ modernen Anlagen demontiert und in Indien, China oder Brasilien wieder aufgebaut.

Das Astra fiel auf die Nase. Autoland ist abgebrannt, die Autopartei ist tot.

Ein Blick zurück ist lehrreich: Die Industrialisierung der Schweiz erfolgte dezentral, weil der Transport des Stroms technisch noch nicht möglich oder viel zu teuer war. Unter anderem in den Kantonen Glarus und Jura. Weil man hier direkt neben den Fabriken den Strom erzeugen konnte. Das galt auch für die Lonza, einst gelegen in Gampel, direkt neben dem Flüsschen Lonza.

Der heutige Ministerpräsident von Niedersachsen – Stephan-Peter Weil – bringt es auf den Punkt: «Industrie folgt Energie.» National und international. Die Stahlwerke von Gerlafingen können als Stahlwerke mit Standort in der Schweiz deshalb gerettet werden.

Schritt 1 _ Die Anlagen in Gerlafingen werden abgebaut. So oder anders.

Schritt 2 _ Die Gerlafinger Werke werden im Ackersand, in der Nähe von Visp, wieder aufgebaut. Diese Züglete wird von Parmelin mitfinanziert.

Schritt 3 _ Vispertal Solar und die Mattmark-Kraftwerke versorgen das auf ihrem Boden erstellte New Gerlafinger Stahlwerk mit Strom zum Preis von durchschnittlich sechs Rappen pro Kilowattstunde. Und verdienen damit Geld.

Schritt 4 _ New Gerlafingen zahlt gemäss geltender Gesetzgebung keinen Rappen an Swissgrid und Valgrid, da deren Netze nicht belastet, sondern investitionssenkend entlastet werden.

Schritt 5 _ Die Stahlarbeiter erhalten eine hohe Umzugsprämie und pro Familie je eine super Bauparzelle in nahen sonnigen Berggemeinden wie Staldenried.

Schritt 6 _ Der italienische Besitzer des Stahlwerks Gerlafingen kann sich daran freuen, dass sein Werk jedes Jahr 20 Millionen Franken an Energiekosten spart.

 

Staatsrat Christophe Darbellay hat die Industrie in Siders unter Wasser gesetzt. Die Walliser Steuerzahlenden müssen für 100 Millionen bürgen. Bürgen ist würgen. Der Springinsfeld braucht dringend ein neues Projekt wie Gerlafingen im Ackersand.

Entsprechend dieser Logik müsste man alle energiefressenden Unternehmen im Alpenraum dort ansiedeln, wo sie dank Solarstrom und Wasserkraft Strom ohne Leitungsgebühren beziehen können.

Erwacht die Alpen-Opec, die Vereinigung der Bergkantone, aus dem Tiefschlaf der letzten zwei Jahrzehnte? Es wäre uns in den Alpen zu gönnen. Genauso wie den Agglomerationen Robotaxis und Robo-SUVs.

 

Der Autor ist Hotelier in Brig und ehemaliger Präsident der SP Schweiz.