Eines zumindest muss man der neusten Volksinitiative im Lande lassen. Sie sagt schon im Titel klar genug, was sie will. Der Titel: «SRG: 200 Franken sind genug!»

Die Initiative, lanciert letzte Woche, versucht einen Paso doble. Die SRG bekommt künftig weniger Geld. Als Folge soll sie künftig weniger Linksdrall haben. Geht diese Strategie auf?

Zuerst zum Zahlengerüst. 3,65 Millionen Haushalte bezahlen heute die jährliche SRG-Zwangsabgabe von 335 Franken. Wenn diese Gebühr auf 200 Franken sinkt, wie die Initiative es will, bleiben nach den üblichen Zahlungsausfällen noch 670 Millionen für die SRG. Dazu kommen gut 300 Millionen an Erträgen aus Werbung und Programm.

Bei einem Ja zur 200-Franken-Initiative liegt das künftige Budget der SRG damit bei rund einer Milliarde Franken. Das ist eine halbe Milliarde weniger als im Schnitt der letzten Jahre.

Die Frage ist also, ob eine Milliarde Franken für einen soliden öffentlichen Rundfunk genügt. Ja, das müsste reichen.

Zur Klärung helfen internationale Benchmarks. Am besten mit der Schweiz vergleichbar ist Belgien. Auch hier sendet der Staatsfunk ein Vollprogramm in den drei Landessprachen, in Flämisch, Französisch und Deutsch. Das Budget liegt bei 850 Millionen.

Vergleichbar ist auch Österreich. Sein ORF ist zwar einsprachig, aber deutlich stärker regionalisiert als die SRG. Die zehn Landesstudios liefern ein eigenständiges Radio- und TV-Angebot. Das ORF-Budget liegt bei einer Milliarde.

Eine Regel: Wer materiell viel hat, nimmt sich auch immateriell viel heraus.

Auch der interne Vergleich macht die 200-Franken-Idee zu einer moderaten Vorlage. Denn das Problem der SRG ist ausschliesslich der überteuerte Deutschschweizer Kanal. Er verschlingt gleich viel Geld wie die Sender in der Westschweiz und im Tessin zusammen. Wenn sie in Zürich im Schnitt mit den gleichen Programmkosten wie in Genf und Lugano auskommen, dann reicht eine Milliarde für die SRG allemal.

Die entscheidende Frage aber ist, ob ein Ja zur 200-Franken-Vorlage politische Folgen hätte, wie die bürgerlichen Initianten hoffen. Wenn das Schweizer Radio und Fernsehen weniger Geld hat, wird es dann weniger links?

Die Möglichkeit besteht. Denn nun geht es um Unternehmenskultur. Unternehmenskulturen sind stets finanziell unterfüttert. Eine Regel: Wer materiell viel hat, nimmt sich auch immateriell viel heraus.

In den Sendern von Westschweiz und Tessin, wo sie viel weniger Mittel haben, ist darum die politische Aggressivität deutlich geringer als in der Deutschschweiz. Man sieht das etwa an den Beschwerden gegen redaktionelle Beiträge. Seit Anfang 2020 behandelte die SRG-Beschwerdeinstanz 71 Beanstandungen. 52 davon, also drei Viertel, betrafen die Deutschschweizer Journalisten, die stärker auf links-grünem Kurs sind.

In diesem Gefälle zeigt sich die Selbstwahrnehmung. In den Studios in Zürich schwimmen sie noch im Geld, ähnlich wie vor dreissig Jahren die Zeitungsverlage. Die Löhne sind höher als bei privaten Medienhäusern. Für Reportagen kann man sich wochenlang Zeit nehmen, ein Luxus, der für Zeitungsjournalisten undenkbar ist. Diese Privilegien erzeugen eine Art Selbstüberschätzung. Man hält sich für überlegen und unangreifbar, auch politisch für unangreifbar. Siebzig Prozent der SRG-Journalisten sind laut Eigendeklaration links oder links-grün. Das können sie in ihrer sicheren Werkstatt oft frohgemut ausleben.

Ideologisch getriebene TV-Flops wie etwa die Skandalisierungen der Zuger Firma Crypto und des Kampfjets F-35 waren sichtbare Resultate solch linken Lebens im Überfluss. Dieselbe Geisteshaltung steht dahinter, wenn sich ein «Arena»-Moderator mit Schaum vor dem Mund als Ajatollah der richtigen Gesinnung präsentiert.

Bei einem Ja zur 200-Franken-Initiative müsste das Deutschschweizer Radio und Fernsehen, inklusive Backoffice, künftig mit rund 500 Millionen im Jahr auskommen statt wie bisher mit 750 Millionen. Das könnte zu einer neuen Bescheidenheit führen.

Ich vermute, die monetäre Bescheidenheit würde auch in eine ideologische Bescheidenheit münden, so wie wir das heute schon aus der Westschweiz und dem Tessin kennen. Auch in Zürich müsste man lernen, dass das Publikum keine engagierte Kampftruppe, sondern ein nüchternes Journalistenteam finanzieren will.

Geld verdirbt den Charakter, sagt man. Mitunter verdirbt es auch den journalistischen Charakter.